《 26.2 》

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《 Kania | 26.2 》

»Was glaubt ihr eigentlich, wer ihr seid?« Er schritt zu seinen Männern, um Abstand zu gewinnen und nicht aus Versehen zur Geisel zu werden. »Denkt ihr, ich habe euch nicht beobachten lassen? Hatte euch nicht auf dem Schirm? Ich hatte ja gehofft, dass die kleine Vrinsi wichtig ist und er hier persönlich auftaucht. Alle Mitarbeiter der heißen Quellen sind meine Männer. Wie dem auch sei. Ich habe keine Verwendung für euch.«

Kania sah zu Nikul und erkannte Panik und Wut in seinen Augen. Er fing ihren Blick auf und suchte flehentlich nach einer Lösung. Ihr war klar, den Ring abzunehmen würde nicht helfen. Es ist noch nichts Schlimmes passiert. Nikul könnte seine Gabe nicht erwecken.

»Erledigt das Pack und entsorgt sie. Ich will, dass die Schweinerei verschwunden ist, wenn ich morgen mit meiner Frau herkomme.« Die Männer legten an. Auf den Visagen von einigen sah Kania Vorfreude. Es gab keinen Ausweg. Kein entkommen. Keine Möglichkeit, der Geschwindigkeit eines Armbrustbolzens auszuweichen oder die Entfernung zu den Männern schnell genug zu überwinden. Ilias machte Anstalt sich vom Schauplatz zu entfernen und Kania unternahm das Einzige, was ihr noch übrig blieb. Sie stellte sich mit einem Hechtsprung vor Nikul, sodass die Handlanger erst sie erschießen mussten, und befahl ihm: »Zieh den Ring ab!«

Ihr Tod würde Nikul eine Chance geben, sich zu retten, und einen Sinn bringen. Mehr gab es aus der Situation nicht rauszuholen. Kania schloss die Augen und bereitete sich darauf vor, erschossen zu werden. Sie hatte keine Angst und sandte, gedanklich eine letzte Bitte zu Dhagaris über Nikul zu wachen. Hoffentlich würde er die Chance, die sie ihm gab, nutzen.

Ein Schmerzensschrei erschütterte den Raum. Dann ein weiterer. Das Geräusch einer geschwungenen Waffe und brechender Knochen. Kania öffnete ihre Augen. Ihr Herz sackte ab. Gegenüber von ihr lag die Hälfte der Armbrustschützen bereits mit gebrochenem Rückgrat bewegungsunfähig auf dem Boden. Der Schädel eines Mannes war sogar eingeschlagen und verunstaltete die grauen Pflastersteine.

Über ihnen thronte ein Vra'Ghul. Ein alter Bekannter von Kania. Seine Maske war braun und stallte die Schnauze eines brüllenden Bären dar. Im Gegensatz zu den meisten ihres Clans war Eldgar nicht darauf spezialisiert still und leise zu agieren. Der Mann der gerade einen seiner Widersacher als menschlichen Schutzschild für Armbrustbolzen missbrauchte und daraufhin den restlichen drei Wachen eine brutale zweihändig geführte Eisenkeule schwingend den gar ausmachte, war fürs grobe. Ilias lag mit gebrochenem Arm kauernd in der Ecke und schien sich intensiv Gedanken über seine Fluchtoptionen zu machen. Edgar trug einen geschwärzten Lederharnisch, ebenfalls geschwärzte Armschützer aus Leder sowie eine lange dunkelbraune Hose. Das Monster von einem Mann war über zwei Meter groß und machte davon, den restlichen Lakaien der Alderons den Rest gebend, unverhohlen gebrauch. Nikul nahm Kanias Hand und machte Anstalt mit ihr durch einen der zwei Ausgänge zu entkommen.

»Denk nicht mal dran.« Eldgars tiefe fast schon bärenhafte Stimme ließ selbst Kania im Mark erschaudern und Nikul sofort innehalten. Er sah sie fragend und verunsichert an. Sie wusste es jedoch selber nicht. Eldgar war die rechte Hand von Farragan und bedeutete nichts Gutes. Abgesehen von Ilias leichtem Winseln wurde es still in der Herrenumkleide.

