Kapitel 13: Erstickende Tränen

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Er ist tot. Von der Klippe gestürzt.

Worte, die in Legolas Kopf immer widerhallten und er konnte kaum einen anderen Gedanken formen. Seine Lippen waren nicht mehr fähig Laute zu bilden, stumm starrte er auf das tosende Wasser des Flusses, der meterweit unter ihm floss.

Er versuchte krampfhaft seine Atmung zu beruhigen, seine Finger krallten sich um den Ring, den Aragorn am Finger getragen hatte, der Ring, der sein Schicksal bezeugte, den der Elb aus den Händen eines Uruk-hai nahm. Legolas' Augen fixierten sich auf die Strömung, er hoffte irgendetwas sehen zu können, das darauf schloss, dass der Mann noch lebte, doch er wusste, es gab nichts.

Er hatte soeben das verloren, was seinem Leben nach langer Zeit endlich wieder einen Sinn gegeben hatte. Aragorn ließ sein Herz höherschlagen und gab ihm Wärme, er war die Sonne an seinem Himmel.

Jetzt schien es, als hätte man das Herz des Elben herausgetrennt, Kälte und Schmerz durchflossen seine Adern, erreichten jeden Winkel seines Körpers und vertrieben jede Hoffnung und jede Spur von Glück.

Legolas schaute an seiner Brust nach unten und war beinahe überrascht, dass sie ganz war. Es strömte kein Blut und äußerlich war er unversehrt, doch die Wunde, die er erlitt, ist von außen nicht sichtbar.

Warum tat alles plötzlich so weh? Es musste dasselbe Gefühl sein, was sein Vater damals erlebt hatte, als seine Frau starb, aber für Legolas war es schlimmer, als alle jemals erzählten, als er sich aus ihren Worten jemals hätte ausmalen können.

Der Elb würde vor Kummer sterben. Die Sonne an seinem Horizont würde nie wieder aufgehen, für ihn gibt es nur noch Dunkelheit.

Er hatte Mühe nicht auf die Knie zu fallen und in Tränen auszubrechen, er konnte nicht, nicht vor all den anderen, all denen, die in diesem Kampf verletzt wurden und sowieso schon jede Hoffnung verloren.

Und er war ein Elb. Krieger weinen nicht, sonst sind sie nicht würdig zu kämpfen und ihr Volk zu verteidigen. Von den Menschen wurden Elben so oft als perfekt angesehen, sowohl äußerlich als auch innerlich, als Wesen, denen man im Krieg vertrauen konnte, auf deren Stärke immer Verlass ist.

Aber Legolas war nicht fähig, seinen inneren Kampf gegen die Trauer, die Kälte und die Dunkelheit zu gewinnen, er konnte der Stärke seines Volkes nicht gerecht werden.

Plötzlich erregte Théodens Stimme seine Aufmerksamkeit. Der König blickte ebenfalls kurz in den Abgrund und sah dann wieder auf. „Die Verwundeten auf die Pferde, die Reiter von Isengard werden zurückkehren, die Toten lasst hier."

Legolas' Augen blitzen zu Théodens und flammten bei dem Vorschlag wütend auf. Er möchte seinen Mund öffnen, sagen, dass er sich weigern wird, ohne Aragorn zu gehen, aber sein geschwärztes Herz hatte sich in seiner Kehle niedergelassen und er wusste, dass er nicht in der Lage wäre, um seine Masse herum zu sprechen.

Théoden legte eine Hand auf seine Schulter, sein Griff sanft und freundlich, aber die Geste gab ihm keinen Funken der Wärme zurück, die Aragorn ihm damit gebracht hätte.

Aragorn war weg. Er war tot und er würde es für immer sein.

„Komm", sagte Théoden leise und drückte sanft die Schulter des Elben. Legolas schaute weg von den Anfängen des Mitleids, die in den Augen des Mannes aufblühten, richtete seinen Blick zurück auf den Fluss in die Strömung, die Aragorn den Tod brachte.

Mit langsamen Schritten ging er zu seinem Pferd und stieg in den Sattel, wortlos half er Gimli hinter sich hoch.

„Geht es dir gut, Junge?", fragte der Zwerg besorgt, doch Legolas antwortete nicht, stattdessen trieb er Arod an, drückte seine Schenkel beinahe mit Gewalt in die Seiten des Tieres und drängte ihn zu viel zu hoher Geschwindigkeit, der Hengst schnaufte angestrengt, doch Legolas spürte den Wind nicht in seinem Gesicht, nicht das Leder der Zügel in seinen Händen, das Einzige, was er noch fühlte, war, wie ihn die innere Dunkelheit und Kälte langsam verzehrte.

Emel nîn | Aralas FFWhere stories live. Discover now