Riptide

1. Tyler

Schnell arbeite ich mich durch die anderen Spieler nach vor. Ich täusche rechts, laufe aber nach links, ohne den Ball zu verlieren. Das Tor ist schon in meiner Reichweite. Der Tormann hebt bereits schützend die Hände und beobachtet mich ganz genau. Mein Blick fällt auf die untere, linke Ecke. Auf das Tor fokussiert, deute ich mit meinem Fuß die obere Ecke an, und schieße dann in mein geplantes Ziel. Der Tormann verfehlt den Ball nur knapp mit der Hand und er landet im Netz. Unser Trainer pfeift und die anderen Jubeln und schlagen bei mir ein.
"Gut gemacht Allister!" Trainer Tomphson kommt auf mich zu und klopft mir auf die Schulter.
"Danke Coach!"

"Gut gespielt!" Corey legt seinen Arm um meine Schulter. "Das wird heute gefeiert!"

Wir kommen im Umkleideraum an und gehen duschen.
Während ich mein Haar mit dem Handtuch abtrockne, zieht sich Corey bereits die Schuhe an.
"Also treffen wir uns um acht bei mir und gehen dann auf die Party?" Das nasse Handtuch lasse ich auf die Bank fallen.
Jedes Wochenende feiert Kiran eine Party in seinem Haus. Keine Ahnung wie er sich sowas leisten kann, aber seine Partys habens echt drauf. Es sind immer mega viele Leute dort, hauptsächlich die aus der Schule.

"Klar!" Antwortet er mir, während er aufsteht und richtung Tür läuft.
"Man sieht sich!"

Mit einem Kopfnicken verabschiede ich mich von ihm. Die anderen sind schon alle weg, als ich nach draußen trete.
Die Sonne scheint vom Himmel und erhitzt meine Haut.

Unser Haus ist nicht weit weg, deswegen laufe ich nach Hause.
Am Haus angekommen, sehe ich bereits meine Mutter im Garten liegen. Sie sonnt sich wiedermal.
"Hey Mum." Sie klappt ihre Sonnenbrille etwas runter um mich anzusehen.
"Na wie war dein Training?"
"Ganz gut!" Diese Antwort gebe ich ihr fast immer, ihr ist es nämlich scheißegal.
Schnell gehe ich an ihr vorbei und durch die Terassentür.
Ich ziehe meine Schuhe aus und stelle sie auf die Tropftasse im Flur.

"Dad?" Rufe ich nach meinem Vater.
In der Küche höre ich einen Seufzer und ich sprinte hinein.
"Da bist du!"
Sein mürrischer Blick fällt auf mich und er legt die Zeitung vor sich auf den Tisch.

"Ich geh heute mit Corey auf ne Party! Hoffe wir haben noch nichts vor." Mit großen Augen sehe ich ihn an.

"Heute nicht, aber morgen kommen Mr & Mrs Morgan mit ihrer Tochter Estelle. Du weißt ja, deine Sandkastenfreundin."
Oh gott. Was will er von denen?
Estelle war wirklich eine gute Freundin, aber sie ist dann irgendwann plötzlich weg gewesen.
"Und ich will das du ausgeschlafen bist und hier nicht betrunken reinlallst."

"Keine Sorge! Ich bleib nicht so lange und Alkohol vertrage ich sowieso gut. Danke Dad!" Bevor er etwas erwidern kann, bin ich aus der Küche gestürmt.

In meinem Zimmer suche ich mir erstmal was zum anziehen für die Party. Im Schrank finde ich eine Jeans und ein dunkles Shirt. Blau oder Schwarz, keine Ahnung.
Ich lege alles auf mein Bett und setze mich zu meinem Computer.
Auf Facebook entdecke ich eine Freundschaftsanfrage und ich klicke drauf. Logan Whittemore.
Hm, der Typ kommt mir nicht bekannt vor, aber sein Profilbild gefällt mir. Auf dem kleinen Bild erkenne ich einen blonden mit nacktem Oberkörper vor dem Spiegel. Neugierig klicke ich drauf, um auf sein Profil zu gelangen. Nachdem ich ihn durchgecheckt habe, und erfahren habe, dass er hier in der Nähe wohnt und dem Anschein nach kein Serienmörder ist, nehme ich ihn an.

Nach drei Stunden mache ich mich fertig für die Party. Um fünf vor acht, höre ich ein kleines Klacken. Dann wieder. Klack. Als ich mich richtung Fenster begebe, sehe ich draußen Corey stehen, der gerade am Boden Kieselsteine sammelt und anschließend an mein Fenster wirft.

Ich öffne das Fenster und ein Kieselstein trifft mich fast am Kopf.
"Oh fuck!" Corey hält sich die Hand vor den Mund.

"Sind wir hier in irgendeinem Schnulzenfilm, weil du Steine an mein Fenster wirfst?" Ich deute ihm einen Vogel und lache. Da kniet er sich hin und spricht mit einer tiefen Stimme: "Julia, oh Julia! Lass dein Haar herunter!" Jetzt kann ich nicht mehr und pruste los. Corey stimmt mit ein und steht wieder auf.

Ich laufe die Treppe hinunter, sage meinen Eltern bescheid und sprinte zu Corey.
"Wieso hast du nicht einfach an der Haustür geklingelt?" Frage ich ihn als ich nach draußen trete und stecke meine Hände in die Hosentasche.

"Dein Vater mag mich nicht. Hatte kein Bock ihm zu begegnen und ich fands lustig!" Ein amüsiertes Lächeln zieht sich über seine Lippen und er wuschelt mir durch die Haare.

Ja stimmt. Mein Vater mag ihn nicht, aber ich weiß nicht wieso. Vermutlich weil er ihn für "Arm" hält.
Aber nur weil er eine eigene Baufirma hat und einen Haufen Kohle, heißt es nicht, dass er ein besserer Mensch ist.
Corey ist der beste Freund den ich mir überhaupt wünschen kann.
Seit wir uns im Fußball- Trainingscamp kennengelernt haben, sind wir unzertrennlich.
Er ist auch der Einzige der weiß dass ich auf Jungs stehe und das auch versteht.

"Und übrigens, Rapunzel lässt ihr Haar herunter, nicht Julia!"