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"Das hat er nicht getan?", wütend blickte Yoongi Jungkook an und schloss seine Hände zu Fäusten. Kurz zögerte der Braunhaarige, doch dann nickte er knapp: "Doch, hat er." Nervös biss Jungkook sich auf die Unterlippe und drehte sich dann zu seinem Spind herüber. Bei dem Gedanken, an den gestrigen Vorfall wanderte ein kalter Schauer über seinen Rücken und es bildete sich ein Kloß in seinem Hals.

"Das ist sexuelle Belästigung, Kooks", raunte Yoongi hingegen spitz an sein Ohr und lehnte sich mit verschränkten Armen gegen die gelben Metallschränke. Für einen kurzen Moment hielt Jungkook inne und hörte auf in seinen Büchern zu kramen. Hat er es wirklich als so schlimm empfunden? Fühlte er sich überhaupt in irgendeiner Weise von Taehyung belästigt?

"Jungkook", riss der Blonde wieder die Aufmerksamkeit seines Freundes auf sich "das kannst du doch nicht einfach so hinnehmen." Jungkook biss sich fest auf die Unterlippe und begann erneut in seinem Schrank herum zu kramen, dabei wusste er nicht einmal, was er eigentlich suchte. Er wollte nichts gegen Taehyung unternehmen. Er hatte nicht vor ihn in irgendeiner Weise zu verpetzen oder ihn für etwas zu beschuldigen. Abgesehen davon, würde ihm sowieso niemand glauben.

"Es ist schon okay, Yoongs", kam es ihm nüchtern über die Lippen. Daraufhin nahm er die Hände aus seinem Schließfach und schlug die Tür zu. Etwas ängstlich ließ er seine Augen über den Flur wandern, auf der Hut dieser einen bestimmten Person nicht über den Weg zu laufen. Doch gerade als er über die Schülermassen hinweg zu der gegenüberliegenden Spindreihe sah, trafen seine Augen auf zwei dunkelbraune Iriden, welche ihn bedrohlich fixierten. Hastig wandte er sich von der Person auf der anderen Seite ab, doch dabei konnte er nicht verhindern, dass er anfing seine Hände nervös zu kneten und die Bücher etwas mehr an sich zu drücken.

"Was ist los?", fragte Yoongi sogleich, da er natürlich bemerkt hatte, dass irgendetwas nicht stimmte. "N-nichts...gar nichts", stammelte der Braunhaarige unsicher und versuchte Yoongis bohrendem Blick stand zu halten. "Du hast doch was", stellte Yoongi fest und sah sich etwas im Flur um. Dieser hatte sich inzwischen geleert, da viele Schüler in ihre Klassen verschwanden.

"Das ist doch wohl nicht wahr", stieß der Blondschopf plötzlich bissig aus und sein Gesichtsausdruck wurde finster "ich werde diesem Typen, sowas von die Fresse polieren." Yoongi stieß sich wütend vom Spind ab und machte gleich ein paar Schritte nach vorne. "Nein-", mit einem Ruck umgriff Jungkook das Handgelenk seines besten Freundes und zog ihn wieder etwas zurück "bitte nicht!".

Ein fragender Blick wanderte in Yoongis Züge, welche sich jedoch keine Sekunde später wieder härteten und zeitgleich riss er sich aus Jungkooks Griff los. "Was denn 'bitte nicht'? Man Kooks, er hat dir verdammt nochmal weh getan und ich kann das nicht zulassen!", spuckte er seinem Freund grimmig entgegen. Doch Jungkook schaute ihn nur aus traurigen Augen an und sackte ein kleines bisschen in sich zusammen. "Bitte, Yoongi. Tu ihm nichts...", wisperte Jungkook und ließ seinen Kopf heruntersinken. "Aber warum? Ich versteh dich nicht, Jungkook. Ich versteh dich echt nicht", Yoongi schüttelte seinen Kopf und kam bis auf wenige Zentimeter auf ihn zu "er hat es verdient ein blaues Auge verpasst zu bekommen."

