55. Kapitel - Elfen und sichere Bäume?

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Der Aufbau des Arbeitsblattes erinnerte mich an frühere Deutschkurse, die ich belegt hatte. Es gab einen langen Text, mit der Aufgabenstellung und daneben waren Kästchen in denen Merksätze oder Erklärungen zu bestimmten Begriffen standen. In meinem Fall gab es drei Kästchen mit Extraerklärungen. In dem ersten Kasten stand:

„Gute Elfen unterstützen unsere Magien. Benutzen wir Bäume mit guten Elfen, haben wir eine große Chance, dass unsere Magien funktionieren. Bäume mit guten Elfen erkennen wir an den Baumrillen, die nach oben führen." Neben diesem Merksatz war ein Bild in schwarz-weiß, auf dem die Rinde eines Baumes abgebildet war. Ich starrte eine Weile auf das Bild und versuchte zu erkennen, dass diese Baumrillen nach oben führten. Es war schwer irgendwas zu erkennen, denn einerseits war das Bild nur in schwarz-weiß und andererseits rannte ich immer noch Ruby und Nancy hinterher, die ihr Tempo immer noch nicht gedrosselt hatten. Nachdem ich das Bild etwa drei Minuten angestarrt hatte, redete ich mir ein, dass ich sah, wie die Baumrillen nach oben führten. Im zweiten Merksatz stand:

„Böse Elfen kehren unsere Magie um. Sie verhindern das Gelingen unserer Vorstellungen und Absichten und kehren unsere Wünsche um. Nutzt man die Kraft der Bäume für seine Energie, ist es von äußerster Wichtigkeit zwischen Bäumen mit guten und bösen Elfen zu unterscheiden. Bäume mit bösen Elfen erkennt man daran, dass die Baumrillen nach unten führen." Ehrlich gesagt klang das sehr beängstigend. Wenn ich tatsächlich mal Bäume für meine Magie benutzen wollte, dann müsste ich mir wirklich sicher sein, dass ich einen Baum mit guten Elfen erwischt hatte. Das klang total bescheuert, aber hier schienen das alle wirklich ernst zu meinen. Es fiel mir schwer an diese seltsamen Elfen zu glauben, aber ich wollte es lieber nicht riskieren und versuchte daher krampfhaft den Unterschied zwischen der ersten Baumrinde und der zweiten Baumrinde zu erkennen. Als ich die beiden Bilder jetzt verglich, musste ich mir aber eingestehen, dass ich nicht wirklich einen Unterschied sah.

Elfen, ich rannte wirklich durch den Wald und suchte nach Elfen. Hätte man mir das vor einen halben Jahr gesagt, hätte ich mich über diese Aussage prächtig amüsiert. Jetzt war auch noch die Frage, sah man diese Elfen eigentlich? Oder ging es hier womöglich um etwas ganz Anderes? Vielleicht verstanden die Magier unter Elfen überhaupt nicht das, was ich verstand. Ich stellte mir darunter kleine Wesen, mit Flügeln und spitzen Ohren vor. Vielleicht aber waren Elfen in der Magierwelt auch Pflanzen mit guten und schlechten Energien oder Moos oder kleine Tiere? Was auch immer es war, ich war wirklich gespannt sie zu sehen. Im letzten Merkkasten war der Ort der Elfen erklärt:

„Bäume mit Elfen findet man abseits. Grundlegend befinden sich diese Bäume immer in Wäldern. Sie stehen jedoch nicht nah beieinander. Sie sind gut zu erkennen, da sie meistens in einem Radius von etwa vier Metern keinen anderen Baum in ihrer Nähe haben." Das Bild, das sich neben diesem Absatz befand, war das einzige, eindeutige Bild. Man konnte klar erkennen, wie ein Baum, inmitten eines Waldes, alleine dastand. Okay, wenigstens eins. Die Bäume, die von Elfen bewohnt waren, würde ich finden, aber ob das dann gute oder schlechte Elfen waren... das würden mir hoffentlich Ruby und Nancy sagen können. Jetzt verstand ich auch, warum Ruby und Nancy so schnell rannten. Sie mussten keine Zeit mit genauem Überprüfen der Bäume verbringen, weil es in diesem Wald anscheinend nur selten Bäume mit Elfen gab und man die von weitem wohl sehen würde. Ich packte den Zettel weg und holte zu den Mädchen auf. Beide waren sie in der Suche nach bewohnten Bäumen versunken. Ich lief ihnen also schweigend hinterher und verzichtete darauf weitere Fragen zu stellen, die sich in meinem Kopf immer wieder wiederholten. Wir liefen etwa noch zehn Minuten schweigend nebeneinander her, als ich eine Blick zu meiner rechten Seite warf. Ich musste zwei Mal hinsehen, aber dann, noch recht weit von uns entfernt, sah ich einen Baum, der abseits von den Anderen stand. Ich wurde richtig nervös, denn anscheinend hatten die Anderen den Baum gar nicht entdeckt und hätte ich nichts gesagt, wären sie wahrscheinlich an ihm vorbeigegangen. Denn Beide waren sie so in ihrem Suchwahn versunken, dass sie fast ausschließlich nur nach vorne sahen und darum bemüht waren, möglichst schnell vorwärts zu kommen.

Zufälle gibt es nicht! (2. Teil)Where stories live. Discover now