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Unglaublich nervös nehme ich den eingehenden Anruf auf Derricks Handy an, welches er einfach hat liegen lassen.

"Alter, ich will dich ja nicht wirklich beunruhigen, aber Kai hat sich noch immer nicht zurückverwandelt und die anderen werden nervös, weil du so lange weg bist", ertönt Dannys Stimme am anderen Ende.

"Kai ist immer noch in seiner Wolfsgestalt?", frage ich überrascht und kann diese Ablenkung gerade gut gebrauchen.

"Also, dich wollte ich noch weniger beunruhigen. Ist Derrick nicht in der Nähe?", fragt er.

"Der ist gerade kurz etwas besorgen. Habt ihr keine Ahnung, woran es liegen könnte? Vielleicht hat er Angst", sage ich und versuche mich etwas in die Lage des Jungen zu versetzen, doch dafür weiß ich zu wenig über ihn und seine Situation.

"Haben wir bereits bedacht. Deine erste Verwandlung war ja nicht so schön, aber wie ist eigentlich deine Verwandlung abgelaufen, als du das Gen wieder zugelassen hast?", fragt er, weshalb ich nun nachdenklich durch das Wohnzimmer laufe, in dem ich die Kontrolle verloren hatte.

"Ich hatte mich mit Silas gestritten und habe vollkommen die Kontrolle verloren. Es brauchte Stunden, bis Blaze und Fawn mich wieder dazu bringen konnten, dass ich mich beruhige. Ich konnte nicht einmal in Silas Nähe, weil ich Angst hatte, ich könnte ihm etwas tun", erkläre ich und höre ihn am anderen Ende nachdenklich brummen, während ich weiter durch den Raum und dann zum Fenster laufe.

"Das könnte erklären, warum er sich immer auf die Veranda deines Hauses zurückzieht und nicht nach Hause geht. Sein großer Bruder war der Grund für seine erste Verwandlung. Wie wir alle wissen, ist Asher nicht gerade derjenige, der gut mit den Gefühlen anderer Leute klarkommt", sagt Danny und teilt mir seine Gedanken laut mit.

"Er ist der kleine Bruder von Asher? Ich wusste gar nicht, dass er noch Familie hat", sage ich und scharre mit dem Fuß über den Teppich.

"Abgesehen von Kai hat er auch niemanden. Hast du eine Idee, was ich tun könnte, um die Sache einfacher für ihn zu machen?", fragt er dann, während ich den Blick hebe.

"Zu aller erst, kannst du ihn nicht weiter im freien schlafen lassen. Lass ihn einfach ins Haus, klär die anderen auf und gib acht auf ihn. Fawn ist unglaublich gut darin, Leute zu beruhigen. Du könntest ihr die ganze Situation erklären und mit ihr zusammen nach einer Lösung suchen", schlage ich vor und schiebe total unbewusst die Gardinen bei Seite.

Hätte ich jedoch gewusst, dass ich dabei einen halben Herzinfarkt erleide, hätte ich es definitiv nicht getan.

"Dein Herz schlägt schneller. Alles in Ordnung?", fragt Danny sofort.

Ich nicke, auch wenn ich genau weiß, dass er es nicht sehen kann.

"Ich habe mich bloß erschreckt, als ich etwas gesehen habe. Ich frage Derrick mal, ob wir nicht schon ein paar Stunden früher zurückkommen können", sage ich und lege auf, ehe er etwas Weiteres sagen kann.

Dann schiebe ich Derricks Handy sofort in die Hosentasche meiner Jogginghose und gehe zur Tür, die ich ziemlich zögerlich öffne.

"Kann ich irgendwie helfen?", frage ich und betrachte die vielen Leute, die sich einfach vor meinem Haus versammelt haben und dabei unfassbar gruselig darauf starren.

"Wir haben es eben erst erfahren, Liebes", ertönt eine Stimme, die ich bereits irgendwo gehört habe und schon versuche ich ein bekanntes Gesicht in der Menge auszumachen.

Als ich dann die Frau aus dem Einkaufsladen entdecke, verschränke ich unsicher, aber auch selbstbewusst die Arme vor der Brust.

