13. Kapitel - Meditation

37 7 0
                                    

Ich stellte gerade die Überbleibsel meines Frühstücks in den Restewagen, als Michelle hinter mir auftauchte. Mit größerem Abstand, als sonst, stand sie neben mir und sagte kein Wort. Ich sah nur zögernd zu ihr auf, wobei ich mir ein Lächeln verkneifen musste, weil ich das aus reiner Höflichkeit immer tat, auch wenn es manchmal unangebracht war. Wir starrten uns einen Moment lang an und sagten nichts. Als ich mein Essen abgegeben hatte, lief Michelle schweigsam los und ich folgte ihr. Nicht mal ein „Hey" oder „Guten Morgen" war uns über die Lippen gekommen. So verdammt seltsam war es zwischen uns. Das Schweigen war mir unangenehm. Denn ich wusste sie schwieg nur, weil sie nicht wusste, ob ich ihr überhaupt antworten würde. Aber das würde ich, das müsste ich ja früher oder später sowieso. Ich hatte es so verstanden, dass wir auch noch die gleichen Kurse belegten. Zumindest heute. Und das bedeutete, dass ich mit ihr reden müsste. Sie mit Schweigen zu bestrafen war vielleicht auch nicht die beste Wahl. Jayden hatte mich schließlich nicht mit ihr betrogen. Allgemein konnte Michelle herzlich wenig für die Gesamtsituation. Sie war mit ihm vor mir zusammen gewesen. Wahrscheinlich glaubte Michelle, dass ich sauer auf sie war, weil sie mir nicht gesagt hatte was Jayden mit mir vorgehabt hatte. Aber deswegen war ich nicht sauer. Eigentlich war ich überhaupt nicht mehr sauer. Ich konnte es nur einfach nicht ertragen, dass er sie wirklich geliebt hatte, dass ausgerechnet sie dieses besondere Mädchen gewesen war. Das war alles und dafür konnte Michelle auch nichts. Wahrscheinlich hatte sie keine Ahnung, dass das der wahre Grund für mein Ignorieren ihrer Textnachrichten gewesen war.

Weil wir uns ja nicht ewig anschweigen konnten und weil sie wirklich bedrückt aussah, überwand ich mich dazu sie zu fragen, wie es ihr ging. Nachdem ich diese Frage über die Lippen gebracht hatte, spürte ich Unbehagen, wie ich es schon sehr lange Zeit nicht mehr gespürt hatte. Die Situation war verdammt unangenehm und ich wusste nicht, wie ich damit umgehen sollte. Hätte ich doch bloß nie erfahren, dass Michelle und Jayden eine Vergangenheit hatten, dann wäre alles so viel einfacher. Michelle war dankbar für mein Versuch eine Konversation zu starten und lächelte mir unsicher entgegen, während sie ein „Gut Danke und dir?", zwischen ihren Lippen hervor presste.

„Auch gut." Innerlich seufzte ich. Fragen für ein fortlaufendes Gespräch fielen mir nicht ein und wenn ich welche gehabt hätte, hätte ich sie auch nicht stellen wollen. Also legte sich wieder ein noch unangenehmeres Schweigen über uns, während wir das Hauptgebäude verließen und zu dem Gebäude kamen, das den untersten Teil des U-förmigen Komplexes bildete. Mein Unbehagen wurde aushaltbar, als wir durch die große Schülermasse liefen und unser Schweigen von den Gesprächen zahlreicher Schüler übertönt wurde. Der Gang erschien mir endlos und wir folgten ihm eine halbe Ewigkeit.

Auf dem Weg kamen uns verschiedene Gruppen junger Magier entgegen, die, wie in den typischen Highschool Filmen, ganz klar vom Rest der Masse zu unterscheiden waren. Nur waren es an der Schule des Weißen Ordens nicht klischeebehaftete Gruppen, wie die Beliebten, die Sportler und die Musikfreaks. Stattdessen liefen hier Leute herum, die man definitiv als Hippies oder Freigeister bezeichnen könnte. Dann gab es junge Typen und Mädchen, die ausschließlich und sehr fein in Schwarz gekleidet waren. Sie schüchterten einen nicht nur durch die ihre dunkle Kleidung ein, sondern auch durch ihr selbstbewusstes Auftreten. Das Gleiche gab es in Weiß, nur dass diese Magier freundlichere Gesichter machten und mir gelegentlich sogar ein Lächeln schenkten. Manchmal entdeckte ich Magier, die mit ein oder zwei Teilen von dem Dresscode „Weiß", abwichen, jedoch trotzdem zu der weiß gekleideten Gruppierung gehörten, wie mir Michelle bestätigte.

An dieser besonderen Schule gab es aber auch Leute, wie Linn, die mit unzähligem Kristallschmuck und weiten, wie selbstgestrickten Klamotten rumliefen. Sie waren den Hippies ähnlich, aber sie unterschieden sich trotzdem klar von ihnen. Als letztes entdeckte ich Magier, die überwiegend in entweder roten, blauen oder grünen Klamotten steckten. Wofür die Farben wohl standen? Vielleicht für die vier Elemente? Aber wo war die vierte Farbe?

Zufälle gibt es nicht! (2. Teil)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt