72. Kapitel - Jayden 3

25 7 0
                                    

Als ich am nächsten Morgen aufwachte, fühlte ich mich leer. Ich hatte keine Kraft um aufzustehen. Ich wollte den ganzen Tag liegen bleiben und mich vergessen. Mein Leben vergessen, einfach alles.

Aber ich durfte mich jetzt nicht hängen lassen. Ich musste meiner Mom mit den Pferden helfen, jetzt wo mein Dad nicht mehr da war und ich durfte Janine nicht enttäuschen. Sie hatte mir in unserem gestrigen Gespräch den Auftrag gegeben Maya Wilson einmal gründlich kennenzulernen und zu durchleuchten. Ich hatte gestern Nachmittag damit angefangen, als sie mir zufällig im Bus begegnet war. Wie sie auf mich reagiert hatte, zeigte klar, dass mein Zauber bei ihr dir volle Wirkung entfacht hatte. Sie war schon allein bei meinem Anblick in so offensichtliche Verlegenheit geraten, dass sie knallrot geworden war und beschämt gelächelt hatte. Als ich dann angefangen hatte sie in ein Gespräch zu verwickeln, war sie völlig perplex gewesen und hatte kaum einen geraden Satz über die Lippen bringen können. Erst nachdem wir zusammen ausgestiegen und den Heimweg angetreten hatten, war sie ein wenig entspannter geworden. Um genau zu sein, war die Erwähnung unseres Reiterhofes der Icebreaker gewesen. Bei diesem Thema war sie richtig aufgetaut und hatte plötzlich sogar angefangen von ihren größten Träumen zu erzählen. Maya interessierte sich für Kunst, nur hatte sie Angst ihren Traum zu verfolgen, wie viele Leute. Das Kunstgeschäft war unsicher. Damit hatte sie recht, aber wer nicht aus seiner Komfortzone raustrat, würde nie sein echtes Glück finden. Ich hatte ihr von meinen früheren Träumen erzählt, nur hatte ich nicht erwähnt, dass sich die längst im Bereich des Unmöglichen befanden. Journalismus war für mich nicht drin. Ich war Janine's Handlanger und das war auch gut so. Ich wollte nichts Anderes mehr und irgendwann würde ich vielleicht sogar ihren Posten übernehmen.

Das Gespräch mit Maya war gut verlaufen und es sah so aus, als würde es nicht lange dauern, bis ich ihr Vertrauen gewinnen würde. Ich hatte unsere Verabschiedung mit Absicht etwas herausgezögert und Dinge gesagt und getan, mit denen ich ihr in Erinnerung blieb. Eine lange Umarmung und das Versprechen, dass ich mich auf sie freuen würde. Diese Sprüche und kleinen Aufmerksamkeiten funktionierten immer gut und der Zauber machte den Rest. Maya war eine so unsichere Person, dass ein paar meiner Spielchen ausreichten, damit sie mir alles erzählen würde. Ich wollte nicht wie mein Dad sein, aber was den Trick mit dem besonders Fühlen anging, nutzte ich gerne seine Strategie. Wenn man sich unerreichbar machte, dann fühlte sich die andere Person automatisch minderwertig. Wenn man ihr dann nur das geringste Bisschen an Aufmerksamkeit gab und sie denken ließ besonders zu sein, waren die Meisten so sehr von dieser Bestätigung geblendet, dass sie vergaßen wie unsicher es war sich mir anzuvertrauen. Blöd für sie, gut für mich.

Meine Motivation, mich aus dem Bett zu bewegen, war gleich null. Ich stand nur auf, weil ich musste. Janine und meine Mom durfte ich nicht enttäuschen. Ich verließ das Haus gegen halb neun, ohne Frühstück und machte mich auf den Weg zur Schule. Den ersten Block konnte ich ohne Bedenken schwänzen. Da hatte ich nur Musik, das war mir egal und auf Maya traf ich sowieso erst in der Mathestunde, die wir Beide im zweiten Block hatten. Vor der Schule traf ich mich mit ein paar Freunden. Mein Vater hatte gestern das letzte Bisschen Gras vernichtet und ich brauchte dringend Neues. Ich wollte mich ungern nüchtern in den Unterricht setzten. Was dort passierte interessierte mich einen feuchten Dreck.

Mit meinen Kumpels redete ich nicht viel über privaten Scheiß. Aber wenn man sagte, dass man eine harte Nacht hinter sich hatte, zögerte keiner von ihnen einem mit etwas Gras weiterzuhelfen. Sie gaben mir etwas ab, um die nächsten Stunden zu überbrücken, bis mein Dealer Zeit für mich hätte. Vor dem Unterricht rauchten wir einen Joint zusammen, ehe ich in den Unterricht verschwand. Eigentlich hätte es gereicht, wenn ich Maya nach der Schule abfangen würde, um sie wieder in ein Gespräch zu verwickeln. Aber umso öfter ich fehlte, desto misstrauischer würde sie werden und auch die Lehrer würden irgendwann unangenehme Fragen stellen und wenn ich die nicht beantworten könnte, würden sie meine Eltern kontaktieren. Das wollte ich nicht provozieren.

Zufälle gibt es nicht! (2. Teil)Where stories live. Discover now