Kapitel 10

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Emilia

Heute habe ich mein Halbjahreszeugnis bekommen, aus dem Grund schon um elf Uhr für den Rest des Tages frei.

Ich bin auf dem Weg nach Hause, als ich darüber nachdenke, wie meine Mutter gleich reagieren wird.

Mein Zeugnis ist weder gut noch schlecht. Eher durchschnittlich.

Für meine Mutter ist es ein Weltuntergang. Ich hingegen gebe mich zufrieden mit dem, was ich habe. Ehrlich gesagt, gebe ich mir auch gar keine Mühe.

Warum sollte ich auch?

Es ist etwas, was gegen meinen Willen von mir erwartet wird. Ich wollte diese Ausbildung nicht machen. Ich wurde gezwungen!

Man kann sagen, dass es ein Wunder sei, dass ich auf der Arbeit trotzdem einer der besten Mitarbeiterinnen bin und ohne Mühe durchschnittliche Noten in der Schule habe, statt schlechte.

Zuhause angekommen drehe ich meinen Schlüssel im Schloss um die Tür zu öffnen. Langsam trete ich herein, wobei ich sofort bemerke, dass Mila da ist.

Mila ist die beste Freundin meiner Mutter.

Sie ist auch die Freundin, mit der sie damals über mein Studium gesprochen hat und so mir eine weitere Information über mein Vater lieferte.

Da ich einmal mitbekommen habe, dass Themen wie mein Vater angesprochen werden,  gehe ich ganz leise näher ran um zu lauschen.

Lauschen ist nicht gut, ich weiß.

Was soll ich denn sonst machen?
Mir bleibt doch keine andere Wahl, wenn man mir verheimlicht, wer mein Vater war.

„Mila, er ist zurück in Deutschland."

„Wie er ist zurück? Er war doch, auf Anweisung seiner Eltern, nach Amerika gezogen."

Wer ist denn „er"?
Ich hatte ja vermutet, dass es um meinen Vater geht, aber sie reden von was ganz anderem...

Meine Mutter klingt aber besorgt.
Warum belastet sie dieser „er" so?

Auch wenn meine innere Stimme mit mir kämpft, dass ich aufhöre weiter an ihrem Gespräch zu lauschen, will ich erfahren um wen hier die Rede ist.

Mutter würde mir ihre Probleme nicht anvertrauen, nur Mila wusste alles von ihr.

Ihre Stimme lässt eine Sorge in mir aufkeimen, daher beschließe ich an Ort und Stelle zu bleiben.

„Ich weiß es doch auch nicht!" ruft meine Mutter aufgebracht.

Man kann entnehmen, dass sie weint.
Sie weinte nie.
Meist hatte ich sogar die Befürchtung, dass sie keine Gefühle habe.
Ihr weinen war mir sehr neu.

„Mila, ich weiß nicht was ich tun soll!

Was ist, wenn er mich sieht?

Was ist, wenn ich ihn sehe?

Mit seiner neu gegründeten Familie, seiner Frau und seinen Kindern...

Ich könnte das nicht aushalten!"

„Beruhige dich Melina!" kommt es jetzt von Mila.

„Nein Mila! Mal abgesehen von mir...

Was passiert, wenn er erfährt, dass ich eine Tochter habe?

Eine zwanzig jährige Tochter, die ich mit achtzehn allein auf die Welt gebracht hab, die ich allein großgezogen habe, weil meine eigenen Eltern mich nicht akzeptiert haben!"

Warte mal...
Waren meine Großeltern nicht tot?

Meine Mutter hatte mir gesagt, dass weder die Eltern meines Vaters am Leben seien noch ihre eigenen...

Warum hatte meine Mutter mich angelogen?

Und warum interessiert es sie, was passiert, wenn „er" von mir erfährt?

All diese Fragen bringen meinen Kopf zum dröhnen. Mir fällt es schwer noch weiter auf den Beinen zu bleiben, daher setze ich mich auf den Boden.

„Melina, bist du dir sicher, ob er wirklich zurück nach Köln zieht?"

„Ja, unsere gemeinsamen Freunde haben mich darüber informiert, damit ich Bescheid weiß. Nicht mal sie wissen, dass ich eine Tochter habe. Sie denken, ich hätte aus Frust nie einer neuen Beziehung eine Chance gegeben und wäre eine auf Arbeit fokussierte, einsame Frau ohne Familie..."

„Aber das heißt ja nicht, dass ihr euch begegnen müsst."

„Mila, Köln ist nicht so groß.
Besonders nicht, wenn man auch noch versucht sich zu verstecken.
Victor ist zurück und bringt ein Durcheinander mit sich, auf welches ich nicht bereit bin.
Nie bereit sein werde..."

Victor...

Victor ist zurück...

Er ist zurück...

Mir wird schwindelig, als ich realisiere, was sie da sagen.

Meine Hände zittern und ich kann kaum einen klaren Gedanken fassen.

„Er" ist Victor...



Ende des 10. Kapitels 🤧

Wer ist wohl Victor?

Warum hat Melina so große Angst, dass er sie sieht und mehr über sie erfährt?

In love with opposites +18Donde viven las historias. Descúbrelo ahora