"Was erfahren?", frage ich.

"Wir haben erfahren, dass du die wahre Alpha bist und Silas seine Macht geraubt hast", knurrt eine andere Person sofort.

Mein Herz rast, doch mein Verstand ist leer.

"Wieso hast du ihm seine Macht gestohlen, Liebes?", fragt die Frau mit ruhiger Stimme, während andere aus dem Rudel zu knurren beginnen.

"Das ist doch offensichtlich! Er wollte sie stürzen, wollte nicht, dass so ein dummes Kind über solch eine Macht verfügt und musste dafür in den sauren Apfel beißen!", brüllt einer von ihnen durch die Menge.

"Das hat er euch erzählt?", frage ich und lache auf, während sich die Wut auf ihn immer weiter in mir aufstaut.

Ich trete aus meinem Haus heraus, laufe auf die Stufen zu und bleibe auf der obersten stehen.

"Ich habe ihm seine Macht genommen, weil er ihr nicht würdig war. Er hat uns belogen, uns benutzt und ist für den Tod einer meiner Leute verantwortlich!", erkläre ich erst ruhig, ehe ich immer wütender werde.

Mittlerweile habe ich etwas, um das ich mich sorgen kann, obwohl ich es noch nicht zu hundert Prozent weiß.

Da werde ich mich definitiv nicht von einem Rudel voller Idioten überrennen lassen, die einem Lügner Glauben schenken.

"Bullshit!", brüllen einige dazwischen, während die Frau versucht, sie zu besänftigen.

"Von wem sprichst du, Liebes?", fragt sie mich und tritt aus der Menge hervor.

"Natalia. Er hat Natalia auf dem Gewissen", gebe ich ihr, was sie wissen will und sehe mich um.

So viele Leute stehen vor mir und ich wusste von keinem einzigen von ihnen.

Er hat sie vor mir verheimlicht.

Und das mit voller Absicht.

"Tut mir leid, aber ich habe keinerlei Herzensgüte mehr übrig, an der ihr appellieren könnt. Ihr wollt Mitgefühl?", frage ich und trete eine Stufe herunter.

"Seht nach vorne", knurre ich.

"Ihr wollt es fair?", frage ich und trete erneut eine Stufe herunter.

"Schöne Scheiße, denn das will ich auch. Ich bekomme es nur nicht, weil mir ein beschissener Titel alles versaut. Mir und meiner Familie steht ein beschissener Krieg bevor, den Silas Stück für Stück anzettelt und in meine Richtung lenkt!"
Langsam werde ich wirklich wütend und ignoriere sogar, dass Derrick seinen Wagen gerade wieder in meine Richtung lenkt.

Er hält den Wagen an, steigt aus und betrachtet mich voller Sorge, während er die Situation inspiziert.

"Die Zeit wird knapp. Wählt und tut das weise. Mich, die euch mit einem einzigen Fingerschnippen dazu bringen kann, in die Luft zu springen und dabei Purzelbäume zu schlagen..."
Ich sehe in die Runde, bleibe bei einem der Leute hängen, die sich bereits auf Silas Seite geschlagen haben und fixiere ihn mit meinen grünen Augen.

"Oder den Bastard, den ich in Stücke reißen werde, weil er mich und meine Leute bedroht!", knurre ich so wütend, dass Derrick mir sofort wieder leidtut.

Ich gebe ihn ein kleines Zeichen, weshalb er sofort wieder auf mich zukommt und drehe mich dann um, ehe ich ihm folge.

"Wenn ihr mich finden wollt, fragt ihn nach meinem Aufenthaltsort. Den wird er euch mit Freuden unter die Nase reiben", sage ich noch, ehe ich ins Haus gehe und die Tür hinter mir ins Schloss fallen lasse.

"Ich kümmere mich darum und du packst unsere Sachen?", frage ich und bekomme sofort die kleine Tüte in die Hand gedrückt, ehe er ins Schlafzimmer und ich ins Badezimmer gehe.

Wer hätte gedacht, dass ein kleines Wochenende, in dem man sich entspannen möchte, so richtig in die Hose gehen kann?

The Alpha GirlWhere stories live. Discover now