《 27.1 》

27 5 2
                                    

Nikul | 27

Sein Körper fühlte sich unbeschreiblich starr an. Als wären jeder Muskel und alle Fasern zu unbiegsamen Stahl transformiert. Hilflos und machtlos sah er zu, wie der Bär von einem Mann Kania festhielt. Er verhörte sie brutal. Nikuls Herz hielt inne, weil sie schilderte, dass die letzten Tage mit ihm nur ein abgekartetes Spiel waren und sie ihn manipulierte.

Ist das möglich? Er war verunsichert. Ebenso der fragwürdige Retter.

Sie war bereit, sich für mich zu opfern. Nikul erinnerte sich an die Situation vor wenigen Minuten. Kania bestätigte ihm sogleich, dass sie Eldgar nur austrickste. In einem Moment der Unachtsamkeit sprang sie zu Nikul und riss ihm den Ring vom Finger.

Der Vodrug war kaum imstande einmal zu blinzeln, bevor Dunkelheit aus ihm heraus schoss und sich im Raum ausbreitete. Die Macht in seinem Inneren war von Tod umgeben und enthusiastischer denn je. Sie brach aus ihm heraus. Bevor Nikul überhaupt darüber nachdachte oder versuchte, sie zu steuern, bildeten sich Ranken, Arme und Schlingen im ganzen Raum. Eldgar holte zum zweiten Mal nach Kania aus. Nikul erkannte hinter der Maske des Mannes keine Gefühlsregungen. Die ausbrechende Finsternis schien ihn nicht von seinem Vorhaben abzuhalten.

Auch wenn Nikul nicht in der Lage war sich zu rühren, funktionierte sein Verstand einwandfrei. Wut und Hass des Vodrugs richteten sich gegen Eldgar und schemenhafte, sich immer mehr manifestierende Finsternis, folgte den Gefühlen. Alle Schlingen, Ranken und handförmigen Manifestationen flogen mit gleißender Geschwindigkeit auf den Vra'Ghul zu und fixierten seine Gliedmaßen. Die riesige Eisenkeule war nur wenige Zentimeter von Kanias Kopf entfernt, hielt allerdings inne und traf das Ziel nicht. Sie selber lag bewegungsunfähig am Boden und drückte beide Hände an ihren Brustkorb. Kania wirkte schmerzerfüllt und sah Eldgar hinterher, als Nikuls Macht den Mann gegen eine Wand schmetterte.

Die Ranken lösten sich zu flüssigen Schatten auf und umfassten den Bären. Sie erhoben ihn in die Luft und bildeten einen Kokon. Eldgar verschwand darin. Nikul hörte brutale und verstörende Geräusche aus dem inneren des undurchsichtigen Geflechtes. Er empfand kein Mitleid für den Mann, der vorhatte Kanias Leben zu beenden. Nachdem der Kokon sich auflöste und seine Macht erneut in Form von Wolken durch den Raum geisterte, fiel etwas Verunstaltetes zu Boden. Eine Mischung aus Genugtuung und Übelkeit stieg in ihm auf.

Von Eldgar blieb nicht viel übrig. Zermalmte Knochen, Muskeln und Gliedmaßen verteilten sich über den Boden und verschwanden unter einem Schleier aus dunklen Wolken.

Nikuls Blick richtete sich auf Ilias, der in Schockstarre verfiel. Seine Muskeln lockerten sich langsam auf und die Wirkung des Giftes schien nachzulassen. Der Vodrug war wieder in der Lage sich vorsichtig zu bewegen. Seinen Hass auf Eldgar übertrug er umgehend auf den Mann der Arya entführt, Fredgar verraten und Kania fast getötet hat. Seine Gabe folgte erneut den Gefühlen des Vodrug. Aus der Finsternis am Boden formte sich eine riesige Hand, die Ilias gesamten Brustkorb umschlang und ihn in die Luft hob.

Vernunft schoss durch Nikuls Verstand. Wenn ich ihn jetzt vernichte, erfahren wir nie, wo Arya steckt. Es könnte seine Freundin das Leben kosten. Er bemühte sich, die Faust im Zaum zu halten. Stechende Schmerzen preschten aus seinen tanzenden Tattoowierungen. Der Vodrug ging vor Pein in die Knie, sah jedoch standhaft zu Ilias Alderon. Seine wütende Stimme erhob sich angsteinflößend.

»Wo hältst du Arya fest? Sag es!«

Ilias durchbrach die Schockstarre und antwortete keuchend. Jegliche Farbe wich aus seinem Gesicht. »Du ... du bist ein Vodrug! Das ändert alles. Es tut mir so leid. Mit dir können wir Fredgar befreien!«

»Antworte!« Nikuls Stimme klang herrisch und befehlshabend.

»Sie ist im Keller meines Weingutes. Etwa zehn Kilometer südlich von Varis. Ich habe ihr kein Haar gekrü....«

The Fredgar Chronicles: Rise of the VodrugWhere stories live. Discover now