71. Kapitel - Jayden 2

27 7 0
                                    

Die Lage Zuhause spitzte sich mehr und mehr zu. Es hatte angefangen mit den Kartoffeln, die ich zu spät nach Hause gebracht hatte und war mittlerweile so weit, dass wir befürchten mussten, er würde jeden Moment wieder gehen. Ich weiß nicht wie viel er wirklich trank, aber es wurde jeden Tag mehr und jeden Tag wurden die Probleme kleiner, die ihn zur Weißglut brachten. Neulich hatte er meine Mutter angeschrien, weil sie vergessen hatte sein Bier mitzubringen. Ich weiß nicht mal, ob sie es wirklich vergessen hatte oder ob sie es vergessen wollte. Doch so wie mein Vater im Moment wieder drauf war, erfüllte ihm meine Mom jeden Wunsch, nur damit er nicht ausrastete. Dann war er wütend geworden, weil er von meiner fünf in Bio erfahren hatte. Lächerlich, er scherte sich sonst einen Dreck um meine Noten. Bevor er mit dem Trinken angefangen hatte, hatte er immer gesagt, dass Noten nicht das Wichtigste im Leben seien. Waren sie auch nicht und was interessierte mich Bio schon? Den meisten Teil meiner Zeit verbrachte ich sowieso bei Janine, beziehungsweise um für Janine etwas zu erledigen. Aber davon wusste mein Vater nichts. Wenn er es wüsste, würde er nicht mehr aufzuhalten sein. Dann wüsste er auch, dass ich gar nicht sein Sohn war. Das ist wahrscheinlich das größte Geheimnis unserer Familie. Wüsste er die Wahrheit, würde das die Familie zerstören und am meisten wohl meine Mutter. Sie hat mir nie erzählt wer mein leiblicher Vater ist, aber ich nehme an, dass es einer ihrer früheren Affären sein muss. Das klingt vielleicht so als könnte man damit das Verhalten meines Vaters rechtfertigen, aber in Wahrheit war er schon immer ein Arschloch gewesen. Ich verstehe was meine Mom an ihm findet. Er kann charmant sein und wenn er will, gibt er einem das Gefühl etwas ganz Besonderes zu sein und als würde er nur für dich so liebevoll und fürsorglich sein. Als könnte das kein Anderer haben. Aber das ist Schwachsinn. In Wahrheit ist mein Vater das ganze Gegenteil von all dem. Meine Mom weiß das mittlerweile und trotzdem kommt sie nicht weg von ihm. Das ist erbärmlich und trotzdem kann ich sie verstehen. Wenn mein Vater vor einem steht, hat man keine Wahl. Man würde sich nicht trauen ihm zu widersprechen oder ihn sogar zu verlassen. Würde man es tun, wüsste er wie er einem einreden könnte, dass man den größten Fehler seines Lebens begangen hatte und dass man ohne ihn nie wieder glücklich werden würde.

Ich hatte keine Ahnung was diesen Abend auf uns zukommen würde. Aber die besorgte Nachricht meiner Mom, in der sie mich hilflos bat so schnell wie möglich nach Hause zu kommen, gab mir Anlass genug um Angst zu haben. Angst vor ihm und was er als nächstes tun würde.

Bevor ich das Haus betrat, musste ich ein paar Züge von meinem Joint nehmen. In Janines Gegenwart durfte ich unter keinen Umständen high sein, aber wenn es um meine Familie ging, war das das Einzige was mir half. Es machte mich nicht so high, dass ich keine Ahnung mehr hatte was ich tat oder sagte. Aber es machte mich so high, dass die Gefühle weniger wurden oder sie zumindest neutralisiert wurden. Als würde mir das Alles nichts mehr ausmachen.

Als ich die Tür aufschloss und in das Haus trat, wusste ich, dass dieses Mal etwas wirklich Großes passiert sein musste. Meine Mom ging unruhig auf und ab. Von meiner Schwester war nichts mehr zu hören. Meine Mom musste sie in ihr Zimmer gesperrt haben. Wenigstens sie musste sie vor der Gewalt meines Vaters schützen. Und dann trat mein Vater vor mich. Er baute sich wie ein Riese vor mir auf und sah mich mit diesem finsterem, betrunkenem Blick an, dass mir übel wurde. Sein Gesicht war ekelhaft aufgedunsen.

Obwohl ich noch etwas Abstand zu ihm hatte, roch ich den Alkohol sofort. Ich versuchte seinem Blick stand zu halten, er sollte nicht merken, dass ich Angst vor ihm hatte. Sein Blick war aggressiv, seine Augen leer und er bewegte sich so ruckartig, dass ich nicht mehr einschätzen konnte was er als nächstes tun würde. Seine Gesichtszüge waren schlaff und er blickte so benommen drein, dass man denken könnte, er würde jede Sekunde bewusstlos zur Seite umkippen. Aber das tat er nicht, er hatte den Pegel erreicht, dass jetzt auch nur eine falsche Bewegung ausreichte, damit er auf mich losgehen würde. Meine Mutter blieb hinter mir stehen und warf mir einen angsterfüllten Blick zu. Ihre verunsicherte Miene sagte alles. Mein Vater war kurz davor durchzudrehen und es war längst zu spät ihn aufzuhalten. Ich hatte mir tausend Ausreden parat gelegt, ich wusste was ich sagen musste, um ihn runterzubringen. Ich hatte das oft genug machen müssen. Aber jetzt war es schon längst zu spät und als ich sah wie er ein kleines Tütchen mit Gras in die Luft hielt und auf mich zu getaumelt kam, wurde mir ganz anders. Er hatte mein Gras gefunden. Ich war am Arsch, so richtig und ich hatte wieder einmal meine ganze Familie da mit reingezogen. Meiner Mutter war die Panik anzusehen, die sie nur wegen mir hatte. Meine Schwester war wieder in ihrem Zimmer eingesperrt und weinte sich wahrscheinlich in den Schlaf und mein Vater war wieder kurz davor uns zu verlassen. Alles wegen mir. Ich war so ein Idiot.

Zufälle gibt es nicht! (2. Teil)Where stories live. Discover now