25. Kapitel - Freie Gedanken

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Während sich Linn in ihr Bett gekuschelt und ihre Zimmerseite dunkel gemacht hatte, hatte ich mich mit Zettel und Stift in mein Bett verkrochen. Im schummrigen Licht meiner Bettlampe versuchte ich meine Gedanken zu sortieren und aufzuschreiben. Ich starrte das Blatt Papier an... und hatte wieder keine Ahnung was ich aufschreiben sollte. Meine Gedanken spielten sich wieder in doppelter Geschwindigkeit ab und ich wusste wieder nicht wo ich anfangen sollte. Die Themen in meinem Kopf sprangen so unkontrolliert hin und her, dass ich kaum einen klaren Gedanken fassen konnte. Ich hatte es geschafft, ich würde es wieder schaffen. Jayden? Würde ich es auch im Unterricht schaffen? Würde ich es verheimlichen können? Jayden! Aber ich hatte es geschafft! Das fühlte sich gut an! Connor? Aber könnte ich es wirklich geheim halten? Was könnte ich jetzt noch alles zaubern? Linn war wirklich lieb. Was würde ich noch lernen? Jayden! Ich hatte alle Möglichkeiten oder? Liebeskummer - ein Witz. Wenn ich genug Übung habe, werd ich den Liebeskummer hinter mir lassen!

Ich fühlte mich so euphorisch und energiegeladen, dass ich wortwörtlich Bäume hätte ausreißen können. Dieses Gefühl war großartig und ich hatte mich nach dieser Glückssträhne und positiven Einstellung viel zu lange sehnen müssen. Linn tat mir wirklich gut. Nur leider kam meine Euphorie für meine letzte Aufgabe etwas ungelegen. Es waren so viele Gedanken, dass ich schon beim dritten Gedankengang wäre, wenn ich den ersten Gedankengang gerade mal zur Hälfte aufgeschrieben hatte. Ich seufzte. Ihm Moment fühlte ich mich nicht in der Lage meine Gedanken für den Meditationsunterricht aufzuschreiben. Nur hatte ich leider keine andere Wahl. Morgen hatte ich wieder Meditation, dieses Mal zwar im letzten Block, trotzdem würde ich es morgen zwischen den Unterrichtsblöcken nicht schaffen. Ich hatte auch keinen Freiblock und bevor ich wieder mit leerem Zettel vor Mr. Bennet stehen würde, musste ich mich ein letztes Mal zusammenreißen. Vielleicht sollte ich das mit der Mediation noch mal ganz für mich alleine ausprobieren. Ohne, dass ich mir blöd vorkommen musste und da ich eh so energiegeladen war, bestand auch nicht die Möglichkeit, bei der Mediation einzuschlafen.

Ich schloss also meine Augen und versuchte mich auf meine Atmung zu konzentrieren. Ich nahm tiefe Atemzüge und atmete durch den Mund wieder aus. Ich versuchte dabei meine Gedanken nur auf meine Atmung zu lenken, so wie ich es im Unterricht auch versucht hatte. Ungewollte driftete ich jedoch immer wieder ab und hörte einen Moment lang Linn's ruhigem Atem zu, lauschte dann dem leisen Windrauschen und ließ mich schließlich vom Zwitschern eines Vogels aus meiner Konzentration reißen. Als ich die Augen wieder aufschlug, fühlte ich mich eine Sekunde lang seltsam. Als müsste ich mich erst wieder daran erinnern, dass ich auf meinem Bett, in der Schule des Weißen Ordens, saß und, dass es eine Realität außerhalb meiner Gedanken gab. Als ich diesen Moment jedoch überwunden hatte, sah ich zum Fenster und hielt nach dem Vogel Ausschau. In der Dunkelheit konnte ich jedoch nichts erkenne. Hätte Linn nicht schon geschlafen, wäre ich aufgestanden und hätte das Fenster geöffnet. Da Linn aber längst im Land der Träume versunken war, blieb ich sitzen und versuchte mich wieder auf meine Aufgabe zu konzentrieren. Leise seufzte ich wieder. Meine Gedanken waren immer noch wirr, aber sie waren langsamer geworden. Ich merkte, wie mich der Großteil meiner energiegeladenen Gefühle verlassen hatte. Schade eigentlich, ich hatte diesen Motivationsschub wirklich genossen.

Ich blickte wieder auf mein Blatt und beschloss einfach mit dem Schreiben anzufangen. Dann kamen eben unsinnige Sachen dabei raus, dafür war diese Übung ja eigentlich auch gedacht. Ich startete also genau mit dem, das mir als erstes in den Kopf kam:

Ich verstehe noch nicht ganz den Sinn dieser Aufgabe und ich habe nicht das Gefühl, dass ich das richtig mache, aber wir haben es bereits... Ich warf einen Blick auf mein Handy ...22:30 Uhr und ich muss endlich fertig werden mit dieser bescheuerten Aufgabe. Okay wo fang ich am besten an. Jayden! Keine Ahnung warum der immer noch in meinem Kopf rumspukt und warum ausgerechnet dieser Name als erstes auftaucht, wenn ich mich frage worüber ich nachdenken soll. Vielleicht ist das sogar der Sinn dieser Aufgabe? Das Aufschreiben meiner Gedanken soll mir bewusst machen, worüber ich auch unterbewusst nachdenke, cool. Aber, dass ich ständig an diesen Vollidioten denken muss, wusste ich auch schon vorher. Na ja, jedenfalls was denke ich jetzt über ihn? Blöderweise tut er mir leid, wegen all dem, was mir Michelle über ihn erzählt hat. Über seine Lebensumstände, Familienumstände, einfach wegen allem irgendwie. Das ist ungünstig, denn ich habe die leise Befürchtung, dass es mir damit noch schwerer fallen wird über ihn hinwegzukommen. Trotzdem bin ich sauer auf ihn, so richtig sauer. Ich finde es gemein was er mit mir gemacht hat und was er mit anderen Mädchen tut und noch tun wird und trotzdem kann ich es leider irgendwie verstehen.

Zufälle gibt es nicht! (2. Teil)Where stories live. Discover now