Die Entscheidung

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⚠️TRIGGER WARNUNG⚠️

hier geht es um Abtreibung und was sie mit der Psyche macht. Es ist nie leicht so etwas durchzumachen, ich möchte hier auch nichts verschönigen oder die Menschen dazu ermutigen, etwas zu tun, was evtl. Das falsche ist. Sollte ich übertrieben haben dann schreibt mir gerne in die Kommentare oder eine PN ☺️

Dag's Sicht

Weitere vier Tage nichts. Vier Tage, leere. Vier Tage zittern, dann kam endlich die Nachricht.

*Hey Dag, ich soll dir von Laura ausrichten sie hat die Gespräche durch. Nächste Woche ist der Termin. Tut mir leid*

Ich ballte meine Faust, drückte das Handy als würde ich es zerquetschen wollen.

Wie kann sie das einfach machen? Klar ich sagte, ich bin da, aber ich reichte ihr wohl nicht, sie will mich wohl nicht an ihrer Seite. Und somit ist die Sorge um mein Kind stärker als die Sorge um sie. Ich hatte inzwischen recherchiert, eine Abtreibung ist nicht ohne. Sie kann Körperliche und vorallem Psychische Nebenwirkungen haben, nicht dass ich das nicht bereits wüsste. Meine Mutter war nach ihrer Abtreibung, drei Jahre immer wieder mal in der Psychiatrie. Inzwischen macht sie den Eindruck, als würde es ihr gut gehen und ich selber war zu klein um zu Realisieren was damals mit ihr geschah. Aber das die möglichkeit besteht, dass Laura genau so leiden würde, wollte mir all die Tage nicht aus dem Kopf gehen. Jetzt jedoch denke ich nur an meine Tocher oder meinen Sohn, den sie mir nimmt.

Ich habe allgemein jetzt nicht die Einstellung das Abtreibung gleich töten ist, wie viele andere aber gerade, gerade kann ich es verstehen warum manche sich in dieses Thema so reinsteigern.

Mit einem lauten und verzweifelten Seufzen schmiss ich meine Zigarette auf den Boden.

Ich will Lauras Entscheidung wirklich Respektieren, nüchtern betrachtet kann ich es auch aber gleichzeitig fühlte es sich einfach so verdammt unfair an.

*Danke Annika* antwortete ich noch eben, da wurde ich aus meinem Trance ähnlichen zustand geholt, mit einer Hand die sich auf meiner Schulter legte, einem billigen Bier vor meiner Nase und mit einem warmen Atem auf meinem Gesicht, welches mir verrät das Vincent mich gerade viel zu glücklich anlächelt und vor allem, mir viel zu nahe ist.

Ich nahm die Dose mit der einen Hand an und drückte ihn mit der anderen gleichzeitig weg. Warum bin ich eigentlich aufs Dach gekommen? Ich wollte einfach nur alleine sein, niemanden um mich haben, nichts hören, nichts sehen und nichtmal etwas riechen außer meinem eigenen Körpergeruch, welcher mir verriet, dass ich schon viel zu lange im Bett lag und eine Dusche gebrauchen könnte.

Mein Blick blieb an den beleuchteten Häusern der Stadt hängen bis diese sich am Horizont mit dem nächtlichen Himmel trafen.

"Ich weiß, du willst gerade überall sein nur nicht hier aber..."

"Ich will nach Hause." unterbrach ich ihn und drehte mich nun vom Dachrand weg um zu gehen.

"Aber du bist gerade dabei in eine Depression zu fallen." hielt mich Vincent am Arm auf. Ich schaute ihn für einen Moment an, als wüsste ich es nicht selber, dennoch riss ich mich aus seinem Griff los.

"Passt doch, dann bin ich eben auch nur so ein klischehafter Künstler. Also nutz es aus und verdiene mit mir Geld." Mit den Worten führte ich meinen Weg fort.

"Sehr Lustig. Ey Digga, im ernst. Deine Mitleidstour nervt." Seine doch eher trockene und desinteressierte Tonlage überraschte mich und ich blieb stehen.

"Dann such dir einfach ein anderen besten Freund." raunte ich ihn an. Wie konnte er sowas nur sagen?

Er seufzte laut auf.

"So meine ich das nicht. Ich kann mir nicht vorstellen wie es für dich alles gerade ist, offensichtlich scheiße, aber du bist niemand der den Kopf fallen lässt. Es ist noch nicht vorbei, also halte den Kopf gerade und lass dir eine Lösung einfallen, anstatt dich wie eine Schnecke in deinem Haus zu verstecken.

Ich funkelte ihn böse an.

"Klar du hast leicht rede." keifte ich ihn an und unsere Blicke die sich trafen führten einen unerbitterlichen Machtkampf aus. Dann ließ ich meinen Blick allerdings sinken.

Ich wusste das er recht hatte, einfach aufzugeben ist nicht meine Art aber..

"Was soll ich tun? Es ist ihr Körper, es betrifft auch ihr Leben und es sind ihre Gefühle. Wenn ich versuchen wollen würde sie zu überreden, wäre ich ein absolut egoistischer Mensch." teilte ich ihm meine Sorge mit. Doch Vincent lachte leicht auf.

"Ich glaube, keiner würde dich als Egoistisch betiteln, im Gegenteil."

"Doch, Laura ja. Wir wissen immerhin nicht was in ihrem Kopf vor sich geht."

"Das weiß sie vermutlich selber nicht einmal." murmelte Vincent.

Nun standen zwei Erwachsene Männer, mit einer geschlossenen Bierdose in der Hand, in der Nacht auf dem Dach und sahen den Boden an. Nicht unbedingt das beste Bild was wir jemals abgaben. Lange schwiegen wir und keiner sagte was, bis ich aufsah und einen Moment Vincent anschaute.

Mir war nicht danach, wirklich nicht aber ich konnte nicht anders als anfangen zu lachen.

"Was? Mir erst eine Standpauke halten und dann selber nicht besser aussehen?"

Irritiert sah Vincent hoch, aber ich konnte einfach nicht aufhören, im gegenteil, ich steigerte mich sogar immer mehr ins lachen rein. Verwirrt sah er auf das Bier in seiner Hand, dann zu meinem und dann in mein Gesicht.

"Entweder bist du betrunken oder das ist die neue art zu heulen."

Ohne groß darüber nachzudenken hielt ich zwei Finger hoch. Vermutlich hatte er recht, es ist wohl meine art zu weinen, denn auch wenn mir die ganze Zeit danach war, so kam mir keine einzige Träne aus den Augen, dafür jetzt beim lachen aber um so mehr.

"Du bist doch gestört, hör auf das ist unheimlich." doch es ging nicht.

"Ich sagte, hör auf." aber ich lachte weiter.

"Lass das du spinner, heul lieber." langsam aber sicher fing er auch an zu lachen und so standen wir eine weile wie zwei verrückte, lachend da, bis mein Körper endlich zu der Reaktion fähig war, die es die ganze Zeit wollte. In einem strengen Griff umarmte mich Vincent und verstummte.

"So ist gut, wein dich aus." Flüsterte er.

Beste FreundeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt