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Das alles ist ziemlich viel zu verarbeiten, also sitzen wir gerade still in der Runde und denken nach, nachdem wir einander auf den neusten Stand gebracht haben.

Uns bleibt maximal noch eine Stunde und ich hoffe so sehr, dass Beatrix eine verdammte Lösung findet.

"Zu fest?", fragt Magnus mich sanft, als ich etwas das Gesicht verziehe.

Er kniet vor mir und versorgt meine Wunde, während ich starr geradeaus sehe, doch jetzt sehe ich ihn an und versinke ein weiteres Mal kurz in Gedanken.

All meine Freunde und Verwandten müssen so viel durchmachen, weil ich in ihr Leben getreten bin und das macht mich wütend und unglücklich.

Nael und Magnus hätten einfach fort bleiben können, doch stattdessen haben sie sich dazu entschieden, in mein Leben zu treten und all die Geheimnisse meines Lebens zu lüften.

Jetzt ist alles so unfassbar kompliziert.

Eine Sache ergibt jedoch keinen Sinn.

Wieso will Silas mich aus dem Weg schaffen, wenn er doch ganz genau weiß, dass er hinterher noch mit Nael zu kämpfen hat?

Er weiß immerhin, dass Nael meinetwegen auch ein wahrer Alpha ist.

"Makenzie", fragt Magnus erneut und zieht mich damit aus den Gedanken.

Zögerlich schüttel ich den Kopf und setze ein leichtes Lächeln auf.

"Es passt schon", sage ich, als er mich skeptisch betrachtet.

"Hör auf, dich schuldig zu fühlen, Makenzie. Silas ist an all dem schuld und nicht du", sagt Derrick, welcher mit verschränkten Armen in der Runde steht.

Seine Brauen sind nachdenklich zusammen gezogen und seine Muskeln sind angespannt.

"Meine Entscheidungen haben zu all dem geführt, Derrick. Und jetzt seid ihr alle meinetwegen in Gefahr. Ich habe nicht einmal bemerkt, dass Blaze und Dash uns die gesamte Zeit hintergangen haben", sage ich und senke bedrückt den Blick, da ich es gerade nicht ertragen könnte, einen der beiden anzusehen.

Blaze war schon immer an meiner Seite.

In den letzten Monaten habe ich eine viel engere Bindung zu Jason aufgebaut, doch Blaze war es immer vorbestimmt, an meiner Seite zu kämpfen.

Nicht gegen mich und an der Seite unseres Feindes.

"Kann schon sein, dass deine Entscheidungen ihn in die Enge getrieben haben, aber für seine Handlungen ist alleine Silas verantwortlich, Lilo", sagt Micah streng, da er wahrscheinlich nicht will, dass ich mir solche Vorwürfe mache.

Magnus kniet noch immer vor mir und streicht mit sanften Berührungen über meine Verletzung, während er sein Kinn zögerlich auf mein Knie fallen lässt.

Ich hatte nie Geschwister, doch ich wünsche mir definitiv, diese Verbindung mit ihm auskosten und erkunden zu können.

Dafür muss ich nur leider lebendig sein.

Wenn Beatrix jedoch keinen Ausweg findet, werde ich unter keinen Umständen zulassen, dass einer meiner Liebsten stirbt.

"Als ich hierhergekommen bin, wollte ich von all dem nichts wissen. Ich war ständig krank und wollte einfach bloß alleine gelassen werden", beginne ich zu erklären, obwohl jeder von ihnen das bereits weiß.

"Niemals hätte ich damit gerechnet, dass ich irgendwann wieder zu dem werde, als was ich geboren wurde und dann eine ganz neue Familie finde. Ich hätte niemals gedacht, dass ich mich so sehr in jemanden verliebe, der mich eigentlich von sich fernhalten wollte. Und vor allem hätte ich nicht damit gerechnet, dass ich so früh schwanger werde und vielleicht niemals die Möglichkeit habe, diese Situation mit meinen Liebsten auszukosten."
Egal, was passiert, es wird einfach nicht funktionieren.

Sollte ich sterben, wird es kein Baby mehr geben und wenn ich am Leben bleibe, kann ich meine Erfahrung nicht mit meinen Liebsten teilen.

"Wir finden eine Lösung", flüstert Asher neben mir und schon reiße ich meinen Kopf wieder hoch und sehe zu ihm.

Hat er sich gerade in meine Lage hineinversetzt und versucht, mich zu beruhigen?

"Jetzt schau nicht so. Auch, wenn ihr mich ständig so nennt, bin ich kein verdammter Sheldon. Ich komme gut mit Emotionen zurecht, wenn ich es will", sagt er und stößt seine Schulter spaßeshalber gegen meine, während er weiterhin sanft lächelt.

Ich erwidere sein Lächeln zögerlich, ehe ich ein wenig entspannter durch das Reservat blicke.

Eigentlich sollte ich jedem von ihnen mehr Vertrauen schenken, weil sie alle unglaublich fähig sind.

Wieso ist da also dieses blöde Gefühl in meinem Inneren?

Als ich zwei Jungs entdecke, die zusammen auf dem Boden des Reservats sitzen und ängstlich durch die Gegend sehen, kann ich einfach nicht anders, als mich von meinem Platz zu erheben und zu ihnen zu gehen.

Erschrocken sehen beide auf, als ich vor ihnen zum Stehen komme, doch Kai lächelt mich etwas nervös an, ehe er den Blick wieder senkt, während der andere Junge mich weiterhin ängstlich betrachtet.

"Ihr seid ungefähr im selben Alter, oder?", frage ich und setze mich zu den beiden, ehe ich meine Knie an meine Brust ziehe.

Kai sieht kurz zu dem Jungen, doch der Junge betrachtet mich weiterhin ängstlich mit seinen braunen Augen.

"Sie wird dich schon nicht fressen. Makenzie hat mir geholfen", flüstert Kai dem Jungen zu, doch das scheint ihn nicht wirklich zu besänftigen.

Irgendetwas in meinem Inneren rebelliert, um mir etwas zu sagen, doch ich kann einfach nicht herausfinden, was es ist.

Ich sitze hier vor zwei Kindern.

Kai hat sich erst vor kurzem das erste Mal verwandelt und ich habe keine Ahnung, wie weit seine Kontrolle bisher geht, doch über den Jungen mit den braunen Augen weiß ich so gut wie gar nichts.

Nur, dass er die Kontrolle verloren und Natalia angegriffen hat, sodass Nael sie im Endeffekt erlösen musste.

Seine braunen Augen flitzen für den Bruchteil einer Sekunde hinter mich, also drehe ich mich flüchtig um und folge seinem Blick.

Es braucht einen Moment, bis ich verstehe, wen er eigentlich angesehen hat, doch dann drehe ich mich wieder um und schiebe mir mein weißes Haar hinter das Ohr.

"Kennst du die beiden?", frage ich vorsichtig und mache auf Blaze und Dash aufmerksam, die beide gefesselt und geknebelt auf dem Boden sitzen, damit sie sich weder miteinander unterhalten, noch fliehen können.

Bisher haben wir nichts von den beiden erfahren können, doch darauf haben wir uns ehrlich gesagt auch nicht verlassen.

Der Junge schüttelt hastig den Kopf, wobei sein blondes Haar wild hin und her schwingt.

Trotzdem wirkt es nicht ehrlich.

The Alpha GirlWhere stories live. Discover now