»Harina mein Schätzchen.«, die boshafte Stimme des Mannes in Kombination mit ihrem Namen ließ Kania wie angewurzelt stehen. Hatte Farragan ihm befohlen, sie auszuschalten, weil sie keine Meldung erstattet und Nikul versteckt hat? Galt sie als Verstoßene? Sie schluckte.

»Danke für deine Hilfe Eldgar.«

Er sah sie ernst an und rückte ein paar Schritte auf Kania zu. Sie wich zurück. Ein Fehler wie sich schnell rausstellte. Der Vra'Ghul streckte die Hand in einer blitzschnellen Bewegung zu Nikul aus und grünes Pulver blitzte in der Luft auf. Kania wusste sofort, worum es sich handelte. Ayatrin-Extrakt das den Körper völlig erstarren ließ. Nikul wich instinktiv zurück, die Wirkung setzte jedoch umgehend ein. Er blieb mitten in der Bewegung stehen und erstarrte den Blick auf Kania und Eldgar gerichtet. Es wirkte, soweit sie sich erinnerte, je nach Dosierung nur drei bis fünf Minuten.

»Was hast du vor?«, sie sah schockiert im Raum umher und wich noch ein paar Schritte zurück, während Eldgar auf sie zuging und Nikul ignorierte.

»Unser Vater hat keine Antwort von dir erhalten Harina. Er ist wütend. Und hier bist du mit dem Zielobjekt. Navigierst dich wie ein Amateur in so eine Situation.« Kania reagierte zu langsam. Eldgars muskulöser Arm schoss voran und umfasste ihren Kiefer. Er drückte und hob sie in die Luft. Schmerz Durchfuhr ihren Kopf. Es fühlte sich an, als würde er ihn zermalmen und ihre Knochen jeden Moment brechen.

»Ich ... habe... G...Gr...Grund.« Sie versuchte, die Worte irgendwie herauszupressen.

Der Bär von einem Mann verpasste ihr mit dem Griff seines Streitkolbens einen Schlag in die Rippen. Etwas brach. Kania unterdrückte den Schrei und ihr Körper rebellierte dagegen in Ohnmacht zu fallen. Eldgar ließ sie auf den Boden sacken.

»Du hast eine Minute, um mich zu überzeugen. Ansonsten schalte ich euch aus und bringe euch zu unserem Vater. Keine Sorge, ich habe explizit die Anweisung dich ihm zu überlassen«, er grinste bei den Worten.

»Er ist ein Vodrug. Ich hab ihn dazu gebracht mir zu vertrauen und zu tun was ich sage weil die Idioten im Schloss ihn verscheucht haben. Ich bin der Schlüssel damit er tut was der König möchte! Hättet ihr mir noch etwas Zeit gegeben, hätte ich ihn soweit gehabt seine Kräfte zu kontrollieren. Wir wurden gejagd und mussten untertauchen du verdammter Idiot!« Kania ging in die offensive und erhob sich trotz gebrochener Rippe und stechendem Schmerz langsam. Sie warf einen Blick zu Nikul. Auch wenn er seine Muskeln nicht bewegen konnte, zeigten seine Gesichtszüge Anzeichen von Entsetzen. Ilias saß immer noch kauernd in der Ecke und lauschte der Enthüllung berechnend.

»Warum hast du dich nicht gemeldet?«

»Der Mistkerl hat und überwacht. Es gab keine Möglichkeit. Ich wollte ihn loswerden damit ich wieder Kontakt aufnehmen kann!« Sie klang anklagend und selbstbewusst. Mittlerweile hatte sie sich aufgerichtet. Eldgar schien zu zögern. Kania nutzte die Gelegenheit, ohne mit der Wimper zu zucken, und sprang auf Nikul zu.

Der Bär erkannte das Manöver sofort und jagte ihr, mit minimaler Reaktionszeit, die Eisenkeule hinterher. Er verfehlte und sie schepperte laut auf den Boden. Kania war schneller und kam rechtzeitig bei Nikul an, um ihm den Ring vom Finger zu reißen. Er konnte sich immer noch nicht bewegen doch am Boden liegend erkannte Kania die tanzenden Tätowierungen auf seinen Armen und die Veränderung seiner Augen. Dunkelheit breitete sich aus.

The Fredgar Chronicles: Rise of the VodrugWhere stories live. Discover now