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Ich habe Blaze den Befehl gegeben, mit dem atmen aufzuhören, ehe ich den Raum verlassen habe.

Danach musste ich nur noch lauschen, wie er versucht hat Luft zu holen, doch es ist ihm so lange nicht gelungen, bis er erstickt ist.

Um ehrlich zu sein, war ich kurz davor, Dash für seine Antwort ebenfalls umzubringen, doch das wäre verdammt falsch gewesen, also habe ich es gelassen.

Inzwischen sitze ich auf den Stufen der Treppe im Eingang und starre an die Haustür.

Wenn ich nicht so blöd gewesen wäre, hätte ich es viel eher realisiert und vielleicht viel früher handeln können.

Ich sehe auf, als Derrick vor mir stehen bleibt und mit einem Handtuch das Blut von seiner Hand wischt.

Vor wenigen Tagen noch, konnte ich nicht damit umgehen, zu wissen, dass Derrick ein Leben genommen hat und nun ist mir klar, dass es in manchen Situationen einfach ein Muss ist.

Dash und Blaze waren nicht nur eine Gefahr für unser Rudel, unsere Lieben und unsere Familie.

Sie waren auch eine Gefahr, für alle existierenden Wölfe.

Sie hätten unser Geheimnis entblößen können und es hätte sie inzwischen nicht einmal mehr interessiert.

Eifersucht hat die beiden dazu gebracht.

Während Blaze auf Jason und Derrick eifersüchtig war, galt die Eifersucht von Dash in diesem Falle Derrick und Danny.

Wieso ist es so, dass ein Titel und Macht dafür sorgen kann, dass eine Person vollständig korrupt wird?

Macht süchtige Leute sind verdammt gefährliche Leute.

"Wir sollten darüber reden", kommt es von Magnus, welcher direkt neben der Treppe zum Stehen kommt und rasend vor Wut scheint.

Nael und Kenneth nähern sich uns ebenfalls, doch die beiden bleiben still.

Bei Nael liegt das aber wahrscheinlich eher am Schock.

Ich hingegen blicke einfach nur in die blauen Augen meines Gegenstückes.

"Findest du? In meinen Augen ändert das rein gar nichts", sage ich, ehe ich den Blick von Derrick löse und aufstehe.

"Hast du sie noch alle? Das verändert alles, Makenzie!", brüllt Magnus, während er nach meinem Handgelenk greift und mich grob zu sich zieht.

Langsam sehe ich von seiner Hand hinauf in sein Gesicht.

"Sie ist am Leben und du sagst, dass es für dich nichts ändert?", fragt er knurrend.

Derrick wird recht unruhig, doch er scheint zu wissen, dass ich solche Situationen inzwischen ganz gut alleine regeln kann, also rührt er sich nicht von der Stelle.

"Makenzie hat recht, Magnus", kommt es leise von Nael.

Magnus sieht sofort nach hinten zu unserem Vater und betrachtet ihn beinahe schon fassungslos.

"Habt ihr beide den Verstand verloren? All das ist doch erst passiert, weil jeder von uns dachte, dass sie Tod ist! Wollt ihr jetzt einfach ignorieren, dass sie noch lebt?", brüllt er weiter und sieht ständig zwischen uns beiden Hin und Her.

Ich ziehe einmal feste mein Arm zurück und befreie mich somit grob aus seinem Griff.

"Denk mal etwas genauer über all das nach und dann stell diese Frage ein weiteres Mal", sage ich und sehe finster zu ihm auf.

Er beginnt zu knurren und lehnt sich etwas zu mir herunter.

"Was soll das schon wieder heißen?", knurrt er zähneknirschend.

"Das soll heißen, dass sie nicht mehr lange am Leben bleiben wird. Was denkst du, will sie von uns? Eine tolle und perfekte Familie?", frage ich ebenfalls knurrend, weil es mich so wütend macht, dass er so dumm ist.

Mit einem Mal scheint die Realisation bei ihm einzusetzen und schon wird seine Haltung etwas weicher.

"Das Ganze war von Anfang an ihr Plan. Ich sollte die einzige übrig sein und das ist jetzt der Fall. Sie wird früher oder später persönlich hier auftauchen und was denkst du, wird sie dann hier wollen, hm?", frage ich und stoße ihm wütend gegen die Brust, sodass er etwas zurückstolpert.

Alle anderen sind ruhig, doch Magnus rauft sich frustriert die Haare und kommt mir wieder näher.

"Ich habe nicht daran gedacht!", brüllt er mir förmlich ins Gesicht.

"Jetzt kommt mal beide wieder runter. Wir müssen alle zusammenarbeiten, wenn wir das ganze perfekt und ohne Fehler machen wollen", kommt es von Nael, ehe er sich zwischen uns beide schiebt.

"Es wird einen Grund dafür geben, dass sie sich selbst für Tod erklärt hat. Sie wird wahrscheinlich gedacht haben, dass wir nicht so schnell dahinter kommen und trotzdem hast du es irgendwie bereits gewusst. Woher?", fragt er recht skeptisch an mich gerichtet, was mich auf eine gewisse Art und Weise beleidigt.

"Da waren einige Dinge, die einfach nicht zusammen gepasst haben", sage ich inzwischen wieder etwas ruhiger.

"Ich habe drüben eine Frau getroffen. Sie hat einige Dinge gesagt, die einfach nicht gepasst haben."

"Zum Beispiel?", fragt Derrick hinter mir.

Langsam sehe ich zu ihm und betrachte ihn für einen Moment.

"Irgendetwas darüber, dass der Befehl eines wahren Alphas beständig bleiben würde, wenn er stirbt. Mir war dabei nicht ganz wohl, aber du hast unten bestätigt, dass es nicht der Wahrheit entspricht. Viele kleine Details halt. Es ist egal, woher ich es wusste. Fakt ist, dass wir endlich wissen, wer unser Feind ist", erkläre ich und fahre mir mit den Fingern durch mein weißes Haar.

"Unsere Mutter ist unser Feind. Und sie will deinen Tod", murmelt Magnus leise, während er zu Boden sieht.

"Meine Macht. Sie will meine Macht. Dabei bezweifle ich, dass sie noch dazu imstande ist, diese Macht zu bekommen. Es gibt doch Grundsätze, die jemand erfüllen muss, um ein wahrer Alpha zu sein, oder?", frage ich an Nael gewandt und bekomme sofort ein Nicken.

"Selbstlose Entscheidungen sind definitiv nicht ihr Ding", kommt es von Derrick und schon nicken wir alle stumm zur Zustimmung.

Für eine ganze Weile sieht jeder zu Boden und scheint in seinen eigenen Gedanken zu versinken.

"Und was machen wir jetzt?", fragt Magnus dann, was uns alle wieder zurück zum Thema bringt.

"Wir bereiten uns darauf vor, dass sie mich holen kommt", sage ich und gehe zur Tür.

"Und was zur Hölle, willst du dann tun?", kommt es von einem aufgebrachten und besorgten Vater.

Von meinem Vater.

"Ich werde mich definitiv nicht nieder kriegen lassen, wenn es das ist, was du denkst. In mir wächst ein Kind, Dad. Außerdem haben wir ein großes Rudel, welches inzwischen meine Familie ist."
Ein leichtes und warmes Gefühl breitet sich in meiner Brust aus, doch dieses Gefühl kommt nicht von mir.

Es kommt von den anderen.

Sie verspüren Hoffnung.

Vielleicht wäre es von Anfang an einfacher für uns gewesen, wenn ich von Anfang an alles gegeben hätte.

The Alpha GirlWhere stories live. Discover now