《 26.1 》

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Kania | 26

Die heißen Quellen und Thermen von Varis waren ein weitläufiges Gelände. Unter freiem Himmel bot der abgegrenzte Bereich außerhalb der Stadtmauern Dutzende Geysire und kleinere Badeteiche. Das Areal wurde auf den Black Mountains errichtet und war kaum besucht. Kania hatte auf den Straßen von Varis Gerüchte aufgeschnappt, dass Pharos eine Armee herschickt, um den rebellischen Lord Bellton Einheit zu gebieten. Die Einwohner ahnten nichts Gutes. Auf dem Weg zu den heißen Quellen, war der Trubel und die Aufregung kaum zu übersehen. Die Menschen bereiteten sich darauf vor, die Stadt zu verlassen und sich bei Verwandten andernorts in Sicherheit zu bringen. Die Aktienbörse war komplett überfüllt, Dutzende Männer und Frauen schrien den Maklern Handelsaufträge zu. Spekulationen auf Lebensmittel, Panikverkäufe und der Erwerb von Gold würde wie in jeder Krise die Taschen einiger bedachter Akteure füllen und den Rest verarmt in die Zukunft schicken.

Kania und Nikul befanden sich bereits lange vor der erwarteten Zeit an Ort und Stelle und trafen nötige Vorbereitungen. Da sie in der Gegend weder Waffen noch Ausrüstung tragen konnten, versteckten sie eine Hand voll kleiner handlicher Kampfmittel an unübersichtlichen Stellen. Mittlerweile warteten sie seit über einer Stunde auf das eintreffen von Ilias und dem Pharosianer. Nikul hätte am liebsten sofort das Anwesen des Mannes auf den Kopf gestellt und nach Arya gesucht. Kania war aber in der Lage ihn mit guten Argumenten davon abzuhalten und auf Kurs zu bringen. Ilias unüberlegt aufzuscheuchen, ohne zu wissen, wo Arya genau festgehalten wird, würde das junge Mädchen vielleicht ihr Leben kosten.

Beide hatten nichts außer Badekleidung an und Kania bewegte sich mit gemächlichen Schwimmzügen durch das heiße Wasser des Geysirs. Sie hatte völlig vergessen, wie wohltuend solche salzhaltigen Quellen für ihren Körper waren. Sie genoss das Warten trotz einer gewissen Anspannung.

Nikul hingegen gewann der hohen Hitze nichts ab und wirkte ungeheuer angespannt. »Und du meinst, du kannst sie auch ohne deine Maske unbemerkt belauschen?«

»Salrin ist gut darin mir solche Arbeit abzunehmen, ich bin aber nicht von ihr abhängig. Meine Ausbildung umfasste auch Spionageaufträge. Außerdem sind meine Sinne durch die Verbindung zu Salrin auch ohne die Maske den meisten Menschen überlegen.« Kania zog sich mit einer Hand voll Schwimmbewegungen wieder neben ihren Gefährten und bemerkte seinen Blick auf ihrem nackten Rücken.

»Wir müssen Arya retten. Es darf nichts schief gehen. Weißt du, was ich dir nie erzählt habe?« Er zögerte etwas und sie warf ihn mit offenen Augen einen fordernden Blick zu. Was denn? »Damals im Wald. Als die Mistkerle aus Pharos dich überwältigt haben und ich die anderen besiegt habe. Ich wollte abhauen und dich zurücklassen. Es tut mir leid ... ich würde so etwas nie wieder tun. Aber ich kannte dich damals kaum und war wütend wegen der ... Geschichte in der Taverne.«

Kania wusste nicht so richtig wie sie mit dieser Offenbarung umgehen sollte. Damals war sie wütend, dass Nikul zurückkam, um sie zu retten, und sich damit in Gefahr brachte. Aber ohne es zuzugeben, berührte es sie damals auch tief im Inneren. »Du bist wichtiger als ich. Von dir hängt alles ab. Du hättest das Richtige getan.«

»Ich schäme mich dafür. Hör auf, zu sagen ich sei wichtiger als du. Auf jeden Fall hat Arya mir damals klar gemacht, dass ich nach dir suchen muss. Sie hat dir wahrscheinlich das Leben mindestens genau so sehr gerettet wie ich.«

Kania senkte ihren Kopf und schwieg eine Zeit lang. Sie erwiderte nichts und nickte Nikul nur zu. Das junge Mädchen hatte unglaublichen Mut bewiesen und ist Kania in den letzten Tagen im Anwesen ans Herz gewachsen. Wenn nichts Wichtigeres zu erledigen war, hatten sie die Zeit zu dritt Brettspiele gespielt, sich über Aryas Bücher unterhalten oder im Garten mit Schlägern verschiedene Ballspiele geübt. Selbst Yames hatte an einem Abend mit ihnen am Tisch gesessen. Das Mädchen ist Kania genauso ans Herz gewachsen wie Nikul und er musste sie nicht überzeugen, alles für ihre Rettung, zu unternehmen.

The Fredgar Chronicles: Rise of the VodrugWhere stories live. Discover now