Kapitel 12: Tiefe

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„Legolas! Ich habe auf dich gewartet, wo warst du?", rief Aragorn vom Ende des Ganges und kam auf ihn zu. Er versuchte dem Blick des Elben zu begegnen, der seinen Kopf aber gesenkt hielt. Plötzlich entdeckte er einen blauen Fleck auf seiner Wange. „Woher ist das?", fragte er besorgt und hob das Kinn des Prinzen nach oben, während er in die saphirblauen Augen starrte.

„Es ist nichts", antwortete der Elb und drehte sich weg. Er wollte nicht, dass der Waldläufer irgendetwas davon sah.

Doch in seinen Augen las Aragorn einen Schleier von Angst, den der Elb nicht verbergen konnte. Es war aber eine andere Art von Furcht, als in Moria und diesmal schien es Legolas krampfhaft zu verbergen.

Aragorn hatte aber nicht vor ihn allein zu lassen. „Nein, das ist es nicht, rede mit mir, bitte", sagte er sanft, „Wer hat dir das angetan?"

Legolas schüttelte leicht den Kopf und wollte sich wieder abwenden, aber Aragorn öffnete die Tür zu dem Zimmer und deutete dem Elben hineinzugehen, um dort zu sprechen.

Schließlich begab er sich in den Raum und setzte sich auf die Kante des Bettes, der Mann nahm neben ihm Platz. „Bitte, Legolas, etwas beunruhigt dich und macht dir Angst, erzähl es mir."

„Nein, geh zurück zum Fest und amüsiere dich... Mir geht es gut", antwortete der Elb schnell und hoffte der Mann würde sich abwenden, aber er tat es nicht.

„Hör auf, das zu sagen, ich weiß, dass es nicht so ist. Ich werde nicht gehen, ehe du mit mir gesprochen hast", erwiderte Aragorn standhaft und versuchte den Blick des Prinzen zu fangen, der sich aber wegzudrehen versuchte und erneut den Kopf schüttelte.

„Erinnerst du dich an Moria? Du hast mir dort offenbart, was dich bedrückt und es hat geholfen. Vor mir musst du dich nicht verstecken, ich habe dir gesagt, was passiert, wenn man äußerlich versucht stark zu bleiben, aber selbst weiß, dass es nur eine Maske ist. Bitte, Legolas, rede mit mir", sprach Aragorn und sah, wie der Elb seine Augen zukniff und dann seinen Kopf hob, um kurz den Blick des Mannes zu fangen.

„Ich dachte lange ich wäre stark... Ich dachte es, aber ich bin es nie gewesen... Irgendwie habe ich gelernt, mit all den Lasten zu leben und habe es ignoriert. Du bist der Erste, der mir hilft dieses Gewicht zu tragen, anstatt es zu erschweren, du bist der Erste, der es sogar wegnimmt", begann er und seufzte. Bevor Aragorn antworten konnte, fuhr er fort. „Ich war draußen und saß an der Mauer des Palastes", er senkte wieder den Kopf und blickte in Richtung Wand. „Dann kamen irgendwann zwei Männer auf mich zu... Sie waren völlig betrunken und haben mich bedrängt... körperlich..."

„Legolas..."

Der Elb unterbrach ihn und erzählte weiter. „Es ist nichts passiert... Ich habe sie angegriffen, aber einer von ihnen schlug zurück", sagte er und zeigte auf seine Wange.

Aragorns Mund war stumm aufgeklappt und er hatte eine Hand auf die Schulter des Prinzen gelegt. „Legolas, wenn du dich nicht gewehrt hättest, dann hätten sie dich..."

„Ich weiß, aber es ist nichts passiert, mir geht es gut", antwortete der Elb und wurde in eine Umarmung gezogen. Er wusste nicht, wie sehr er es gebraucht hatte, von diesen starken Armen umhüllt zu sein und in diesem Moment realisierte er es.

„Danke den Valar, dass sie dir nichts getan haben...", flüsterte Aragorn erleichtert und drückte den Prinzen fest an sich. „Aber sag, warum bist du nicht zu mir gekommen?"

„Ich kam in den Saal... und du hast mit der Dame Rohans gesprochen, ich wollte euch nicht stören, also bin ich nach draußen gegangen", antwortete Legolas und versank in dem Gefühl, das Aragorn ihm gab, ein Gefühl von Geborgenheit und Glück.

Emel nîn | Aralas FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt