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Er denkt die gesamte Zeit darüber nach, streicht besorgt über meinen Handrücken und fährt über die Straßen unserer Stadt.

"Also, was ist dein Plan?", stellt er endlich die Frage, die ihn schon seit Beginn dieser Rückfahrt plagt.

"Mein Plan war, deinem Plan zu folgen", antworte ich mit solch einer Entschlossenheit, dass es mich selbst total überrascht.

Er parkt den Wagen vor dem Haus, sieht mich an und streicht ein letztes Mal mit seinem Daumen über meinen Handrücken, ehe er unsere Hände voneinander löst.

"Wir warten noch", sagt er dann und tut das, was ich zutiefst erhofft hatte.

Er nimmt mir die schwere Entscheidung ab.

"Nur solange, bis wir uns sicher sind und einen festen Entschluss haben, dem wir nachgehen", fügt er noch hinzu, sieht nachdenklich aus der Windschutzscheibe und fährt sich dann jedoch mit beiden Händen durch das Gesicht.

Langsam lehnt er sich nach vorne, legt die Arme auf das Lenkrad und sein Kinn dann darauf.

Gerade macht er sich Vorwürfe, denkt darüber nach, wie unvorsichtig und dumm er war.

Er hat sich das ganze anders vorgestellt, hat sogar Bilder vor Augen, wie wir nach all dem ein ruhiges und sicheres Leben führen können und ich mit einem riesigem Bauch vor ihm stehe, während er stolz darüber streicht.

"Wir könnten das haben", flüstere ich, obwohl es nicht einmal nötig ist.

"Mach dich nicht lächerlich. Wir wurden in so einem kurzen Zeitraum bereits zwei Mal daran erinnert, dass uns ein Krieg bevorsteht, den wir nicht einmal einschätzen können", erklärt er mit voller Wut auf sich selbst und steigt dann einfach aus dem Wagen.

Ich folge ihm, schlage die Autotür hinter mir zu und laufe um den Wagen herum, direkt zu ihm, während er dieses Gespräch nur in seinen Gedanken und ohne meine Wenigkeit weiterführen möchte.

Auch, wenn wir jetzt unsere Verbindung besiegelt haben und dementsprechend inzwischen so stark miteinander verbunden sind, dass es schwer ist, die Gedanken und die Gefühle des anderen zu ignorieren, muss ich ihm seine Privatsphäre geben.

Also nicke ich in mich hinein, drehe mich um und laufe auf das Haus zu.

"Ich hab da so einen Gedanken", höre ich Asher sprechen, als ich das Haus betrete.

"Oh nö", jammert Danny laut und legt sich sowohl Zeigefinger als auch den Daumen an den Nasenflügel, als ich gerade das Wohnzimmer betrete.

"Diesmal ist es ein guter Gedanke, ich schwörs", protestiert Asher sofort und wirkt dabei tatsächlich, als würde er sich angegriffen fühlen.

"Das hast du bei den letzten drei Vorschlägen schon gesagt. Nichts hat ihm geholfen", argumentiert Davina nun.

Sie alle sitzen im Wohnzimmer, scheinen eine Krisensitzung zu halten und Vorschläge für etwas zu sammeln.

"Ist doch nicht mein Problem, dass er nichts auf die Reihe bekommt. Er ist einfach schwach", sagt Asher und wirft genervt einen Block auf den Tisch, auf dem er herumgekritzelt hat.

"Dein Bruder hat seit Tagen nichts gegessen, verwandelt sich nicht zurück und verkriecht sich unter der verdammten Treppe. Denk etwas mehr nach", knurrt Jason fast, als er hinter mir plötzlich auftaucht.

"Schön, dass du zurück bist", sagt er dann an mich gewandt und will sich gerade zu mir herunterbeugen, um mir seinen üblichen Kuss auf die Wange zu geben, als er jedoch plötzlich innehält.

Er rümpft die Nase, zieht die Brauen zusammen und betrachtet mich skeptisch.

"Derrick, wenn du das getan hast, was ich gerade denke, werde ich dir den Arsch aufreißen!", brüllt er plötzlich direkt an meinem Gesicht, ohne vorher Abstand zu mir zu nehmen.

"Was denkst du denn?", fragen Danny und Davina wie aus einem Munde, weshalb ich eilig zu ihnen sehe und versuche die Röte zu ignorieren, welche mir schon wieder ins Gesicht steigt.

Derrick betritt das Haus und geht mit unseren Koffern einfach auf die Treppe zu, ohne irgendjemandem in diesem Raum auch nur einen Funken Aufmerksamkeit zu schenken.

