Mariahs Absturz *5*

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Nanu, was war das? Alany spürte ein sanftes Kribbeln auf ihrer Haut und fühlte, wie sich ihr Gesicht erwärmte. Widerstrebend öffnete sie die Augen und wurde prompt von grellem Sonnenlicht geblendet. Sie hatte am Vortag offenbar vergessen, vor dem Schlafen gehen die Vorhänge zuzuziehen. 

Rums! Warum machte Jamie so früh am Morgen einen solchen Lärm? Bevor Alany darüber nachgrübeln konnte, betrat ihr Vater das Zimmer mit einem Frühstückstablett. Auf dem Tablett waren nicht nur Brötchen, Marmelade, Cornflakes, Milch sowie Kaffee und Tee, sondern auch ein „Gute- Laune- Muffin" (ein Schokomuffin, auf dessen Oberfläche mit Hilfe von Smarties ein Smiley gelegt worden war) und ein extra großes Schokoladencroissant angerichtet. 

 „Für meine wundervolle Tochter!", verkündete Jamie , setzte sich an den Bettrand und schob das Tablett zu Alany hin. „Mariah ist Richards Kontrolle entglitten und hat sich zu einer Dramaqueen entwickelt", erklärte er mit ernster Stimme und sah ihr dabei in die Augen. „Ich mache ständig Fehler, aber ich werde nicht zulassen, dass ich den wichtigsten Menschen in meinem Leben verliere. Wir werden uns in nächster Zeit ernsthaft unterhalten müssen, Lenny, besonders über die Dinge, die wir in den letzten Jahren erfolgreich verdrängt haben. Ich wünsche mir, dass wir über alles reden können und wenn ich alles sage, dann meine ich auch alles." 

„Oh Paps, du bist...", setzte Alany an, wurde jedoch unterbrochen, dennJamie verspürte plötzlich das Bedürfnis, sie wie ein Kleinkind zu knuddeln. „Ich nehme an, die Lage ist ernst?", fragte Alany leicht sarkastisch und biss genussvoll in das Schokoladencroissant.

„Ich hoffe, du realisierst nicht, wie ernst", antwortete Jamie, wobei er sich Kaffee einschenkte. „Tiana und Mariah können sich glücklich schätzen, sich nicht ins Koma gesoffen zu haben. Laut dem Chefarzt hätte nicht viel gefehlt und die beiden hätten es geschafft. 2,5 und 2,8 Promille sind wahrlich kein Pappenstil. Ein kompetenter Mann übrigens, dieser Chefarzt, und noch dazu äußerst freundlich." Nun musste Jamie lachen, obwohl Mariahs und Tianas Zustand alles andere als amüsant war. 

Alany konnte sich denken, weshalb. „Der Chefarzt heißt Attila Castle-Jones, hab ich recht?"

Jamie nickte. „Ich weiß nicht, wie er es hinkriegt, aber Milan schmuggelt sich in letzter Zeit andauernd in unser Leben."

Zuerst wollte Alany sich beschweren, dass ihr Vater sie schon wieder aufzog, doch dann fiel ihr auf, dass seine Bemerkung eher wie eine sachliche Feststellung und als eine Provokation geklungen hatte. Sie beschloss die Tatsache, dass Milans Vater ihre Cousine und ihre beste Freundin behandelte, zu ignorieren. Stattdessen erkundigte sie sich genau, wie es Tiana und Mariah ging. 

„Die Nacht war hart, aber sie sind auf dem Weg der Besserung", berichtete Jamie und stieß seine Kaffeetasse um. „Dr. Castle-Jones musste den beiden wohl den Magen auspumpen."

Instinktiv legte Alany das Brötchen, das sie sich genommen hatte, zurück in den Brotkorb. Das Stichwort "Magen auspumpen" hatte ihr den Appetit verdorben. „Tianas Mutter wird ausflippen!", murmelte sie und zwirbelte eine ihrer Haarsträhnen. Pauline Manzotti, die man als erfolgreiche Karrierefrau aus der Zeitung kannte, würde wohl den Schock ihres Lebens bekommen, wenn sie von Tianas Zustand erfuhr. Tianas Ausrutscher gefährdeten bestimmt den guten Ruf ihrer Mutter als Multitaskerin, die Kinder und Beruf spielerisch jonglierte. Andererseits hatte ihr Krankenhausaufenthalt auch seine guten Seiten, denn er zeigte Pauline Manzotti, dass sie sich in Zukunft mehr um ihre Tochter kümmern sollte, anstatt einen berühmten Klienten nach dem anderen zu vertreten.

„Tianas Mutter ist bereits ausgeflippt!", verbesserte Jamie Alany und schnitt eine Grimasse. „Das Krankenhaus hat Richard und Pauline gleichzeitig angerufen und anscheinend haben sie Pauline ausnahmsweise erreicht. Ich hätte auch vermutet, dass unsere Staranwältin zu beschäftigt ist, um sofort in die Klinik zu fahren, aber wir haben uns geirrt. Richard hat mir erzählt, dass sie bereits den Assistenzarzt zur Schnecke gemacht hatte, als er im Krankenhaus ankam. Typisch Pauline: Anstatt zuzugeben, dass sie ein Stück zu Tianas Saufgelage beigetragen hat, lässt sie ihre Wut an völlig unbeteiligten Personen aus."

Sparks/ Amby Awards Shortlist 2023Where stories live. Discover now