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 《 Kania | 31 》

Kania stand auf der dicken mit Zinnen besetzten Steinmauer der Burg von Varis. Der Abend näherte sich und die untergehende Sonne färbte die Stadt vor ihren Augen orange. Hinter der Stadt erkannte sie den Fluss und das zu Varis gehörende Dorf. Weit und breit erstreckten sich Felder und Wiesen. Auf manchen wurde noch gearbeitet, auf anderen grasten nur noch einzelne, kaum erkennbare Tiere. Sie hörte Schritte hinter sich und drehte sich um. Vor ihr kam Nikul zum Stehen. Hinter ihm sah sie eine Kulisse aus Bergfried, weiten Teilen der Burg und in die Höhe steigende Black Mountains. Die sich auf den obsidianfarbenen Bergen reflektierende Nuance des Sonnenuntergangs brachte ein einzigartiges Farbspiel hervor.

»Wie fühlst du dich?«, seine Stimme klang sanft und sorgenvoll. Mittlerweile vergingen drei Tage, seit sie wieder unter den Lebenden weilte.

»Sehr gut.« Sie lehnte mit dem Rücken an einer Zinne des Burgwalls, um ihre Beine zu entlasten. Niemals würde sie zugeben, immer noch wackelig zu stehen.

»Du darfst auch Schwäche zeigen. Es ist keine Schande, nach dem was du durchgemacht hast ein paar Tage zu genesen.«, er kam etwas näher und sie fing seinen Blick auf.

»Ich habe lange genug im Bett gelegen. Wenn ich nicht bald etwas unternehme, kann ich für nichts garantieren.«, sie grinste und gab sich größte Mühe, ihre Anspannung zu kaschieren.

»Was möchtest du denn unternehmen? Wir könnten in der Stadt etwas essen oder...«

»Nein. So etwas meine ich nicht.« Sie unterbrach ihn und dachte selber darüber nach. »Ich habe eine Idee. Komm mit. Lass uns etwas testen.« Kania huschte an ihm vorbei und marschierte ohne auf eine Reaktion zu warten die nächstgelegene Treppe hinunter in Richtung Burghof.

»Warte! Was hast du denn vor?«, er versuchte Schritt zu halten, aber kam trotz der Nachwehen ihrer Spionagemission kaum hinterher.

»Folg mir einfach. Wir haben etwas Spaß.« Im Burghof angekommen machte sie vor den Ställen halt und sah zu Nikul.

»Angeblich sind wir hier ja Gäste und keine Gefangenen. Dann sollte es kein Problem sein sich zwei Pferde zu schnappen und auszureiten.«

»Dafür bist du noch nicht bereit. Du wirst deine Genesung nur verzögern.« Er legte eine Hand auf ihre Schulter und versuchte, sie davon abzuhalten, wieder unaufhaltsam loszuziehen.

»Sag das noch ein einziges Mal und ich schneide dir im Schlaf die Kehle durch. Die Pharosianer würden mich zum Dank bestimmt wie eine Königin behandeln. Vielleicht kann ich dort ja in Ruhe reiten.«, sie grinste wieder teuflisch und zwinkerte Nikul zu. Natürlich war die Drohung nicht ernst gemeint. »Ich befürchte aber, dass ich da mit Kamelen vorliebnehmen muss. Da bevorzuge ich doch lieber ein echtes Jagdpferd.«

Nikul gab sich geschlagen und nickte vorsichtig. »Schön. Aber wir gehen es vorsichtig an. Und nicht zu weit. «

»Was soll schon passieren? Denkst du ich, falle vom Pferd? Na los!« Sie verpasste ihm mit dem Ellbogen einen sanften Schlag in seine Flanke und begann ein Gespräch mit dem Stallburschen. Der junge Mann mit kurz geschorenen Haaren erkannte sie als die Ehrengäste und ließ Kania im Stall ein Pferd aussuchen. Der Stallbursche erläuterte, dass selbst die persönlichen Tiere von Lord Bellton zur Verfügung standen.

Kania schlenderte begeistert durch den langen Stall und fand über 40 Pferde vor. Verschiedenste Rassen, Farben und alter waren vertreten. Unter ihnen war auch die weiße Stute, die Nikul bei der Flucht aus Muya ausgezeichnete Dienste leistete.

»Ich werde Taylin nehmen.«, er zeigte auf seine alte Freundin und der Stallbursche bereitete alles vor, um sie zu satteln. Die Stute erkannte Nikul wieder und gab ein erfreutes Wiehern von sich.

The Fredgar Chronicles: Rise of the VodrugWhere stories live. Discover now