"Nein, bitte", jammerte der Schüler "ich könnte das nicht mitansehen." "Du könntest- Bitte was!?", Entsetzen stand in Yoongis Blick "und deshalb darf er einfach mit dir machen, was er will und ungeschoren davon kommen?" Es herrschte Stille. Niemand der beiden sagte etwas und sie starrten sich beide nur stumm in ihre Augen. Doch das genügte Yoongi schon. Jungkook musste gar nichts sagen, damit er verstand. Wütend brach er den Blickkontakt ab und drehte sich mit einem zynischen Schnauben von seinem besten Freund weg. Dann lief er den Flur herauf in Richtung ihres Klassenzimmers, konnte es jedoch nicht unterdrücken, dem selbstgefällig an den Spinden lehnenden Taehyung, einen dieser Blicke zuzuwerfen, von denen man lieber nicht wollte, dass sie töten könnten.

Jungkook schluckte einmal schwer. Der Kloß in seinem Hals war um einiges größer geworden und als er seine Augen erneut auf die gegenüberliegende Seite schwenken ließ, wurde er ein weiteres Mal von einem eisigen Schauer gepackt. Taehyung fixierte ihn immer noch mit seinen braunen Augen und mittlerweile war ein schelmisches Grinsen auf seine rosigen Lippen gewandert.

Jungkook wusste ja selbst nicht, warum er den Jungen dort vor sich so in Schutz nahm. Er hätte wahrscheinlich wirklich jede Art von Schmerzen verdient gehabt, aber er konnte nunmal nichts dagegen machen. Er liebte Taehyung. Niemals würde er es übers Herz bringen ihm irgendeinen Schaden zuzufügen. Vielleicht war das naiv oder gar verrückt, aber er hoffte einfach, dass er so einem weiteren Konflikt aus dem Weg gehen könnte. Wahrscheinlich wäre es das Beste, denn so würden sie sich nicht weiter gegenseitig aufstacheln und es würde zu keinen weiteren Missverständnissen kommen. Außerdem trüge es bestimmt dazu bei, dass Taehyung ihn schnell vergessen würde und ihre ganzen komischen Aufeinandertreffen schleunigst Schnee von gestern werden würden.

Und dennoch wurde der Junge von einer Welle an Verzweiflung ergriffen, sodass sich die Luft um ihn herum plötzlich ganz stickig anfühlte. Das Atmen fiel ihm mit einem Mal schwer und vor seinen Augen flimmerte es bereits verdächtig. Mehr aus einer Kurzschlussreaktion heraus, wandte er sich ruckartig in die entgegengesetzte Richtung der Klassenräume dem Jungsklo zu. Stürmisch rannte er auf die Tür zu, die Bücher dabei immer noch fest an seine Brust gepresst. Mit dem Fuß stieß er das helle Holz auf und verschwand in dem weißen Raum.

Sein Atem ging stoßweise und er versuchte diesen irgendwie wieder unter Kontrolle zu bekommen, während er auf die Fließenwand zulief und sich erschöpft mit dem Rücken daran lehnte. Sein Herz pochte wie wild in seiner Brust und seine Lungen schienen sich derweil zu überblähen. Erst als er die Augen schloss, beruhigte sich sein Körper wieder etwas und er nahm ein paar tiefe Atemzüge.

Gerade fühlte er sich bereit, endlich die Toilette zu verlassen und sich auf den Weg zu seiner Klasse zu machen, als die Tür mit einem lauten Knall aufflog und eine Person in den Waschraum stolperte. Sofort stockte Jungkook der Atem. Doch dieses Mal fühlte es sich an, als würde jemand ihm die Luft komplett wegschnüren. Schützend drückte er die Bücher noch um einiges fester an seinen Körper und sich selbst immer weiter in die hinterste Ecke des Raumes.

Vor ihm stand Kim Taehyung und musterte ihn mit demselben durchdringenden Blick wie soeben auf dem Schulflur.

Worst of you // TaekookWhere stories live. Discover now