47. Kapitel - Verständnis und Erkenntnis

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Nach der Stunde mit Mrs. Rutherford hatte ich eine Menge Fragen, Thesen und Gedanken dazubekommen, mit denen ich mich auseinandersetzen musste. Da war der Fakt, dass ich mit Jayden niemals diese Art von Beziehung führen würde, in der ich mich sicher fühlen könnte. Auf lange Sicht könnte er also nie der sein, der mich glücklich machen würde. Das hatte ich eigentlich schon lange gewusst, doch nach der Sitzung mit Mrs. Rutherford hatte ich erst begriffen, was das wirklich bedeutete. Wie schön sich einige Momente mit ihm auch angefühlt hatten, er würde nie Derjenige sein, der mich wirklich glücklich machen könnte.

Es war keine schöne Erkenntnis, aber Mrs. Rutherford hatte mir klargemacht, dass ich längst verlernt hatte mir meinem eigenem Wert bewusst zu sein und an mich selbst zu glauben. Ich hatte das zunächst gar nicht wahrhaben wollen, denn eigentlich war ja jedem bewusst, dass man sich selbst lieben und wertschätzen sollte. Denn, wenn man nicht mal an sich selbst glaubte, wie sollten dann Andere an einen glauben? Und, wenn man nicht mal seinen eigenen Wert kannte, wie sollten ihn dann Andere erkennen? Aber Jayden hatte das alles kaputt gemacht.

Er hatte mich glauben lassen, dass er das Beste war, das ich jemals bekommen könnte. Ich verstand immer noch nicht ganz, wie er das überhaupt geschafft hatte. Besonders, weil er mich so mies behandelt hatte. Aber durch ihn hatte ich tatsächlich geglaubt, dass ich niemals jemand Besseres finden könnte. Manchmal war ich mir nicht mal sicher gewesen, ob ich jemand so Tolles, wie ihn, überhaupt verdient hatte. Dabei hatte er mich doch von Anfang an nie überragend gut behandelt. Es war also weiterhin ein Rätsel für mich, wie er meine Glaubenssätze von: Eigentlich will ich keine Beziehung und mich nicht abhängig machen, zu: Ich werde nie wieder jemanden wie ihn finden, dabei brauche ich ihn doch, um glücklich zu sein, hatte verändern können.

Um meine Selbstliebe zu steigern und mir meinem eigenen Wert bewusst zu werden, hatte mir Mrs. Rutherford geraten positive Affirmationen zu verwenden. Ich sollte also Gedanken wie: Ich werde nie wieder jemand so Tolles finden, verbannen und mir stattdessen sagen: Ich bin es wert geliebt zu werden. Ich habe eine gute Beziehung verdient und ich habe es verdient gut behandelt zu werden. Am Anfang war mir das komisch vorgekommen. Ich meine wer sagte so etwas schon zu sich selbst? Das kam mir ein wenig wie Selbstverarsche vor. Aber ich hatte mir vorgenommen es auszuprobieren, vielleicht brachte es ja was. Wenn ich mich also wieder ein Mal in zu schönen Tagträumereien über Jayden erwischte, versuchte ich mir diese Sätze zu sagen. Wahrscheinlich war das der einzige Weg, mir in diesen Momenten klarzumachen, wie es mit ihm wirklich gewesen war und mir gleichzeitig zu sagen, dass ich ganz sicher etwas Besseres verdient hatte.

Weiterhin konnte ich sagen, dass das in der Theorie alles Sinn ergab. In der Realität konnten sich jedoch die schönen Erinnerungen gelegentlich durchsetzen und das, obwohl ich mir jedes mal die positiven Affirmationen sagte und mich daran erinnerte, was Jayden mit mir gemacht hatte. Emotional hatte ich mich natürlich weiterhin nicht von ihm gelöst. Aber nach zwei Tagen, in denen ich versucht hatte meine Glaubenssätze zu verändern, war das wohl auch nicht weiter verwunderlich. Mrs. Rutherford hatte selbst gesagt, dass das Verändern innerer Glaubenssätze Zeit und Geduld brauchte. Motivieren sollte mich die Vermutung, dass das Verbessern meiner Glaubenssätze auch das Wirken meiner Magie einfacherer machen würde. Denn das Gesetz der weißen Magie besagte, was auch immer man sich vorstellen konnte, würde wahr werden. Somit sollte es einleuchten, dass man bessere Chancen bei dieser Form der Magie hatte, wenn man an seine Fähigkeiten glaubte. Es lag also immer noch ein riesiger Haufen Arbeit vor mir. Wenigstens hatte ich jetzt an Verständnis und Erkenntnis gewonnen und konnte endlich anfangen diesen riesigen Haufen kleiner werden zu lassen.

Ein anderes Problem war Maliee. Unser großer Streit war nun schon vier Tage her und ich hatte seitdem kein Lebenszeichen von ihr gehört. Gelegentlich spielte ich mit dem Gedanken ihr zu schreiben. Aber ich setzte den Gedanken nie in die Tat um. Mrs Rutherford hatte mir den Ratschlag gegeben zu hinterfragen, ob ich das, was Andere mit mir machten, auch tun würde, wenn es andersherum wäre. Wenn ich diese Frage auf Maliee bezog, dann konnte ich das ganz klar mit Nein beantworten. Niemals hätte ich sie so unfair behandelt. Ich war auch genervt davon gewesen, dass sie mir nie hatte richtig sagen können, was bei ihr eigentlich los war. Ich hatte mir deshalb so viele Gedanken und Sorgen gemacht. Ich hatte mich ja nicht mal beschwert, als sie nach der Trennung mit Henry für mehrere Tage untergetaucht war. Somit war es wohl in Ordnung darauf zu warten, dass sie sich zuerst meldete oder? Vorerst zumindest. Vielleicht hätte ich mich längst bei ihr gemeldet, wenn ich nicht so viele andere Dinge zutun hätte. Wenn ich bald einen ruhigen Moment hätte, vielleicht würde dann von ganz alleine das Bedürfnis aufkommen, mich wieder bei ihr melden zu wollen. Bis dahin beschloss ich dieses Problem aufzuschieben. Ich musste nicht ständig Diejenige sein, die allen hinterherlief und die versuchte es Anderen Recht zu machen. Wahrscheinlich würde Maliee zu diesen Gedanken sagen, dass ich wieder einmal zu egoistisch sei und, dass ich keine gute Freundin sei, weil ich mir keine großen Sorgen machte, aber ich versuchte mir einzureden, dass mir das egal war.

Zufälle gibt es nicht! (2. Teil)Where stories live. Discover now