《17》

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Arya | 17

Ihr kastanienbraunes Haar war fettig und zerzaust. Kleine Schürfwunden überzogen ihre Arme und Beine. Die letzten zwei Tage waren nicht ohne. Arya und Nikul versteckten und pflegten Kania nach den verstörenden Ereignissen in und um Muya in der Höhle. Die schwer verwundete Frau ist in ein Koma gefallen und nun den zweiten Tag in Folge nur kurzzeitig im Fieberwahn aufgewacht.

Aryas grundlegende Heilkräuter Kenntnisse, die sie von ihrer Mutter lernte, reichten zwar, um eine Entzündung der Bein- oder Peitschenwunden zu verhindern. Darüber hinaus wusste sie aber nicht, was Kania brauchte, um gesund zu werden. Nikul kümmerte sich an beiden Tagen um die Nahrungsbeschaffung. Arya besorgte Heilkräuter und Brennholz. Sie trauten sich nur kurz aus der Höhle, um die Wahrscheinlichkeit, entdeckt zu werden, zu minimieren.

Bisher trafen weder sie noch Nikul auf Patrouillen, die nach ihnen suchen. Beiden war klar, dass dies nur eine Frage der Zeit und Kania nicht transportfähig war. Die drei hielten sich tief in der Höhle auf und ein kleines provisorisches Lagerfeuer spendete Wärme. Kania lag bewusstlos auf einem Sammelsurium aus Blättern, alter Kleidung und dem Pferdesattel. Es war sicher alles andere als gemütlich auf dem Höhlenboden, Nikul und Arya hatten es jedoch deutlich schlechter.

Sie trug just in diesem Moment eine neue Schicht Wundsalbe auf Kanias Verletzungen auf, während Nikul ein paar gesammelte Beeren vernaschte und ihr zusah. Seine Stimme beendete die Stille sanft und vorsichtig »Deine Eltern, wo können wir sie genau finden, wenn Kania aufgewacht ist?«

Arya antwortete ebenfalls gedämpft: »Etwa eine Tagesreise im Norden ist ein kleines Dorf. Dort wohnt meine Mutter. Mein Vater ist vor langer Zeit gestorben. Er war Teil eines Aufstands gegen die Abgaben an Pharos.« Ihre Stimme klang gefasst und Arya zuckte nicht zusammen. Der Tod ihres Vaters war lange her. Sie weinte ihm schon seit geraumer Zeit nicht mehr nach. Versuchte nur noch, sich im Guten an ihn zu erinnern und seine Werte zu leben.

»Das tut mir leid ... mein Beileid.« Nikul schwieg einen Moment und sah zu Boden. »Vielleicht solltest du schon einmal allein los. Es wird hier jeden Tag gefährlicher, den wir warten. Ich darf sie nicht allein lassen, aber du musst hier auch nicht auf dein Verderben warten. Allein kannst du leichter unentdeckt bleiben...«

Es ist nicht so, als hätte Arya nicht darüber nachgedacht. Sie war erschöpft, verstört, traurig und hungrig. Aber ihr Vater wäre nicht gegangen. Sie konnte Nikul und Kania helfen. Nikul war ein echter Vodrug... vielleicht war er imstande das Grauen der Besetzung durch Pharos zu beenden. Ihr Vater hätte ihn mit seinem Leben beschützt. Auch wenn sie nur ein junges Mädchen war, was könnte Arya wichtigeres tun? In einer Waldhütte sitzen und warten, dass die bösen Männer vorbeikommen? Sie erwiderte energisch:

»Ich bleibe hier und helfe euch. Gemeinsam oder gar nicht.«

Nikul starrte sie verwundert an, nickte jedoch nach kurzer Zeit. Ihr fiel bei genauerer Betrachtung auf, dass er nicht viel besser aussah. Er trug nur noch ein Unterhemd, da das meiste an Kleidung dabei half, den kalten, harten Höhlenboden auszugleichen. Das Moos von draußen allein reichte nicht. Er stank nach Tod und Dreck, das taten alle drei. Zum Waschen gab es bisher keine Möglichkeit.

»Du bist eine erstaunliche junge Frau. Kania wollte dich ... liquidieren. Du hilfst ihr trotzdem. Riskierst dein Leben für sie.« Es war keine Frage in dem Satz, eher eine anerkennende Feststellung. Dennoch hatte Arya das Gefühl, irgendetwas antworten zu müssen. Stolz quoll in ihrer Brust auf.

»Sie hatte gute Gründe, das für die beste Option zu halten. Du solltest wissen, wie wichtig du bist. Menschen wie mein Vater müssen nicht mehr sterben, wenn du uns helfen kannst.« Arya sah ihm in die Augen, doch Nikul senkte seinen Kopf nur und schaute etwas betreten zu Boden.

»Ich weiß noch nicht, was ich von ihr halten soll. Sei vorsichtig. Kania hat offensichtlich einen Auftrag, der mit mir zu tun hat. Und ... wenn die Leute von denen ich in Muya Abstand gewinnen wollte etwas damit zu tun haben«, der Vodrug sah nachdenklich aus »Dann kann sie nichts gutes im Schilde führen.«

Arya stellte keine weiteren Fragen. Zu aller erst mussten die akuten Probleme gelöst werden. Beim Schweigen wurde sie immer nachdenklicher und fing an sich in Sorgen um ihre Mutter rein zu steigern. Neue Soldaten aus Pharos wollten sicherlich Rache für ihre toten Kameraden nehmen. Da der Schuldige nicht klar war, würden sie alle Menschen in der Umgebung bestrafen. Wir müssen Kania dringend auf die Beine bekommen und von hier verschwinden.

The Fredgar Chronicles: Rise of the VodrugWhere stories live. Discover now