《 13.2 》

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Kania| 13.2  

Entgegen Kanias Hoffnung hatten die Reiter aus Pharos keine Probleme damit ihnen im Dickicht des Walston Forest auf den Fersen zu bleiben. Pfeile flogen weiterhin unpräzise durch den Wald. Einer zischte an ihrem Ohr vorbei und schlug in einem Baum vor Kania ein. Ihr lieb gewonnener alter Hengst wurde langsamer. Ihn verließ die Kraft. Fast gegen einen Baumstumpf laufend scheute er erschreckt auf, was nicht nur Kania, sondern auch ihm sofort zum Verhängnis wurde.

Ein Pfeil traf ihn direkt in seine Hüfte. Das Tier bäumte sich mit schmerzerfülltem Wiehern ein letztes Mal auf, bevor ein zweites Geschoss an Kania vorbei in seinem Nacken einschlug und ihn niederstreckte. Das Tier brach zusammen und riss seine Reiterin mit sich zu Boden.

Ich bin erledigt Schoss der für kurze Zeit hilflosen Frau durch den Kopf, nachdem ihr einziges Fluchtmittel zusammenbrach. Sie sah im Sturz aus dem Augenwinkel mehrere der Soldaten anstürmen. Kania hörte auf nachzudenken und folgte nur noch ihren Instinkten, um Nikul mehr Zeit zu verschaffen. Während Ihr Pferd zu Boden fiel, war Kania in der Lage vom Sattel abzuspringen und ihre Ausrüstung mit sich zu reißen. Gezielte Griffe ermöglichten es ihr, im Flug eine Rauchbombe und ein Kunai zu ziehen. Sie rollte sich kurz vor dem Aufschlag am Boden elegant ab, um eine schmerzvolle Kollision zu vermeiden. Gleichzeitig explodierte ihre Rauchbombe vor den Reitern und scheuchte ihre Pferde auf.

Auf dem Boden angekommen und wieder in festem Stand flog das Kunai mit rasender Geschwindigkeit in Richtung des vordersten Verfolgers. Auch wenn sie ihn nicht sah, war der Wurf präzise und der Einschlag verbunden mit einem schmerzerfüllten wiehern deutlich durch den kalten Wald zu hören.

Keine Zeit für die Maske. Sie würde erneut ohne ihre mächtigste Waffe kämpfen, da bereits zwei Reiter durch den Nebel brachen. Beide trugen bei näherer Betrachtung goldenen Rüstungen aus Pharos und schienen Mitglieder der Kavallerieeinheit zu sein. Lange Lanzen mit edel verzierten hölzernen Stäben und einer brutal wirkenden adlerförmigen Stahlspitze waren auf die wehrlos aussehende Frau gerichtet. Sie rasten unaufhaltbar auf Kania zu. Nur zwei... war Kanias einziger Gedanke, kurz bevor die Lanzen Ihren Körper aufspießten. Sie wand ihre letzte Kraft auf, um unter beiden hindurchzurollen und mit ihren zwei Kurzschwertern die Hinterbeine der vorbeireitenden Jagdpferde an der verwundbarsten Stelle glatt zu durchtrennen.

Die Pferde sackten mit Schwung ab und glitten unter Schmerzen und lauten Geräuschen mitsamt ihren Reitern mehrere Meter über den Boden. Die Männer gaben Schreie von sich und krachten in das Unterholz. Einer von beiden knallte am Ende mit solcher Wucht gegen einen massiven Baum, dass von ihm vorerst keine Gefahr ausging.

Kania grinste teuflisch, kniete jedoch einen Augenblick später selbst auf dem Boden. Sterne schwebte vor ihren Augen und Schwindel setzte ein. Ein Blick auf ihren Körper zeigte, dass der provisorische Verband am Bein sich gelöst hat und die Wunde erneut voller Dreck offen blutete. Sie hatte kaum genug Kraft, um wieder aufzustehen, als der durch ihr Kunai vom Pferd gefallene Soldat aus dem Nebel ihrer Rauchbombe trat. Ein Weiterer von seinem Pferd in das Unterholz gestürzter Pharosianer kam zwischenzeitlich ebenfalls mit gezücktem Schwert auf Kania zu.

Zwei kann ich vielleicht noch schaffen. Hoffnung keimte in ihr auf und spornte ihren Geist zu einem letzten Aufbäumen an. Sie blieb auf einem Knie am Boden und plante, ihre Kräfte für dieses Gefecht vorausschauend einzuteilen.

