《 29 》

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 《 Kania | 29 》

»Sie wacht auf!« Die Stimme eines jungen Mädchens. Kania sah verschwommen in die Decke aus grauen Steinen. Alles drehte sich und ihr Körper rebellierte. Sie war kaum in der Lage ihre Gliedmaßen zu bewegen, fühlte dabei aber keinerlei Schmerz. Im Gegenteil, die Welt um sie herum war kuschelig und warm. So musste sich das Paradies anfühlen.

»Kania? Wie geht es dir?«

Sie spürte etwas auf ihrer Schulter. Eine Art Hand. Oder eine Feder? Die Wölfin gab sich Mühe mit ihren Lippen Worte zu formen. Sie stammelte:

»W...wo, b...b...bin?«, mehr brachte sie nicht heraus. Sprechen war viel zu schwer und sie fühlte sich so unglaublich wohl. Ihre Lider fielen zu und sie träumte von ihrer Hündin Nina.


Einige Stunden späte erwachte Kania erneut. Dieses Mal erlebte sie das Erwachen wie einen Ausflug in die Hölle. Alle Muskeln und jeder Zentimeter ihrer Haut brannte. Der Schmerz trieb ihre Müdigkeit in Windeseile hinfort. Verschwommen sah Kania, dass sie einen dunkelgrünen Schlafanzug trug. Sie setzte sich auf und krächzte.

»Langsam, du hast viel durchgemacht. Wir haben die Schmerzmittel reduziert. Wenn du aber welche benötigst und noch schlafen willst ... «

Sie erkannte Nikuls Stimme und fing an zu begreifen, dass sie sich in der Realität befand. Ich lebe. Ihre Sicht wurde schärfer und zeichnete ein Bild von Nikul. Er sah erholt und bestens versorgt aus. Sein Bart war gestutzt, die langen Haare auf Nackenhöhe gekürzt. Wir leben. Ihre Stimme klang trocken:

»Leben wir wirklich noch?«, sie sah in die saphirblauen Augen des Vodrugs und nahm sein Lächeln wahr. »Wo sind wir?« Kania tat sich schwer den Blick von Nikul abzuwenden, sah aus dem Augenwinkel jedoch ein herrschaftlich eingerichtetes Zimmer. Sie nahm erst jetzt wahr, dass sie in einem viel zu großen Himmelbett lag.

»Ja, wir leben noch. Es tut mir so leid... «, sie fühlte seine warme Hand auf ihrer Wange. »Ich habe dich fast umgebracht.«

»Ich habe eher den Eindruck, dass du uns gerettet hast.« Sie legte ihre Hand auf seine und spürte, wie jeder Muskel sich dagegen wehrte, den Bewegungen zu folgen. »Mach dir keine Vorwürfe. Wir leben. Das ist alles, was zählt. Wo sind wir? Und was ist mit Arya?« Sie fing an, sich immer detaillierter zu erinnern. Die heißen Quellen, der Verhör von Ilias, das überraschende Auftauchen von Eldgar und die eiskalte Dunkelheit um ihre Gliedmaßen.

»Arya geht es gut. Sie saß drei Tag bei dir und schläft jetzt. Du musst dich erst einmal erholen. Es war verdammt knapp.« Er zögerte etwas und wirkte nachdenklich. »Es war viel zu knapp. Schon das zweite Mal. Ich hätte mir nie verzeihen können, wenn ich ...« Ihm fehlten die Worte, um den Satz zu beenden. Stattdessen sah er sie nur an und schwieg.

»Wir haben beide überlebt. Das ist alles, was zählt. Und jetzt erzähl mir verdammt noch mal, wo wir sind und was geschehen ist. Sonst sammel ich meine Kraft, um es aus dir raus zu prügeln.« Sie umfasste dafür sein Handgelenk und drückte stark genug zu, um Unwohlsein zu verursachen. Eine Untermalung ihrer Drohung.

Den Einschüchterungsversuch mit einem kurz aufflackernden Grinsen quittierend fing Nikul an sie über alles, was in den letzten Tagen geschah, aufzuklären. Kania erfuhr, dass sie von den Heilern Lord Belltons gerettet wurde, man Arya befreit hat und Nikul dafür sein Geheimnis mit dem Herren von Varis teilte. Die in grünen Roben gekleideten Magier kämpften zwei Tage lang um ihr Leben. Es war auf Messers Schneide, doch schlussendlich waren sie in der Lage sie zu stabilisieren. Am dritten Tag heilten sie Kanias oberflächliche Wunden und Narben. Nur die Überbleibsel der Peitschenhiebe waren zu alt und zu tief, um ohne Weiteres restauriert zu werden. Mittlerweile sind also vier Tage vergangen. Nachdem Nikul sie auf den Stand der Dinge brachte, knurrte Kanias Magen wie ein wütender Drache durch den Raum.

The Fredgar Chronicles: Rise of the VodrugWhere stories live. Discover now