Kapitel 14: Geblendet

781 57 2
                                    

Er schlug die Augen auf. Die aufgehende Sonne hob sich gerade über die hohen Baumwipfel und blendete ihn. Sein ganzer Körper schmerzte und fühlte sich dadurch wie gelähmt an. Gequält versuchte er sich in Richtung des Himmels zu drehen, als er direkt in die Augen eines Pferdes blickte.

Brego. Es schnaubte und legte sich neben ihn hin. Mit schmerzverzerrtem Gesicht rappelte er sich auf und kletterte auf dem Rücken des Hengstes, welcher sich dann erhob. Er konnte kaum aufrecht sitzen und sank immer wieder nach vorn, doch das Pferd trug ihn, und es schein ein genaues Ziel vor Augen zu haben.

Er klammerte sich an der Mähne des braunen Hengstes fest, um nicht runterzufallen, aber mit jedem Schritt, den das Pferd machte, ging es ihm ein klein wenig besser. Es vergingen Stunden um Stunden in denen sie ritten, mittlerweile konnte er wieder aus eigener Kraft aufrecht sitzen, bis er laute Schrittgeräusche hörte. Er trieb das Pferd in Richtung Kante und schaute nach unten in das Tal. Dort marschierten tausende Uruk-hai in voller Rüstung mit Waffen. Schnell galoppierte der Hengst an und rannte weiter. Und jetzt wusste der Reiter auch wohin: Helms Klamm.

Es verging weitere Zeit, bis er endlich von weitem die Stadttore erblickte.

~~~

Legolas hatte in der vergangenen Nacht genauso wenig Schlaf gefunden, wie in der davor. Seine Gedanken quälten ihn weiter. Warum hatte er Aragorns Sturz nicht verhindert? Warum erschoss er den Warg nicht mit einem Pfeil? Und warum musste Aragorn sterben, dieser Mann, der allen Hoffnung gab, das Volk führte und sie neuer Stärke lehrte?

Wieso musste er es sein und nicht Legolas? Er hätte jetzt an seiner Stelle sein sollen. Legolas war hier nur ein Krieger, im Kampf zwar um einiges stärker als die meisten Männer, doch Aragorn war vieles mehr.

Mutig, unerschrocken, er blieb stark, trotz dem Gewicht seines Schicksals, er half anderen ohne mit der Wimper zu zucken, seine Fähigkeiten als Krieger überstiegen die von allen anderen seiner Rasse, er war genau der König, der Herrscher, von dem das Volk nur träumen könnte.

Und Legolas hatte sich in genau diesen Mann verliebt. Ihm wurde nicht einmal die Zeit gegeben, dies ihm zu sagen, stattdessen nahm man ihm Aragorn, man nahm ihn dem Volk und der Gemeinschaft.

An diesem Tag wurde der Elb von Théoden und Gimli angehalten bei einer Besprechung teilzunehmen, doch seine Kraft nahm immer weiter ab, selbst wenn er es gewollt hätte, die Worte, die dort gesprochen würden, hätten für ihn nur verschwommen und gedämpft geklungen, das innere Leid verschlag Minute für Minute weitere Teile seines Körpers, aber gegen das Verblassen konnte er nichts tun.

Als er stumm, mit gesenktem Blick durch die Gassen der Festung lief, hörte er plötzlich Gemurmel unter den Menschen, ihre Augen leuchteten auf, bei dem, was sie sich erzählten.

Legolas hob seinen Kopf. Er versuchte, nicht zu glauben, was er hörte, aber er konnte die verzweifelte Hoffnung nicht verhindern, die sich in sein Herz und seine Seele einschlich.

Er ging schnell auf das Haupttor des Schlosses zu, kaum in der Lage, durch die Enge in seiner Brust zu atmen, da sein Herz auf eine Größe angeschwollen war, die schwer zu zügeln war. In seiner Hand umklammerte er noch den Ring des Mannes, den er die ganze Zeit nicht losgelassen hatte.

Jetzt muss er sehen, ob es der Wahrheit entsprach, was er zu hören glaubte, obwohl er die Antwort fürchtete. Die Wahrheit könnte ihn retten und ihm seine letzte Kraft nehmen und in Mandos Hallen schicken.

Lass es wahr sein, bitte Valar, lasst ihn nicht sterben.

Sein Herz setzt einige Schläge aus, als er es hörte. Der Klang von Hufen, die am Stein widerhallten, gefolgt von lauten Rufen der Menschen, voller Hoffnung.

Emel nîn | Aralas FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt