twenty seven

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Sie waren in ein nah gelegenes Café gegangen, was Chan schon lang nicht mehr tat. Die Gefahr war viel zu hoch gewesen, dass er hier erwischt werden würde und noch immer fühlte er sich nicht allzu wohl dabei nun hier zu sitzen, da dieser Gedanke ihn noch immer begleitete. Doch er schluckte es einfach herunter und hoffte, dass Felix seine Anspannung nicht sonderlich mitbekam. Viel lieber wollte er ihm seine vollkommene Aufmerksamkeit schenken, die er verdient hatte.

"Du kommst also aus reichem Haus?", begann Felix, nippte dann an seiner heißen Schokolade. Der Schwarzhaarige nickte kaum merklich, da ihm dieses Thema wirklich unangenehm war. Er wusste, dass der Jüngere sich für seinen inneren Werte interessierte und ihm das Geld egal war, nur hatte er oft keine guten Erfahrungen mit Menschen sammeln können. Die soziale Schicht stand irgendwie immer zwischen seinen Mitmenschen und ihm. Das war er leid und daher hatte er sich damals dazu entschieden, dass er es vor Felix vorerst geheim hielt. Bis heute hatte er kein Wort darüber verloren, wobei er ebenso wusste, dass es kein sonderlich guter Schachzug war. Irgendwann würde alles ans Licht kommen.

"Meine Eltern wollten mich mit einem Mädchen verloben, was zwei Jahre älter als ich ist. Sie ist eine totale Zicke und ich hatte sehr lange mich nicht gegen meine Eltern gestellt... Du solltest wissen, dass sowas normal ist und dadurch bleiben wichtige Konzerne erhalten und können sogar an Größe gewinnen. Ich hab nie verstanden, was meine Eltern dadurch bezwecken wollen. Aber ich hab mein Schicksal bis vor eineinhalb Jahren hingenommen und hab mir nie etwas dabei gedacht. Zwar war ich manchmal frustriert, dass ich der Erstgeborene war, aber ändern konnte ich es auch nicht. Dachte ich und dann haben wir uns kennengelernt." Chans Hand griff nach der seines Freundes, verflechtete ihre Finger ineinander. Beide fingen augenblicklich an zu grinsen, bis das Lächeln des Älteren erstarrte und er dann weiter erzählte.

"Meine Erziehung war nicht vergleichbar mit deiner und bis heute leide ich darunter. Ich habe Probleme mich anderen zu öffnen, weil mir eingetrichtert wurde, dass man mit seinen eigenen Gefühlen allein zurecht kommen muss. Ich wurde von der Außenwelt isoliert und irgendwann hab ich angefangen mein eigenes Ding zu machen und wurde dabei nie wirklich akzeptiert. Spätestens als Menschen erfahren haben, dass ich reich bin, wollten oder sollten sie nichts mehr mit mir zutun haben. Deswegen habe ich es dir bis heute verheimlicht und es tut mir leid, dass du es über die Nachrichten erfahren musstest."

Felix schüttelte seinen Kopf. Zwar konnte er nicht sofort alles verarbeiten und verstehen, aber er war dankbar, dass sie nun hier saßen und alle Dinge, die er vom Älteren nicht wusste, nun erfahren konnte. Bestimmt würde er etwas erfahren, mit dem er nicht rechnete und musste er sich damit anfreunden. Aber alles war besser, als diese Heimlichtuerei.

"Wieso haben die Nachrichten nie etwas davon erzählt, als du Verschwunden warst? Damals hieß es, dass ein normaler Jugendlicher verschwunden ist und jetzt bist du auf einmal ein Nachfolger..." Vielleicht war der Jüngere ein bisschen zu neugierig, was das angeht. Von all dem hatte er allerdings keine Ahnung gehabt, sodass er lieber ein bisschen mehr nachfragte, als am Ende vollkommen ahnungslos zu sein. Er fand es sogar ziemlich interessant, die Welt aus Chans Augen zu sehen. Denn er war völlig anders und hatte eine andere Kindheit erlebt, wie andere es taten, die nicht in Reichtum aufwuchsen. Und da die Anzahl der Reichen in Korea noch nicht einmal zwei Prozent betrug, fühlte sich Felix ein wenig besonders, dass er jemanden kannte, der zu dieser geringen Prozentzahl gehörte. Doch Geld war noch lang nicht alles. Wenn man niemanden hatte, eine Kindheit hatte, die nach seines Gleichen suchte, konnte einem der Reichtum auch nicht helfen. Und Chan hatte für lange Zeit niemanden, den er sich anvertrauen konnte. Vor allem, weil er teilweise völlig andere Probleme hatte, wie Felix oder Changbin, deren Eltern immer ein durchschnittliches Gehalt nach Hause gebracht hatten.

"Meine Eltern wären gestürzt geworden. Die reichen Leute sind wie Geier und ergötzen sich am Leid anderer. Meine Schwester war damals zu jung, damit sie sofort verheiratet werden konnte. Und ich kann es nicht ertragen, dass sie wegen mir jetzt ein Leben führen muss, was sie gar nicht will. Sie war nie als Nachfolgerin vorgesehen, aber mein Bruder wäre erst recht zu jung gewesen, sodass Hannah jetzt als Einzige in Frage kommt." Die Stimme des Älteren begann zu zittern, während er sich ungern ausmalte, wie sich seine kleine Schwester nun fühlen musste. Welche Strapazen sie nun auf sich nehmen musste, weil sie von ihren eigenen Eltern dazu gezwungen wurde. Er kannte diese ganzen Gefühle und er wusste auch, welche Träume Hannah gehabt hatte, die nun durch Chans egoistisches Verhalten, geplatzt waren.

Doch wie er es gelernt hatte, schluckte er einfach seine Gefühle runter und warf wieder ein Blick in Felixs Gesicht, der ihn besorgt musterte. Der Schwarzhaarige wollte ihm keine Sorgen bereiten, somit hatte er ein Lächeln auf seine Lippen und erweckte schnell den Anschein, dass alles in Ordnung sei. Auch wenn Felix ihm das nicht so ganz glauben wollte.

"Und wo warst du das Jahr?" Erstickte der Brünette die Stille und eigentlich war das die Frage, mit der Chan als Erstes gehofft hatte.

𝗦𝗸𝘆 ✧ CHANLIX Where stories live. Discover now