14. Kapitel - Nichts denken - Das geht?

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Ich hatte mich seelisch und moralisch darauf eingestellt mal wieder erzählen zu müssen wer ich war, was ich hier machte und womöglich auch warum ich erst jetzt an die Schule gekommen war. Aber Mr. Bennet, Jacob Bennet wie ich später erfuhr, verschonte mich damit. Er stellte mich dem Kurs vor und fasste zusammen, dass es familiäre Probleme gegeben habe und ich deshalb verspätet an die Schule gekommen sei. Verspätetet war in diesem Zusammenhang sogar sehr verharmlosend. Mr. Bennet hatte mir kurz einen Einblick in die Schule und das Konzept dahinter gegeben, wobei ich erfahren hatte, dass hier tatsächlich schon Schüler im Alter von sechs Jahren unterrichtet wurden und man je nach Interessenstand und Entwicklung bis Ende 20 ausgebildet werden konnte. In der Regel kamen Schüler mit zwölf-, spätestens dreizehn Jahren her. Ich war also gute vier Jahre zu spät dran. Aber Mr. Bennet war sich sicher, dass ich das hinbekommen würde und man so gut man könne versuchen würde, meine Defizite auszugleichen. Er war zuversichtlich, ich nun nicht mehr. Vier Jahre musste ich aufholen. Vier Jahre! Das war um einiges mehr, als ich gedacht hatte.

Da Mr. Bennet auskunftsfreudig wirkte und ich jede Informationsquelle nutzen wollte, die sich mir bot, hatte ich versucht ihn auszufragen warum ich beim weißen Orden gelandet war und warum man mich nicht zum schwarzen Orden gesteckt hatte. Und ob ich die Möglichkeit hätte in die Praktiken der schwarzen Magie hineinzuschnuppern. Aber so wie es an dieser Schule üblich zu sein schien, reagierten die Meisten auf die Worte „Schwarze Magie" empfindlich. Als ich diese Fragen gestellt hatte, waren einigen Schülern die Gesichtszüge entglitten und auch Mr. Bennet hatte sich zusammenreißen müssen, meine anscheinend tabuisierten Fragen nicht mit einem erschrockenen Gesichtsausdruck zu bewerten. Tja und weil es jedem in diesem Raum unangenehm war, hatte Mr. Bennet schnell eine weniger gute Überleitung gefunden und war zum eigentlichen Thema des Unterrichts umgeschwenkt: Der Meditation.

„In diesem Kurs geht es darum den Geist zu beruhigen, uns vom stressigem Alltag abzukapseln und etwas über unsere tiefsten Gedanken und Glaubenssätze herauszufinden", fasste ein Schüler, gegenüber von mir, zusammen, nachdem ihn Mr. Bennet dazu aufgefordert hatte. Wie man es von mir erwartete, lächelte und nickte ich. Dabei dachte ich so viel nach, ständig und zu jeder Tageszeit, dass ich mir sicher war, ich wüsste genau was meine tiefsten Gedanken und Glaubenssätze waren. Vielleicht aber würde mir die Mediation helfen meinen Geist zu beruhigen. Vielleicht würde sich eine Gelegenheit bieten, um meine Gedanken verstummen zu lassen. Das wäre brillant. Dann könnte ich endlich abschalten, so richtig, so wie es mir manche schon erzählt hatten. So ganz ohne Gedanken und dann könnte ich ohne Probleme einschlafen. Und was noch viel besser war, schlechte Gedanken könnte ich restlos vertreiben, das war wirklich vielversprechend. Ob das nun auch wirklich funktionieren würde, sei mal dahin gestellt. Aber wie Janine sagte, wenn ich mir etwas vorstellen kann, dann passiert es auch. Die Frage war nur, wie stellt man sich vor Nichts zu denken? Bei dieser Vorstellung dachte man doch...

„Wie jede Sitzung starten wir mit einer 20-minütigen Meditationssession", riss mich Mr. Bennet aus den Gedanken. 20 Minuten? 20 Minuten waren schon lang oder etwa nicht?

„Sam, wenn du die 20 Minuten nicht schaffst, ist das kein Problem. Versuch dich einfach darauf einzulassen." Wieder nickte ich nur und wollte mich an den Anderen im Kurs orientieren. Aber ich hatte keinen Schimmer wem ich nachahmen sollte, denn sie alle taten etwas Anderes. Manche setzten sich in den Schneidersitz, Andere saßen grade, Wieder andere legten sich sogar hin. Zwei Schülerinnen drehten sich vom Kurs weg, ein Schüler legte die Stirn auf den Boden. Dann holten sie plötzlich verschiedene Objekte hervor. Einige Edelsteine und Kristalle, manche Notizblöcke oder persönliche Mitbringsel. Meine Unsicherheit stieg. Was genau sollten wir jetzt machen und wie sollte ich mich verhalten, damit ich nicht auffiel?

„Sam, machs dir bequem und höre nur zu. Der Rest sollte von alleine passieren. Wichtig ist, dass du die ersten Minuten an Nichts denkst. Anschließend kannst du deinen Gedanken freien Lauf lassen und ihnen zuhören." Ich sollte also wirklich an Nichts denken? Nichts? Das war für mein vor Gedanken und Vermutungen sprudelndes Gehirn ein unvorstellbarer Zustand. Aber wieder nickte ich nur. Es war meine erste Stunde, ich sollte wohl nicht zu viel verlangen.

Zufälle gibt es nicht! (2. Teil)Where stories live. Discover now