»Kommt her und versucht es« keifte Kania die Verfolger an, bevor die Rauchschwade der Bombe sich löste und drei weitere Pferde angetrabt kamen. Sechs. Also vier für Nikul. Gut.

Kania schloss die Hoffnung für ihr eigenes Leben ab. Zumindest hatte Nikul eine realistische Chance, falls er seine Kräfte, ohne Rücksicht auf Verluste, zu nutzen wusste.

»Oh wir sind schon auf dem Weg du Miststück...«, die Pharosianer umzingelten sie. Kein Kommandant unter ihnen. Nur normale Soldaten. An einem anderen Tag hätte ich kurzen Prozess mit euch gemacht... Heute nahm sie sich nur vor so viele wie möglich mit in den Tod zu reißen. Die Reiter stiegen ab.

»Wir machen uns einen Spaß mit der kleinen Hexe... versucht sie nicht zu töten.« Der Bastard würde als erster sterben. Er war gerade erst von seinem Pferd gestiegen und zückte Schwert und Schild. Das Rundschuld war aus Stahl und mit Bronze verziert. Das Wappen von Pharos prangte darauf. Ein Phönix, der aus der Asche aufersteht. Die Männer hatten Kania mittlerweile erfolgreich mit gezückten Waffen umzingelt. Wachsam und jederzeit angriffsbereit. Ihnen war bewusst, wozu die Frau fähig war.

Der Wortführer, welcher seine Kameraden anwies, sie nach Möglichkeit gefangen zu nehmen, rückte vor. Er versuchte, mit dem Schild zuzuschlagen und ihr einen Schlag gegen den Kopf zu verpassen. Ein großer Fehler wie sich schnell rausstellte, da Kania unter dem Schildschlag hinwegtauchte. Sie schlug mit der rechten Waffe die Schildhand in einem präzisen Hieb ab. Sein rachsüchtiger Schwertschlag wurde mit dem zweiten gezackten Kurzschwert nicht nur parierte, sondern auch gleich entwaffnet. Kania versuchte, dem erbleichten Feind ihre Waffe in den Unterleib treiben, als ein Schwertknauf ihren Hinterkopf traf und die Welt schwarz wurde.

Kaltes Wasser platschte auf ihr Gesicht. Sie nahm wahr, man ihren Körper schüttelte. Wie sie beleidigt wurde. Angeschrien wurde. Kania kam langsam wieder zu sich. Eine Rückhand traf ihren Kopf und Schmerz pochte an ihrer Schläfe.

»Wach auf!«. Ein anderer Soldat murrte »Die ist doch schon verreckt, lass uns nach dem Rest suchen.« Kania öffnete leicht blinzelnd die Augen und fand sich in ihrer persönlichen Hölle wieder. Eine kurze Analyse der Situation ergab, dass ihre Hände hinterm Rücken mit etwas Seilartigem gefesselt waren. Ihre Beine waren ebenfalls zusammengebunden. Ohnehin wäre sie in ihrem aktuellen Zustand nicht mehr kampffähig. Kanias gesamte Körper schmerzte und kollabierte vor Erschöpfung. Selbst ein letztes Aufbegehren wäre außerhalb ihrer Möglichkeiten.

»Na geht doch.« Sie lag auf dem Boden und der Soldat saß auf ihrem Oberkörper und schnürte ihr damit die Luft ab. Sie erkannte Abscheu und Hass in seinem Gesichtsausdruck. Es war ein hässliches und verunstaltetes Gesicht. Eine Keule musste den blonden Mann einst an der Stirn getroffen haben. Die Wunde mit einem brutalen Krater war übel verheilt und brandmarkte ihn.

»Du fängst jetzt an zu singen, wer ihr seid, für wen ihr arbeitet und was eure Mission ist. Ich hoffe, du weigerst dich ... dann haben wir etwas Spaß mit dem Messer.« Der Bastard wedelte demonstrativ mit einem Jagdmesser vor ihren Augen hin und her. Bitte töte mich einfach. Schoss Kania durch den Kopf.

»Keine Sorge, bis du gesungen hast, halten wir dich am Leben. Aber wenn wir fertig sind, wird deine verfluchte Seele mit Feuer gereinigt.«

Sie schwieg und schloss ihre Augenlider. Es gab nichts, was Kania jetzt noch unternehmen konnte.

The Fredgar Chronicles: Rise of the VodrugWo Geschichten leben. Entdecke jetzt