《15》

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Kania | 15

Wie im Delirium fiel es ihr schwer, Traum und Realität zu unterscheiden. Sollte es sich um einen Traum handeln, wäre es jedoch höchste Zeit aufzuwachen. Kania lag immer noch, mit den Händen hinterm Rücken gefesselt, auf dem Boden. Über ihr kniete einer der Soldaten mit goldener Rüstung. Sein stinkender Atem war deutlich zu riechen. Sie öffnete Ihre Augen, um ihn genauer zu betrachten. Ein junger Mann mit kurzen schwarzen Haaren und bösartigen Gesichtsausdruck. Seine mit Plattenhandschuh versehene Hand umfasste ihr Kinn und das kalte Metall ließ ihr Gesicht erschaudern.

Er drückte zu und pressende Schmerzen durchfuhren ihren Kiefer. »Du sagst mir jetzt, wer zum Teufel ihr seid, für wen ihr arbeitet und was euer Auftrag ist.«

Sie sammelte etwas Energie. Fand eine letzte Kraftreserve. Als seine Hand das Kinn losließ, flog ihm, energisch und unerwartet, ein Batzen Spucke direkt auf die Nase. Sein Gesicht verzog sich und Wut war unverkennbar zu spüren. Kania schloss ihre Augen und erwartete einen Schlag auf ihren Kopf, der sie endgültig außer Gefecht setzte. Doch der blieb aus. Ebenso ein wütender Kommentar. Der Mann erhob sich wortlos und stapfte davon, in Richtung seines toten Pferdes, das einige Meter entfernt am Boden lag. Er schien dem Hengst einen Gnadenstoß verpasst zu haben, nachdem dieser im Kampf gegen Kania sein Bein verlor.

Die übrigen Männer unterhielten sich. Sie überließen dem Schwarzhaarigen das Verhör. Kania wurde übel und sie bereute es, ihn angespuckt zu haben, als der Kerl wieder auf sie zukam. Ein anderer Soldat, der nur kurz aus ihrem Augenwinkel zu sehen war, warf die wehrlose Frau herum, sodass sie auf dem Bauch lag. Er drückte einen Fuß auf ihr Gesäß, um sie am Boden zu fixieren. Bevor sie umgedreht wurde, sah Kania noch die Peitsche in der Hand des Pharosianers und erahnte, was ihr bevorstand.

Ihr Gesicht lag auf dem, von der Tagessonne getrockneten, Gras. Das Unterholz des Waldes fügte ihr Kratzer zu. Von den Soldaten abgewandt und zur Seite gedreht fokussierte die Gefesselte ihren Blick auf einen Baum. Sie nahm sich vor, ihnen keine Genugtuung zu gewähren, indem sie um Gnade winselte. Das Ausrollen der Peitsche war in absoluter Stille unverkennbar zu hören und ein blitzartiges Zischen, gefolgt von ihrem Schrei, durchbrach das Schweigen.

Auch wenn sie bereits benommen war und kaum etwas mitbekam, waren die Schmerzen des Peitschenhiebes brutal und erschütterten ihren Körper. Sie war nicht in der Lage den Aufschrei zu unterdrücken und ihr Rücken brannte, als hielten sie ein glühendes Eisen drauf.

»Und wie gefällt dir das? Immer noch Lust zu spucken?« Dem spöttischen Kommentar folgte ein zweiter und dritter Hieb bevor er Kania überhaupt die Möglichkeit gab zu antworten.

»Jetzt rede! Dann beenden wir es.« Wieder gab er ihr keine Gelegenheit zu reagieren und schickte sie ein viertes Mal in den Abgrund der Höllenschmerzen. Ihre Ausbildung half der schwarzhaarigen Schönheit hier nicht. Kania schrie ohrenbetäubend in den Wald. Sie war nicht in der Lage einen klaren Gedanken zu fassen. Der Mann unterbrach die Folter und kniete sich wieder neben sein Opfer. Langsam und genüsslich fragte er erneut:

»Wie sieht es aus? Ich kann daran noch sehr lange Gefallen finden.« Sie wollte ihm gerade antworten, dass er zur Hölle fahren soll, auch wenn die Verlockung groß war, einzuknicken. Doch einer der anderen Männer rief zu ihnen rüber.

»Sie ist eine Vra'Ghul Dämonin. Darum hat die Hexe uns auch so einen Ärger bereitet.« Er stapfte triumphierend mit ihrer Dämonen Gesichtsmaske in der Hand auf Kania und die zwei Soldaten bei ihr zu. Der Kerl hatte wohl ihre Ausrüstung durchsucht. Ihre Maske war ovalförmig und wurde nach unten hin spitz. Rechts und links über den Augenschlitzen waren Wolfsohren zu sehen. Um die Mundöffnung befanden sich Reißzähne aus Holz. Die dunkle Farbe der Maske unterbrachen nur saphirblaue Untermalungen an den Augenöffnungen. Auf der Stirn erkannte man bei näherer Betrachtung ein eingraviertes Kanji mit der Bedeutung Wolfsblut. Kania würde die Maske wohl zum letzten Mal sehen, denn der mit einer Peitsche ausgestattete Peiniger ließ das Folterwerkzeug fallen.

»Dann sparen wir uns das Verhör. Der Dämon muss brennen, damit die arme Seele Frieden findet.«

Kania fing an zu zittern und sich mit aller Kraft gegen den Soldaten, der sie mit seinem Fuß auf dem Boden fixierte, zu stemmen. Der Mann erhöhte den Druck deutlich.

Sie war machtlos, während eine widerwärtig nach Spiritus riechende Flüssigkeit über Kopf und Rücken floss. Kania unterdrückte das aufkeimende Verlangen, um Gnade zu winseln. Sie wusste, es hätte keinen Erfolg. Der Druck auf ihrem Rücken ließ nach und sie wirbelte von Todesangst zermürbt herum. Panisch versuchte Kania auf Distanz zu kriechen, kam jedoch mit gefesselten Armen und Füßen kaum weg. Der Soldat erleuchtete den Wald mit einer Fackel, die er frisch entzündete. Sein Kamerad gewann etwas Abstand.

Kania nahm die Wärme des Fackelfeuers wahr. Es war in der kalten Nacht schon fast angenehm – trieb ihr allerdings den Mageninhalt nach oben.

»Fahr zur Hölle und erlös die befallene Seele, du Mistvieh.« Er kam mit entschiedenen Schritten auf sie zu und bewegte seine Fackel in ihre Richtung.

The Fredgar Chronicles: Rise of the VodrugWhere stories live. Discover now