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"Ich verstehe nicht, warum der Kleine unbedingt mit uns kommen muss", kommt es genervt von meinem Bruder.

Magnus war gerade sowieso kurz davor, zurück zu Nael zu gehen, also hat er sich einfach dazu entschlossen, mit uns zurückzufahren.

"Und ich verstehe nicht, wieso Nael ihn einfach zu Kai abgeschoben hat. Er ist einer seiner Wölfe, oder nicht?", frage ich, ohne wirklich eine Antwort von ihm zu verlangen.

Derrick sitzt neben mir und fährt den Wagen, während Kenneth direkt hinter mir sitzt und unglaublich nervös scheint.

Ich weiß nicht, wieso es mir so wichtig ist, ihn ständig in Schutz zu nehmen und ihn besser fühlen zu lassen, doch es ist so.

"Schon. Dafür aber einer ohne jeglichen Nutzen", kommt es von meinem Bruder.

Und schon geschieht etwas, was ich überhaupt nicht von mir erwartet habe.

Ich knurre und betrachte meinen Bruder finster im Rückspiegel.

Alle anwesenden scheinen ebenfalls so überrascht davon, wie ich es bin.

"Scheint, als wäre der Kleine dir ziemlich ans Herz gewachsen. Willst du so jemanden wirklich in deiner Nähe haben?", fragt Magnus und sieht mich mit einer gehobenen Braue an.

Plötzlich verändert sich die gesamte Stimmung im Wagen, ehe ich aus dem Augenwinkel sehe, wie Derrick fester um das Lenkrad packt.

Kenneth setzt sich nervös etwas aufrechter hin und schon fühle ich mich so, als würde mir ein bestimmtes Puzzleteil fehlen.

Wie sehr ich dieses Gefühl inzwischen verabscheue, kann ich nicht einmal wirklich beschreiben.

"Was willst du damit andeuten?", frage ich mit ernster Stimme, doch Magnus sieht nur zur Seite und wendet sich an Kenneth.

"Du warst tagelang mit ihr alleine und hast es ihr nicht erzählt? Ziemlich mutig von dir, eine Verbindung mit ihr einzugehen", sagt Magnus, ehe er spielerisch in die Hände klatscht.

Sofort wandert mein Blick zu Kenneth.

Als er das jedoch bemerkt, umgeht er ohne zu zögern den Blickkontakt.

Kurz darauf verspüre ich eine Art Schmerz, ehe ich den süßlichen und gleichzeitig grässlichen Geruch von Blut wahrnehme.

Ich verstehe es sofort, schnalle mich ab und drehe mich nach hinten, nur um zu sehen, dass Kenneth sich seine eigenen Klauen in das Bein presst.

"Schlau ist er schon irgendwie", sagt Magnus leicht lachend, ehe er mit den Schultern zuckt.

"Halt endlich die Klappe, Magnus", kommt es mit dunkler Stimme von Derrick, doch ich kann einfach nicht anders, als mich voll und ganz, auf Kenneth zu konzentrieren.

"Fügst du dir gerade selbst Schmerzen zu, um deine anderen Emotionen vor mir zu verstecken?", frage ich ihn, doch er versucht mich nicht zu beachten.

"Kenneth!", mahne ich ernst, aber kontrolliert.

"Ja", antwortet er daraufhin verdammt kleinlaut und schon atme ich frustriert aus.

Ich drehe mich wieder nach vorne und sehe aus der Windschutzscheibe, während ich tief einatme und für einen kurzen Moment die Augen schließe.

"Und ich dachte, du würdest mir inzwischen vertrauen", sage ich, ehe ich sofort aus dem Wagen steige, als Derrick ihn zum Stehen bringt.

"Makenzie", höre ich Derrick sagen, doch ich ignoriere ihn und laufe einfach in das Gebäude hinein.

Die drei folgen mir sofort, doch ich konzentriere mich nur auf Nael, welcher gerade direkt vor mir die Treppe heruntergelaufen kommt.

"Was macht ihr denn hier?", fragt er recht überrascht und sieht uns alle einmal flüchtig an, ehe sein Blick an mir hängen bleibt.

"Die beiden wollen sich um die Verräter kümmern. Makenzie hat den kleinen Zwerg mit sich geschleppt, weil sie einen Narren an ihm gefressen hat. Und ich wohne hier. Wusstest du, dass Kenneth ihr nichts erzählt hat?", kommt es ziemlich locker von Magnus, doch mich macht es nur wütend.

Sofort beginne ich zu knurren, drehe mich zu ihm um und betrachte ihn finster.

"In letzter Zeit läuft für mich alles ziemlich beschissen, also wenn du nicht darunter leiden willst, solltest du ab und zu einfach mal die verdammte Klappe halten", knurre ich ihn wütend an.

Für einen Augenblick bleibt alles still, ehe Derrick näher an mich herantritt, seinen Zeigefinger unter mein Kinn, seinen Daumen an mein Kinn legt und meinen Kopf etwas anhebt.

"Makenzie", sagt er sanft, als ich ihn nicht betrachte, also löse ich langsam den Blick von meinem Bruder und sehe in die perfekten blauen Augen vor mir.

"Was ist los mit dir?", fragt er mit einem besorgten Unterton in der Stimme.

Für einen kurzen Moment, will ich mich einfach in seinen Augen verlieren und all die Probleme um uns herum vergessen, doch dann schlucke ich stattdessen einmal feste.

"Wieso fragst du, wenn du es längst weißt?", frage ich ihn.

Er kann alles spüren, was ich spüre.

Außerdem weiß er, was ich denke.

"Weil ich es von dir hören möchte, Kleines."
Mein Herz schlägt in einem konstanten Rhythmus und doch fühlt es sich so an, als würde es viel zu langsam schlagen.

Alles um mich herum, fühlt sich so an, als würde die Zeit in Zeitlupe ablaufen.

Es ist dieses seltsame Gefühl, welches ich habe, seit ich meine Augen wieder geöffnet habe.

Wir verlieren, weil uns eine bestimmte Sache entgeht, doch irgendwie habe ich das Gefühl, als wüsste ich bereits, was für eine Information uns fehlt.

Sanft schiebe ich Derricks Hand von mir, ehe ich mich umdrehe und meinen Vater ansehe.

"Bring mich einfach zu Blaze. Ich will das ganze endlich hinter mich bringen", sage ich recht lustlos, da mir das alles unglaublich viel Kraft raubt.

Nael zögert, doch dann nickt er und bittet mich, ihm zu folgen.

Kurz sehe ich noch einmal zurück zu meinem Bruder, doch dann gebe ich Kenneth ein Zeichen und sage ihm damit, dass er mir folgen soll.

Mir ist gerade ziemlich egal, was die anderen über ihn wissen und mir verheimlichen.

Das hier ist jetzt seine Familie und ich werde alles dafür tun, um Kenneth zu beweisen, dass eine Familie nicht immer auf dasselbe Blut beschränkt ist.

The Alpha GirlDonde viven las historias. Descúbrelo ahora