Kapitel 3: Bruchtal

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Aragorn erwachte von einem sanften Rütteln, als er seine Augen öffnete sah er Legolas, der über ihm kniete, um ihn zu wecken. Der Mann erhob sich und blinzelte in die Sonne, die noch niedrig am Horizont stand.

„Guten Morgen, Aragorn. Zum Glück gab es in der Nacht keine Zwischenfälle mit Orks, einmal befürchtete ich, dich wecken zu müssen, aber das Orkrudel war weit entfernt und schien uns nicht zu bemerken", sprach er sanft.

Der Mann blickte sich um und sah, dass der Elb die Pferde schon gesattelt hatte und alles aufbruchsbereit war. „Das ist gut, aber dennoch sollten wir weiterreiten. Mein Weg führt in Richtung Osten nach Bruchtal, denn Elrond schickte nach mir", antwortete er und stieg zurück auf sein Pferd.

„Dann werde ich mich dir anschließen, wenn es dir nichts ausmacht", erwiderte Legolas und ließ sich ebenfalls in den Sattel gleiten.

„Nein, natürlich nicht, in Begleitung eines Freundes zu reisen könnte ich nie ablehnen", gab Aragorn zurück und blickte auf den Elben, um zu sehen, wie seine Worte ankamen.

Dieser hielt den Kopf gesenkt und lächelte. Seit so langer Zeit hatte er niemanden als Freund bezeichnen können, doch Aragorn war es. Er bot ihm einfach so seine Hilfe an und hörte ihm zu, auch wenn sie sich kaum kannten.

„Ich fühle mich geehrt, dass du mich als deinen Freund bezeichnest, mellon nîn (mein Freund)", sprach er auf elbisch, doch der Mann verstand jedes Wort. Sie trieben ihre Pferde an und ritten auf dem Pfad nach Osten.

Legolas wollte sich dennoch versichern, ob seine Worte verstanden wurden. „Pedig edhellen? (Sprichst du Elbisch?)", fragte er und erhielt ein weiteres Lächeln des Mannes.

„Athon pedig edhellen, Imladris i vâr nîn, Elrond istonno o charphad sui edhel achin (Ja, ich spreche Elbisch, Bruchtal ist mein Zuhause, Elrond lehrte mich, wie ein Elb zu sprechen)", antwortete er und der Prinz war überrascht, nicht den kleinsten Akzent zu hören, die Sprache war genauso rein gesprochen, wie von einem Elben selbst.

„Dein Elbisch ist perfekt, ich habe meine Sprache noch nie so makellos von einem Menschen gehört. Aber wie kommt ein Mensch dazu, bei Lord Elrond aufzuwachsen?", erkundigte sich Legolas und blickte auf Aragorn, der neben ihm her ritt.

„Mein Vater starb sehr früh, so lebte ich größtenteils bei meiner Mutter, die mich dann nach Bruchtal brachte. Von da an wurde ich von Elrond aufgezogen, er lehrte mich vieles, wie Heilung und die Sprache der Elben, während mir von seinen Söhnen die Kunst des Kampfes beigebracht wurde. Ich erhielt den Namen Estel, meinen wahren Namen und mein Schicksal erfuhr ich erst nach meinem zwanzigsten Lebensjahr", sagte Aragorn und schaute nachdenklich in die Ferne, bis er sich an Legolas wandte. „Und du, wie bist du aufgewachsen?", fragte er neugierig.

Der Elb starrte auf seine Hände, die um die Zügel geballt waren. „Eigentlich gibt es nicht viel über mich zu sagen... Ich lebe schon seit vielen Jahrhunderten und habe den Großteil davon im Düsterwald verbracht", er hielt kurz inne, und atmete tief ein. „Meine Mutter wurde getötet, als ich noch ein Elbling war und seitdem ist mein Vater so anders geworden... Ich habe nicht das Gefühl, dass er sich auch nur noch im Geringsten für mich interessiert", fügte er hinzu und fasste das Leder der Zügel fester.

„Das glaube ich nicht, Legolas. Jeder Vater liebt seine Kinder, so er liebt dich auch. Vielleicht fällt es ihm nur schwer, es zu zeigen, besonders wenn ihm seine Frau genommen wurde. Nicht jeder verkraftet den Tod und für Elben ist er noch schwieriger, da er nichts ist, was ihnen häufig begegnet. Sein Herz verdunkelte sich von dieser Trauer, aber das heißt nicht, dass keine Liebe übrig ist, denn die gibt es immer, selbst in der Seele des dunkelsten Feindes ist dieses Licht noch zu finden, wenn auch verborgen", antwortete Aragorn.

Emel nîn | Aralas FFWhere stories live. Discover now