Kapitel 31

89 3 0
                                    


Sam

Sie fragt mich warum ich ihr nicht gut tun würde... Was soll ich denn darauf antworten?
Das ich vergewaltigt worden bin?
Das mein gesamter Oberkörper aus Narben besteht?

Von meiner Psyche will ich gar nicht erst anfangen! Ich bin sowohl innerlich als auch äußerlich zerstört!
Wie soll ich ihr das alles erzählen? Sie kennt mich nicht und all das würde sie an den Punkt bringen, wo sie mich auch nicht mehr kennen will.

Ich will sie doch auch! Ich spüre diese überdimensionale Anziehung doch auch!
Ich bin nicht gläubig, aber ich finde auch, das sie mein Licht ist. Seit unserer ersten Begegnung ging sie mir nicht mehr aus dem Kopf. Ich dachte es wären negative Gefühle, aber schon die zweite Begegnung, zeigte mir, wie wohl ich mich bei ihr fühle.
Trotzdem kann ich ihr das nicht antun. Sie ist zu sauber für mich. Sie sollte von mir fern bleiben, so ist es am Besten.

„Du willst eine Antwort, warum ich es nicht mal versuchen will? Dann bekommst du sie!"

Mir ist egal, dass wir draußen sind und es regnet, ohne ihr auch nur ins Gesicht zu schauen, drehe ich mein Rücken zu ihr. In kleinen Schritten mache ich den Reißverschluss meines Sweatshirts auf und lasse es zu Boden fallen. Langsam ergreife ich den Saum meines T-Shirts und ziehe es mir über den Kopf.
So hat sie einen direkten Blick auf mein Körper.

Ich habe es bisher keiner Frau gezeigt. Wollte keinen Abschrecken. Aber sie muss von mir fern bleiben!
Ich muss sie abschrecken von diesem Körper!

Doch ist das Einzige was ich höre ein tiefes Einatmen und darauf folgendes leises Schluchzen.

Diese unerwartete Reaktion lenkt mich aus der Bahn...

Ich dachte immer, dass wenn es gesehen wird, Menschen sich distanzieren, weil sie denken ich hätte einen Fetisch oder so.

Aber sie hat eine Ahnung.
Ich spüre wie sie sich mir nähert...
Um zu sehen, was sie machen will, schaue ich mir leicht über die Schulter und bemerke, dass sie dicht hinter mir steht.

Sie schaut mir in dem Moment wieder tief in die Augen.
Sie sagt nichts, sie versucht meine Augen zu lesen, aber schon vor langer Zeit habe ich sie verschlossen.

Um es nicht nur bei meiner Tat zu belassen, antworte ich ihr:
„Verstehe es endlich, ich bin ein kaputter Mensch! Wie soll ich dir gut tun?!"

Ich wollte schreien, aber es kam nur als ein Flüstern raus.
Doch auch das ändert für sie nichts.
Sie erhebt langsam ihre Hand und fragt mich mit ihrem Blick nach Erlaubnis.

Die Erlaubnis mich zu berühren...
Kleine Tränen rinnen ihr übers Gesicht und ihre wunderschönen grünen Augen sind gerötet.

Sie wartet immer noch auf meine Antwort, jedoch weiß ich nicht was ich machen soll...
Noch nie hat eine Frau mich an der Stelle berührt. Noch nie habe ich es zugelassen.
Aber bei ihr will ich es irgendwie...
Als könnte sie diese Narben heilen...

Zögernd nicke ich.
Ihre Fingerkuppen berühren federleicht die Brandnarbe an meiner Schulter. Ich zucke ungewollt zusammen und spanne mich an.

Es ist ungewohnt...
Sofort nimmt sie ihre Hände weg, um mich nicht zu bedrängen.
Ich schaue erneut in ihre Augen, um ihr zu zeigen, dass es ok ist.
Doch spüre ich aber nicht ihren Finger, sondern ihre weichen Lippen auf einmal auf der selben Stelle.

Eine Wärme macht sich in mir breit. Es ist keine Erregung, sondern wohl empfinden...
Sie küsst meine Narben!
Während ich mich für diese Narben hasse, zeigt sie mir liebe!
Sie soll nie mehr damit aufhören.
Dafür ist es viel zu schön...
Dafür brauche ich diese Liebe viel zu sehr...

Ihre Lippen trennen sich von meinem Rücken, wodurch mich sofort wieder die Kälte umhüllt.

„Sam, ich bin auch kaputt. Vielleicht ist es im Vergleich zu diesem gar nichts, aber auch ich habe meine Wunden... Bitte lass mich an dich ran...
Lass zu, dass ich dir meine Liebe gebe...
Vielleicht vertraust du mir dann irgendwann an, zu erzählen, wie das passiert ist, aber ich werde dich nicht dazu drängen. Das verspreche ich dir. Bitte gib uns beiden die Chance zusammen zu heilen.", ihre Stimme ist ein leises Flüstern, wodurch ihr warmer Atem meinen Oberarm trifft.

Eine Gänsehaut bildet sich auf meiner Haut...
Mit einem Mal macht sie alle meine Ängste zunichte.

Sie liebt mich!
Sie hat mir gerade wirklich ihre Liebe gestanden, obwohl sie mein Körper gesehen hat, obwohl sie nicht weiß woher diese Narben kommen, obwohl sie nicht weiß was ich alles erlebt habe...
Sie liebt mich, so wie ich sie liebe...

Ende des 31. Kapitels

In love with opposites +18Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt