3. Kapitel - Tee gegen Liebeskummer

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Stechender Schmerz breitete sich rund um mein Herz aus und brachte mich fast zum Ersticken. Ich fühlte mich leer, allein, einsam. Ich war allein und einsam. Was sollte ich jetzt noch mit meinem Leben anfangen? Ich steckte schon wieder irgendwo fest, wo ich nie hatte sein wollen. Der Typ, bei dem ich das erste Mal echte Gefühle entwickelt hatte, hatte mich verraten und sah mich nun an, als wären wir nie mehr als Fremde gewesen. Ich wusste immer noch nicht wo meine Eltern steckten und auch so hatte ich immer noch keine Ahnung was in der nächsten Zeit mit mir passieren sollte. Die Ereignisse überforderten mich so sehr, dass mir Tränen in die Augen stiegen. Ich ließ es für einen Moment zu, denn ich glaubte allein zu sein. Als dann aber plötzlich ein zartes Mädchen, mit langem, fast Silber schimmerndem Haar vor mir stand, wischte ich sie panisch weg. Verkrampft lächelte ich ihr entgegen und hoffte sie hatte meine nassen Augen nicht mitbekommen.

„Hi, du musst Sam sein", sagte sie mit engelsgleicher, hoher Stimme. Wortlos nickte ich.

„Ich bin Linn. Freut mich dich kennenzulernen." Lächelnd reichte sie mir die Hand und deutete dann auf eine große, mit Kissen und Decken überflutete Couch. Unbeholfen reichte ich ihr die Hand und setzte mich dann, immer noch unfähig ein Wort herauszubekommen.

„Wie geht es dir?", fragte sie ruhig und setzte sich neben mich.

„Gut", entgegnete ich nur und mied dabei angestrengt den Blickkontakt. Es ging mir alles andere als gut, aber das konnte ich ihr schlecht sagen. Für einen Moment hatte ich geglaubt, dass es gut sein würde eine Zimmernachbarin zu haben. Jetzt war ich mir da nicht mehr so sicher. Das bedeutete man konnte nicht zu jeder Zeit weinen, ohne dass man sich erklären musste. Und im Moment fühlte es sich so an, als wäre weinen das Einzige, was ich überhaupt noch konnte.

„Oh nein, was für eine blöde Frage", begann sie und machte kurz eine Pause, bis ich ihr flüchtig in die blauen Augen sah.

„Natürlich geht es dir nicht gut. Wie blöd von mir, tut mir leid..."

„Alles gut, ich komm schon klar", unterbrach ich sie schnell und kämpfte gegen die aufkommenden Tränen an. Egal was sie jetzt sagte, es würde meine Gefühle zwangsläufig zum überlaufen bringen.

„Nein, ist schon gut. Komm her." Fürsorglich zog mich Linn in ihre Arme und drückte mich fest an sich. Nach außen sah das vielleicht übergriffig und übertrieben aus. Aber in diesem Moment war es genau das, was ich brauchte. Linn gab mir von der ersten Sekunde an das Gefühl, dass sie sich ernsthaft um mich sorgte. Aus welchem Grund auch immer. Ihre Umarmung war angenehm. Ich fühlte mich weder überrumpelt, noch unwohl. Stattdessen gab sie mir mit ihrer ruhigen, ausgeglichenen Ausstrahlung einen Moment Ruhe. Und in diesem Moment überrollten mich die Gefühle. Tränen rannen meine Wangen hinunter. Ich schaffte es nicht mehr sie zurückzuhalten. Aber das war auch nicht mehr nötig. Ich wusste, dass es in ihrer Gegenwart okay war. Mehr noch, in ihrer Gegenwart fühlte es sich seltsam gut an, meinen Gefühlen freien Lauf zu lassen, ohne dabei Angst haben zu müssen, sie könnte schlecht von mir denken. Linn streichelte mir behutsam über den Rücken und drückte mich noch etwas fester an sich. Für einen Moment konnte sie mir die Geborgenheit geben, nach der ich mich so verzweifelt sehnte. Aber schon einen Augenblick später rannen die Tränen noch schneller meine Wangen hinunter und das beklemmende Gefühl in meiner Brust kam zurück. Warum hatte mir Jayden das nur angetan? Wie hatte er das überhaupt machen können? Wie war es möglich, dass er das alles nur gespielt hatte? Konnte man wirklich so überzeugend vortäuschen, dass man verliebt war? Konnte man wirklich so gut diese intensiven Emotionen vortäuschen? Konnte man das?!

„Es ist Jayden, richtig? Alles ist scheiße, ich weiß, aber es ist vor allem Jayden, richtig?" Verwirrt sah ich sie an und löste mich aus ihrer Umarmung, die mich in den letzten Sekunden angefangen hatte zu überfordern. Woher wusste sie von Jayden? Warum war sie sich sicher, dass er der Grund für dieses elendige Gefühl war, das sich durch meinen ganzen Körper zog?

Zufälle gibt es nicht! (2. Teil)Donde viven las historias. Descúbrelo ahora