Kapitel 16

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Emilia

Es sind schon fünf Wochen nach dem Vorfall, aber ich bin immer noch bei Lara. Dass sie alleine wohnt,  ist da zum Vorteil.

Als ich mein Handy nach zwei Tagen wieder angemacht hatte, kamen knapp hundert verpasste Anrufe meiner Mutter zur Vorschein.
Ich war soweit beruhigt, dass ich klare Gedanken fassen konnte und bereit war mit ihr zu reden.

So entschied ich mich mit ihr zu treffen.

Ich fuhr wieder nach Hause und gab ihr die Möglichkeit alles von Anfang bis Ende, ohne eine einzige Lüge zu erzählen, versicherte ihr aber, dass ich noch etwas länger bei Lara wohnen würde.

Darum ja auch mittlerweile seit fünf Wochen.

Vor fünf  Wochen (zwei Tage nach dem Vorfall)

„Emilia danke, dass du mir zuhören möchtest und mir die Chance gibst mich zu erklären..."

Sie geht mit ihrer Hand durch ihre Haare und atmet tief ein bevor sie sich unsicher an Worte traut.

„... Ich weiß nicht wie ich anfangen soll..."

„Mama wie wäre es mit warum mein Vater tot ist, ohne tot zu sein."

Wie komisch es klingen mag, mein Vater war tot, obwohl er lebte, nur wusste ich das nicht. Einfach nur surreal!

„Am besten fange ich dann mit vor zwanzig Jahren an... Ich war mit deinem Vater in derselben Klasse, aber wir kamen uns erst im Abschlussjahr näher... Die gemeinsamen Nachtclub besuche, Feiern und Treffen in Gruppen, führte dazu, dass ich Gefühle für deinen Vater bekam. Auch er war mir gegenüber nicht ohne...

An einem Tag wo wir wirklich bisschen zu viel getrunken hatten, trauten wir uns es einander zu gestehen. So kam es dann zu meinem ersten Mal mit ihm...Daraufhin kamen wir auch zusammen und hatten eine schöne Beziehung, leider nur von kurzer Dauer..."

Sie versucht ihre Tränen zurückzuhalten. Was kann denn so schlimmes passiert sein, dass sie mich ihm verheimlicht hat?

„Seine Eltern wollten mich nicht. Er ist wohlhabend, ich hingegen in guten Verhältnissen aber noch lange nicht wohlhabend und sie hatten andere Vorstellungen für deren Sohn...

Als ich erfuhr, dass ich Schwanger bin, hatten wir schon unseren Abschluss gehabt und seine Eltern hatten ihn gezwungen im Ausland zu studieren.

Erst dachte ich es liege an meiner Trauer, dass ich Übelkeit habe, mir Schwindelig wäre, weil ich nicht genug esse und meine Tage sich aufgrund vom Stress verspäte. Eine Schwangerschaft zog ich gar nicht in Betracht.

Mila hatte mich damals dazu aufgefordert einen Schwangerschaftstest zu machen, weil es ja möglich sein könnte...

Und er war positiv...

Ich war mit achtzehn Jahren schwanger, der Vater studierte im Ausland. Wenn ich mich auch gemeldet hätte, seine Eltern akzeptierten mich sowieso nicht, würde heißen, dass sie mich höchstwahrscheinlich zu einer Abtreibung gezwungen hätten...
Daher erzählte ich es erst gar nicht.

Ich entschied mich alles geheim zu halten, jedoch hatte ich nicht an meine Eltern gedacht...
Die ersten Monate behielt ich es für mich und lies es nicht anmerken, aber schon nach wenigen Monaten konnte man langsam sehen, dass ich Schwanger war.

So musste ich es ihnen sagen... 
Sie nahmen es nicht gut auf, sie forderten mich auf das Haus zu verlassen und mich nicht mehr blicken zu lassen.

Ich lebte dann für die nächste Zeit bei Mila und versuchte mit Ferienjobs Geld zu sparen, um Miete zahlen zu können.
Glücklicherweise bekam ich auch soziale Hilfe vom Staat, was mir alles erleichterte während meiner Hochschwangeren Zeit.

Nach deiner Geburt hatte ich dann eine Ausbildung begonnen, um wenigstens einen Beruf erlernen zu können und so arbeitete ich dann, zog dich allein groß...

Einige Jahre später, eher gesagt als du fast fünf warst, habe ich erfahren, dass dein Vater heiratet, vermutlich irgendeine von den Familienfreunden...

Ich konnte nicht mal den Gedanken aufbringen, ihm von dir zu erzählen, weil diese Nachricht kam.

Ich gab auf und beließ es dabei."

Meine Mutter sieht mir direkt in die Augen und versucht Emotionen zu finden, aber ich versuche nur das Gehörte zu verarbeiten. Alles machte jetzt etwas mehr Sinn.

„Mama, warum hast du mir das nicht schon früher erzählt? Warum hast du mich glauben lassen, dass er tot sei?"

„Erst warst du zu jung, um es zu verstehen, aber du fragtest ja auch logischerweise wo dein Vater sei. So musste ich etwas finden, was du verstehen könntest und erzählte dir, dass  er nicht mehr da ist...
Als du älter wurdest habe ich darüber nachgedacht dir die Wahrheit zu sagen, aber es hätte eigentlich auch kein Unterschied gemacht, erzählte es deswegen doch  nicht...
Ich hätte es gern solange wie möglich für mich behalten, aber als ich vor kurzem erfahren habe, dass er mit seiner neuen Familie aus dem Ausland zurück kommt, musste ich mich sowieso darauf vorbereiten, nur hast du es dann schon erfahren..."

Mehr brauche ich auch nicht zu wissen.

„So viel reicht, ich bin ab jetzt bei Lara solange ich dieses Gespräch verarbeite. Ob ich wieder komme oder wann ich wieder komme, weiß ich gerade noch nicht."

Somit verlasse ich das Haus.

Heute

Meine Mutter hat es nicht böse gemeint, aber ihr Verhalten mir gegenüber ist nicht zu entschuldigen.

Jetzt wo ich die Geschichte kenne weiß ich, warum ich unbedingt eine Ausbildung machen sollte, warum ich keinen Freund haben sollte, warum ich nicht trinken sollte, mich nicht auf Kleidung und Aussehen sondern auf Karriere konzentrieren sollte.

Alles ergibt mehr Sinn.

Meine Mutter wollte, dass ich eine Ausbildung mache, damit ich es in der Tasche habe. Sie hat nie gesagt ich solle mich nicht Weiterbilden, ihr war nur das Architektur  Studium ein Problem, weil es mich vermutlich meinem Vater oder seiner Familie näher bringen würde.

Dieses Studium wird jetzt so oder so durchgezogen! Wo er jetzt auch noch zurück kommt, wäre es eine Chance ihn kennenzulernen, beispielsweise als Arbeitgeber.

Also eine wohlhabende Familie hat doch bestimmt eine eigene Firma...

Ich muss mich dringend näher darüber informieren.



Ende des 16. Kapitels 🖤

In love with opposites +18Where stories live. Discover now