《8》

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《 Viktor | 8 》

Ein alter Mann mit sich kräuselnden altersgrauen Haaren und ausgebleichter aschfahler Robe wanderte durch die Sümpfe im Norden Fredgars. Seinem Gesicht war das Alter unmittelbar anzusehen. Tiefe Falten, buschige weiße Augenbrauen und tiefe Augenringe verzierten Viktors Gesicht. Trotz der gebrechlichen Erscheinung trugen ihn seine Beine mit zügigen und kraftvollen Schritten in die Richtung einer Gruft. Um ihn herum war das sumpfartige freudlose Gelände mit abgestorbenen Bäumen und braunen Grasbüscheln für Normalsterbliche kaum einladend.

Es gab Menschen, die in kleineren Dörfern das Leben im Sumpfgebiet meisterten, jedoch nicht viele. Graue Wolken verdüsterten den Himmel als Viktor am Eingang zur Gruft ankam. Tausende Bücher aus den tiefsten und ältesten Abteilungen der Bibliothek von Haynes sowie hunderte Expeditionen haben ihn nun an diesen Ort geführt. Aus einem abgenutzten braunen Reisebeutel, der um den Rücken des alten Mannes geschnallt war, holte Viktor ein kleines dunkles Plättchen heraus. Sein Blick schweifte ehrfürchtig über die Inschrift auf dem Plättchen hinweg. In der dreieckigen Form des Objekts besagte die Inschrift »Vernetzt durch Blut. Erweckt durch Erbe.« Die eingravierten Schriftzeichen konnte nur übersetzen, wer vor langer Zeit zu den Großmeistern der Bibliothek gehört hat und die alten Schriften studierte.
Viktor war in der Lage, sie zu lesen und hoffte, dass es sich um den von ihm vermuteten Schlüssel zur Gruft handelte.

Vor langer Zeit hatte er diesen Ort entdeckt und wurde von etwas zur Gruft gezogen, dass der Greis nicht beschreiben konnte. Rechts und links über dem Eingang zur Gruft thronten Götzen aus dunklem Marmor. Sie sollten Ruris und Dhagaris, die Götter des Königreichs, darstellen. Die Schrift unter diesen Götzen konnte selbst Viktor nicht entziffern. Behutsam legte er das Plättchen in eine dafür vorgesehene Lücke des Torbogens.
Zuerst schien das Gemäuer keine Reaktion zu zeigen, doch einige Atemzüge später, die Viktor wie eine ganze Lebensspanne vorkamen, klackerte ein Mechanismus. Der alte Mann verwarf den Gedanken sein Blut auf das Plättchen zu schmieren, um es zu aktivieren, denn schwarze Nebelschwaden taten sich aus dem Inneren auf, als hätten sie auf die Öffnung des Torbogens gewartet.
Sie zwängten sich geradezu durch dem kleinen Schlitz der Tür und stiegen an Viktor vorbei in den Himmel. Er atmete tief ein und aus, seine faltige Hand drückte gegen die Tür. Ich habe es gefunden... nach so langer Zeit. Es gab keinen Zweifel daran, dass er am richtigen Ort war. Alles fügte sich zusammen. Die Gruft führte nach unten, es gab keine Anzeichen von Leben. Keine Spinnen, Insekten, Asseln oder Ähnliches. Trotzdem kam ihm ein unbarmherziger Gestank entgegen.
Rechts und Links am Gang leuchteten Fackeln mit schwarzem Feuer an der Wand. Fackeln, die womöglich bereits seit tausenden von Jahren leuchteten.

Das Feuer gab keine Wärme ab, erleuchtete jedoch auf irgendeine Weise den Gang mit düsterem Schimmern. Auch wenn Viktor neugierig war, traute er sich nicht, das Feuer mit einem Gegenstand zu berühren. Wenn man das, was dort brannte, überhaupt Feuer nennen kann. Ohne Zweifel hatte der Greis den richtigen Ort gefunden. Die Treppen waren im Gegensatz zur äußeren Fassade der Gruft wie neu. Als wäre das Innere erst gestern erbaut worden. Die Mauern waren kahl und hatten weder Schmuck noch Inschriften.

Viktor folgte langsam und vorsichtig der Treppe bis tief in die Gruft. Er hatte an diesem Ort kein Zeitgefühl, aber es kam ihm so vor, als wären Stunden vergangen, nachdem er das Ende des Ganges erreichte. Etwas Bedrohliches flüsterte ihm direkt in seinen Verstand. Noch ein kleines bisschen ... Bald hast du es erreicht. Der Sog in seinem Inneren wurde stärker und die Tür leistete keinen Widerstand, als Viktor sie aufstieß. Acht Fackeln erleuchteten den Raum vor ihm. Zwei an jeder Wand sowie zwei an der Tür. In der Mitte des Raumes stand eine schüsselförmige, aus olivgrünem Stein bestehende Vorrichtung auf einem Podest. Um das Podest herum bildete sich ein zirkelförmiger Kreis mit ineinander verschlungenen in den Boden eingearbeiteten Symbolen. Einige davon konnte er entziffern.

Lösung. Preis. Weg. Hoffnung. Mauer. Eingang. Flucht. Den meisten Zeichen konnte Viktor jedoch keine Bedeutung zuordnen. Der letzte Teil des Puzzles... endlich.

Er hatte einen Großteil seiner Lebenszeit darauf verbracht, diesen Ort zu finden und wollte gerade umkehren, um sich wieder auf den Weg nach Haynes zu machen. Um zu berichten. Aber der Sog zum Altar wurde schlagartig zu einem Zerren tief in Viktors Seele. Viktor drehte sich wieder um und ging mit langsamen Schritten zu der schüsselförmigen Vorrichtung. Er legte eine Hand vorsichtig auf den kalten Stein. Viktor's Welt wurde dunkel und er verlor sich.

The Fredgar Chronicles: Rise of the VodrugWhere stories live. Discover now