22. Corey

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Keuchend sehe ich auf mein Handy. Noch immer keine Antwort. Naja, was hab ich denn erwartet?
Dass er sich für seine verständliche Reaktion entschuldigt?
Dafür, dass ich meine Klappe nicht halten konnte?
Dass alles wieder gut ist?

Auf einmal spüre ich einen stechenden Schmerz an meinem Bauch. Dad hatte recht. Ich hätte nicht mit solchen Verletzungen joggen gehen sollen, aber das hilft mir eben um meinen Kopf frei zu bekommen. Für eine Zeit lang.

An einem Baum bleibe ich stehen. Mit dem Rücken und dem Kopf lehne ich mich gegen ihn. Die Kapuze meines Pullovers habe ich mir aufgesetzt, für den Fall, dass mich jemand aus der Schule sieht, da ich ja "krank" bin.

Nun starre ich in den mit Wolken bedeckten Himmel. Das Wetter hat sich verschlechtert, genau wie meine Freundschaft mit Tyler.
Wenn man das überhaupt noch Freundschaft nennen kann. So wie es aussieht, habe ich es verbockt.

Um sicher zu gehen, dass ich keine Nachricht übersehen habe, blicke ich erneut auf mein Handy.
Und da.
Eine Nachricht.
Von Lola.
Habe ich schonmal erwähnt, dass meine Schwester ein perfektes Timing hat?

Hey, wie gehts dir? Alles okay?

Meine kleine Schwester sorgt sich um mich. Süß. Sofort wird mir warm ums Herz. Ich bin so froh, dass ich sie habe. Ohne sie hätte ich Mums Tod nie durchgestanden. Ohne sie wäre ich gestern auf dem Boden liegen geblieben. Vielleicht wäre ich ewig dort gelegen. Irgendwelche Waschbären wären über mich hergefallen, schließlich war ich Ohnmächtig. Ich hätte vielleicht auch sterben können. Ich hätte sterben wollen, wenn sie nicht da gewesen wäre.

Ja Lolapop. Alles gut.
Wie läuft die Schule? Hast du keinen Unterricht?

Sieh mal auf die Uhr du Pfosten. Ich habe Pause.

Stimmt, es ist viertel nach 12.

Und übrigens, ich wollte heute mit Tyler reden und ihm bescheid geben, was dir passiert ist, aber er scheint mir aus dem Weg zu gehen. Meld dich mal bei ihm, vielleicht geht es ihm nicht gut.

Mein Magen verkrampft sich und ich merke wie sich meine Schultern anspannen. Mein Gesicht, die Wunden, alles tut plötzlich weh.
Am meisten aber mein Herz.
Es geht ihm nicht gut.
Wie soll es auch? Ich habe ihn verraten! Sein Vater hat ihm, was weiß ich was, angetan. Daran bin alleine ich schuld.

Okay. Danke. Werd ich machen.

Als ich die Nachricht abgeschickt habe, gehe ich auf Tylers Profil. Er war heute noch gar nie online.
Verdammt. Er ignoriert nicht nur mich, sondern auch meine Schwester.

Schnell lasse ich mein Handy in der Hosentasche verschwinden und laufe weiter. Trotz der Schmerzen des Blutergusses auf meinem Bauch oder des stechen in meiner Brust.

Ich will einfach nur laufen. Irgendwo hin. Weg von hier.

RiptideWo Geschichten leben. Entdecke jetzt