《7》

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Nikul | 7

Sie führten den Karren gemeinsam etwa eine Stunde Richtung Muya und entschieden dann, ein Lager etwas abseits der Straße auf einer Waldlichtung zu errichten. Nikul hatte sich während der Begegnung mit Vrinsi bedeckt gehalten und versucht, nicht zu viel Aufmerksamkeit zu erregen. Ihm nicht in die Augen zu schauen. Der Mann kam vielerorts herum und schien gebildet zu sein. Sicher verkehrte Vrinsi in hohen Kreisen. Zumindest in Varis. Vielleicht kannte er sogar den Lord.
Was tue ich hier nur? Warum setze ich mich dieser Gefahr aus? Er betrachtete bei dem Gedanken Kania, wie sie die Schlafmatten und Felle aus dem Wagen holte und anfing, das Lager aufzubauen. Nikul hatte sich nie besonders für Frauen interessiert. Sein bisheriges Leben war von anderen Plänen und Sorgen durchzogen. Für etwas so Gefühlvolles und Normales wie Liebe hatte er nie Zeit oder mentale Kapazität gehabt.

Während er sie so beobachtete, fiel ihm auf, dass Kania, objektiv betrachtet, unglaublich begehrenswert war. Er fühlte sich jedoch nicht romantisch zu ihr hingezogen. Ihre Gesichtszüge waren symmetrisch und hatten attraktive Proportionen. Ihre Figur war weiblich, aber dezent. Eher sportlich. Die pechschwarzen Haare, welche sie oft im Dutt und Zopf trug, sahen meistens wie bei einer Lady aus. Aber all das reizte ihn gar nicht. Vielleicht war es einfach ihre Art? Oder er brauchte wirklich dringend eine Abwechslung. Hielt das monotone Leben nicht mehr aus. Seine Gedanken führten Nikul zu keiner Antwort, warum er sich diesem Risiko aussetzte.

»Glotzt du mich nur an oder magst du vielleicht auch beim Aufbauen des Lagers helfen? Wenn ich begafft werden möchte, hätte ich mir einen deiner Kollegen mitgenommen.« Sie meinte es, ihrem Tonfall nach zu urteilen, mehr humorvoll denn böse.

Nikul packte das Feuerholz aus und legte es bereit. Dann suchte er einige größere Steine, mit denen er einen Kreis bildete und das Feuer abgrenzte. Der Karren und ihre Matten lagen um das Lagerfeuer verteilt. Ihren alten Hengst haben die beiden an einem Baum festgemacht und ihm Fressen sowie Trinken bereitgestellt. Nikul suchte trockene, kleine Zweige und Blätter, die leicht entzündlich schienen, um sie im Steinkreis als Brennmaterial auszulegen und das Feuerholz darauf zu stapeln. Zum Schluss goss er etwas hochprozentigen Alkohol drüber und warf ein Streichholz hinein.

Nikul hatte kurz darüber nachgedacht, das Feuer auf händisch zu entzünden, hatte die Technik aber vor über zehn Jahren das letzte Mal angewendet. Schon damals war er nicht gut darin, die Glut zu erzeugen und zu stabilisieren. Vor allem bei der hereinbrechenden Kälte, verbunden mit den starken Böen des Walston Forest, würde er sich nur blamieren. Sein Streichholz in Kombination mit dem hochprozentigen Spiritus ließ eine hohe Stichflamme aufkeimen. Das Feuer loderte lichterloh. Nachdem die leicht brennbaren Zweige und Blätter schnell den Geist aufgaben und Nikul sich schon etwas sorgte, ob die Flammen erstickten, erkannte er kurze Zeit später, dass sich die Glut bildete. Sein Brennholz fing an, eine wohltuende Wärme auszustrahlen, und würde die beiden über Nacht vor Kälte schützen, solang er hin und wieder Holz dazu gab.

Kania applaudierte und kroch in ein Fell eingemummelt und ihre Matte hinterherschleifend etwas näher an das frisch entfachte Feuer, sah tief hinein und hielt die Hände nah ran. Die junge Frau schien wirklich fasziniert.

»Es gibt doch nichts Schöneres als ein Lagerfeuer in einem dunklen Wald bei klarem Sternenhimmel. Oder?«

Nikul nickte nur und warf einen bedeutsamen Blick in die Sterne. Verlor sich kurz im Augenblick. Bis Kanias Magenknurren, das selbst dem Pferd Angst einflößte, den Wald durchzog.

»Was war das denn?«, kommentierte er erheitert und holte vier Fleischspieße aus den frisch erworbenen Vorräten. Eigentlich waren diese für die Bewirtung der Schenke gedacht, aber wenn er sich schon die Mühe machte, hier zu helfen, hatte er sich etwas Fleisch verdient. Sein Ernährungsplan bestand seit Wochen aus Erbseneintopf. Hin und wieder gab es zum Highlight Wurst im Eintopf. Der verdammte Whisky hat stets einen Großteil des Budgets beansprucht.

The Fredgar Chronicles: Rise of the VodrugWhere stories live. Discover now