twenty nine

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Felixs Wissenslust wurde so langsam gestillt und er begriff, dass Chan ihm nie etwas Böses wollte, sondern viel eher das Gute, welches er verdient hatte. Es war interessant die Welt aus Chans Augen zu sehen, denn dieser hatte vieles ganz anders kennengelernt und gerade das ließ ihn nochmal auf den Brünetten vollkommen anders wirken. Viel interessanter, als er für ihn ohnehin schon war.

"Es ist echt schwer gewesen von heut auf morgen das Land zu verlassen, obwohl ich zehn Jahre in Australien gelebt habe. Aber ich wusste trotzdem nicht, was mich erwartet hat. Ich war ein Kind gewesen und alle Erinnerungen, die ich an dieses Land hatte, waren wie ausgelöscht. So, als wäre ich niemals dort gewesen. Als war Australien für mich so fremd, dass ich sogar ein bisschen Angst hatte, die Zeit nicht überbrücken zu können."

Still schweigend lauschte Felix nach wie vor Chans ruhiger Stimme und er merkte recht schnell, dass es ein Thema war, was ihm schwer fiel. Doch dieses Gefühl konnte der Jüngere sehr gut nachvollziehen. So ähnliche Gedanken hatten ihn selbst verfolgt, als seine Eltern ihm sagten, dass sie nach Korea ziehen würden. Ein Land, wo er nicht einmal die Sprache beherrschte. Er musste sie erst lernen, damit er sich durch den Alltag kämpfen konnte. Und für ihn war es nicht sonderlich einfach gewesen, zumal er alle seine Freunde zurücklassen musste. Dafür hatte er aber Neue gewonnen: Hyunjin, Seungmin und Jeongin. Und darüber war er sehr dankbar. Dass er Chan kennengelernt hatte, war er besonders dankbar gewesen.

"Aber du hast mir die Kraft gegeben, nicht einfach so aufzugeben." Froh lächelte Chan und sah dem Jüngeren tief in die Augen. Seinen Meinung nach hatte er mittlerweile genug erzählt. Schließlich hatte er bestimmt über eine Stunde geredet, über Dinge, welche in der Vergangenheit lagen. Viel lieber würde er mit seinem Freund in die Zukunft blicken, über Dinge reden, die sie noch erwarten würden. Und am allerliebsten wollte er Felixs Stimme lauschen, denn von dieser konnte er nicht genug bekommen. Viel zu lang konnte er sie nicht hören und ebenso lang hatte er ihn nicht sehen können. Doch das war ein für allemal Geschichte.

"Chan, ich... Können wir vielleicht erst einmal abwarten und schauen, ob wir wirklich noch Gefühle füreinander haben? Ich möchte nichts überstürzen und-"
"Ist schon okay. Ein Jahr ist eine ziemlich lange Zeit, in der sich viel verändern kann, nicht?"

Mit einem Nicken bestätigte er Chans Aussage. Zwar traf es den Älteren, dass Felix doch nicht mehr so sicher über seine Gefühle war, aber er konnte es durchaus nachvollziehen. Steckte er in seiner Haut, würde er wohl auch darum bitten, um nichts zu überstürzen. Es war auch seine eigene Schuld gewesen, warum nun alles so war, wie es gekommen war. Beschweren wollte er sich nicht, denn es hätte alles viel schlimmer kommen können als es gekommen war. Und als er daran dachte, schnürte es ihm die Kehle zu. Diese Angst gefunden zu werden, steckte noch immer in seinen Knochen und es würde ihn so schnell auch nicht verlassen. Nicht so lang er noch in Korea war.

Schwere holte Chan nach Luft und zwang sich zu einem Lächeln, obwohl ihm lieber nach heulen zu Mute war. Sein Plan lief perfekt, doch wieso fühlte es sich nicht so an? Sondern wie eine Niederlage, die er sich nicht eingestehen konnte. Lag es doch an der Tatsache, dass er sich zu viel erhofft hatte? Hatte er doch alles vermasselt?

"Wenn du weinen möchtest, kannst du das gern. Es ist okay, wenn man Schwäche zeigt und ich glaube, du hast lang genug den Starken gespielt, Channie."

Doch er konnte nicht weinen. Sein Schamgefühl war viel zu groß gewesen und auch sein Kopf sagte ihm immer wieder, dass solche Gefühle nicht in die Öffentlichkeit gehörten. Mal wieder wünschte er sich, dass er nie so erzogen wurde. Seine Gefühle teilen konnte, wie jeder andere Mensch auch. Stattdessen schluckte er sie immer wieder herunter, in der Hoffnung, dass sie schon sehr bald vergehen würden. Gefühle waren nur temporär, sodass man sie sogar überbrücken konnte, wenn man es wollte. Das hatte ihm immer seine Mutter gesagt. Doch wie konnte man ein Herz heilen, welches dabei war zu brechen? Die Zeit konnte einem da auch nicht mehr helfen. 

𝗦𝗸𝘆 ✧ CHANLIX Where stories live. Discover now