"Alter, du kannst jetzt nicht einfach so abhauen", sagt Danny und erhebt sich von seinem Platz, ehe er zur Treppe geht.

Kurz bevor er sie jedoch erreicht, greife ich nach seinem Handgelenk und ziehe ihn zurück.

Dann will Jason zur Treppe und wird auch von mir zurückgezogen.

"Er ist nicht wirklich gut gelaunt, also lasst ihm einfach einen Moment. Was ist eigentlich euer Problem?", frage ich, als ich die beiden hinter mich schiebe und mich mit dem Rücken zur Treppe stelle.

Die beiden blonden Jungs sehen einander kurz an, ehe sie gleichzeitig zu sprechen beginnen und mir somit keinerlei Chance geben, ihre Worte zu verstehen.

"Hey, macht mal halb lang!", unterbreche ich die beiden und verkneife mir ein kleines Lächeln.

Beide verstummen und sehen einander erneut an.

Dann sehen sie mir direkt in die Augen, während ich von einem Augenpaar zum anderen blicken muss.

"Er hat unsere beste Freundin markiert", sagen sie dann wie aus einem Munde und wirken darüber nicht gerade glücklich.

"Dazu hatte er auch jedes Recht. Ihr wusstet doch, dass es früher oder später dazu kommen wird, also warum macht ihr jetzt so einen Aufstand?", frage ich und verschränke die Arme vor der Brust.

"Also von mir hätte er schon mal den Segen gebraucht, bevor er überhaupt nur darüber hätte nachdenken dürfen", sagt Jason total von sich überzeugt.

"Und ich als der beste Freund, von euch beiden, wohl bemerkt, hätte gerne davon gewusst. Der mürrische alte Trottel redet sonst immer mit mir", grummelt Danny sichtlich verletzt darüber.

"Leute, ich bitte euch. Darüber können wir uns später noch in Ruhe unterhalten. Jetzt, gerade in diesem Moment, liegt ein verängstigtes Kind unter unserer Treppe und kann sich nicht zurückverwandeln", kommt es von Fawn, die dann unglaublich beschämt die Hände in ihren Schoß legt.

Sie war schon immer eher die ruhigere, doch wenn sie etwas gestört hat, konnte sie sich selten zusammen reißen.

"Mein Mädchen hat recht, was aber nicht bedeutet, dass du aus dem Schneider bist, Alter", sagt Danny und zeigt nach oben zur Treppe, weshalb ich sofort nach oben und in Derricks perfekten Augen sehe.

Auch, wenn ich ihn nicht fühlen könnte, würde ich ihm ansehen, wie bedrückt er gerade ist.

"Lasst ihn einfach in Ruhe. Ich sehe nach dem Jungen", sage ich und drehe mich dabei um, ehe ich kurz innehalte und mich wieder zu den anderen drehe.

Mein Blick liegt auf Asher, der mittlerweile unbekümmert an seinem Handy sitzt und es senkrecht in den Händen hält.

Daraus schließe ich, dass er ganz entspannt ein Spiel spielt, während sein Bruder gerade wer weiß was durchmacht.

Ich gehe auf ihn zu, doch er sieht nicht einmal auf, als ich direkt vor ihm zum Stehen komme.

Mit einem Mal greife ich sein Handy, reiße es ihm aus der Hand und schmettere es mit solch einer Wucht gegen die Wand, dass es sofort den Geist aufgibt.

Erschrocken von mir selbst, sehe ich dem Gerät nach, betrachte es zertrümmert am Boden und blicke dann wieder zu Asher.

"Verschwinde und komm nicht wieder, bevor du dir wirkliche Sorgen um deinen kleinen Bruder machst. Mag zwar sein, dass Mitgefühl nicht deine Stärke ist, doch so respektlos, solltest nicht einmal du sein", knurre ich wütend.

"Lass dich nicht von meinen Gefühlen beeinflussen, Makenzie", sagt Derrick ruhig, während es in unserem Inneren nur so voller Wut und anderen schrecklichen Emotionen brodelt.

"Dann kümmere du dich um diesen Idioten, während ich mich um seinen Bruder kümmere", sage ich nun mit meiner eigenen Wut in mir.

Es macht mich so wütend, dass ich nicht auch vorsichtiger gewesen bin.

Und es macht mich wütend, dass ich nicht weiß, wie ich Derrick besänftigen kann.

Er hält das alles nur für seine Schuld.

Dem ist aber nicht so und das wissen wir beide.

The Alpha GirlTempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang