16. Kapitel - Alleine glücklich sein?

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„Was kann ich tun?", fragte Michelle, als wir auf dem Weg nach unten waren. Ich starrte an ihr vorbei und zuckte mit den Schultern. Sie konnte nichts tun. Das war ja das Problem, sonst hätte ich vielleicht schon früher versucht mit ihr zu reden.

„Ich will, dass es wieder wie früher wird."

„Das will ich auch", entgegnete ich geistesabwesend. Ich merkte selbst wie monoton und gefühllos meine Antworten waren. Ich fing an mich zu fragen warum sie das waren, obwohl ich mich nicht mal bemühte, sie so klingen zu lassen.

„Das ist doch gut." Wieder zuckte ich nur mit den Schultern.

„Ich hätte früher von Jayden's Auftrag erzählen sollen. Oder ich hätte mir wenigstens irgendwas einfallen lassen sollen, dass du dich vielleicht doch von ihm ferngehalten hättest." Dieses Mal schüttelte ich den Kopf.

„Nein, du hast schon das getan, was du machen konntest. Wahrscheinlich wäre ich früher oder später sowieso hier gelandet. Irgendwie ist es ja auch gut, dass ich hier bin."

„Also bist du nicht mehr wütend auf mich?", fragte Michelle hoffnungsvoll und schaute noch auffälliger in meine Richtung, sodass ich sie wenigstens einen Moment lang ansehen musste. Aber auch in diesem Moment fühlte ich nichts. Es war mir nicht unangenehm ihr in die Augen zu sehen. Ich fühlte mich nicht schlecht, weil ich sie ignoriert hatte, ich fühlte keine Eifersucht mehr, wenn ich daran dachte, dass Jayden sie geliebt hatte und mich nicht. Ich fühlte einfach nichts. Aber warum?

„Nein, ich war nie wirklich wütend", entgegnete ich mit fester Stimme... wünschte aber im nächsten Moment, ich hätte das für mich behalten. Obwohl meine Gefühle im Moment sehr neutral waren, gab es mir ein beunruhigendes Gefühl Michelle erzählen zu müssen, dass mich die ganze Sache eigentlich nur verletzte und, dass ich keine Ahnung hatte wie ich damit umgehen sollte, weil ich mich jetzt für immer mit ihr vergleichen würde.

„Wenn du nicht wütend bist, was bist du dann?"

„Nichts", log ich, aber natürlich ließ Michelle nicht locker. Sie blieb stehen, drehte sich zu mir um und zwang mich ihr in die Augen zu sehen.

„Was ist es dann? Sam, ich hab dich echt gerne, ich will das wieder hinkriegen. Also sag mir was ist, damit ich was machen kann."

„Du kannst nichts machen." Verwirrt starrte sie mich an, während ich ihr gefasst in die Augen sah. Jetzt verstand ich, warum ich so gelassen und gefühlskalt war. Ich hatte mit der Sache längst abgeschlossen. Für mich gab es nichts, das Michelle oder ich tun könnten, um unsere Freundschaft wieder hinzubekommen. Ich hatte wortwörtlich damit abgeschlossen, einfach weil es keine Lösung gab. Nur sah Michelle das ganz anders:

„Natürlich, man kann immer was machen."

„Aber in diesem Fall nicht!", antwortete ich überzeugt und versuchte mich bei ihr vorbei zu drängeln. Unser Gespräch machte keinen Sinn mehr. Es war Zeitverschwendung. Anstatt ihr immer wieder zu sagen, dass sie nichts machen konnte, könnte ich mich im nächsten Unterrichtsraum nach einem guten Platz umsehen und vielleicht sogar neue Kontakte knüpfen. Aber Michelle ließ nicht locker, packte mich fest an beiden Schultern und sah mich nun noch eindringlicher an.

„Sag es mir trotzdem, vielleicht habe ich eine Idee." Ich verdrehte leicht die Augen und atmete genervt aus. Es gab keine Lösung und ich wollte auch nicht länger über eine Lösung nachdenken. Es war eben scheiße gelaufen und jetzt musste ich damit leben. Viele Freunde kommen und gehen eben. Michelle war mir einige Zeit eine wirklich gute Freundin gewesen, aber vielleicht war unsere Zeit einfach vorbei.

„Was soll ich dann tun? Dich alleine lassen?", fragte Michelle aufgebracht, nachdem ich ihr keine Antwort gegeben hatte. Ich zuckte die Achseln. Ja, vielleicht sollte sie mich einfach alleine lassen. Eine bessere Lösung fiel mir nun mal nicht ein.

Zufälle gibt es nicht! (2. Teil)Where stories live. Discover now