17. Tyler

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Mein Herz hämmert gegen meine Rippen und mein Atem geht schnell. Langsam lockert sich meine Faust. Mein Blick fällt auf ihn. Er liegt wehrlos am Boden. Blut läuft ihm übers Gesicht aber ich kann nicht erkennen woher es kommt.
Was habe ich getan?
Langsam bekomme ich Panik und ich merke wie seine Schwester im Haus die Treppe runter läuft. Sie singt irgendwas. Schnell drücke ich auf die Klingel, damit sie ihn findet. So kann ich ihn nicht liegen lassen.

Sofort laufe ich weg. Die Auffahrt entlang und auf den Gehweg. Meine Tasche sammle ich auf dem Weg wieder ein, da ich sie achtlos fallen gelassen habe, ehe ich auf Corey losgegangen bin. Man scheiße. Ich bin auf Corey losgegangen. Ich habe ihn verprügelt. Er hat sich nicht bewegt und hat geblutet.
Aber er hat meinem Vater doch erzählt dass ich schwul bin. Er wusste dass ich das nicht wollte. Genau aus dem Grund. Ich wurde von meinem Vater rausgeschmissen und meine Mutter hat dabei zugesehen. Ich habe nichts mehr. Kein Dach übern Kopf, keine Eltern...keinen Freund.

Meine Hände beginnen zu zittern und ich setze mich auf den Randstein. Tränen laufen mir bereits über die Wangen.
Ein paar Autofahrer hupen, da ich ja halb auf der Straße sitze. Meine Füße ziehe ich ein und umklammere sie.
Was soll ich jetzt machen?
In meiner Tasche krame ich nach meinem Handy aber der Akku ist leer.
Wütend pfeffere ich es zurück.

Weiter starre ich in den kalten Nachthimmel hinauf. Kleine Wolken verdecken ein paar Sterne. Mein Atem wird als kleine Rauchwolke sichtbar.
Da mir langsam kalt wird mache ich mich auf den Weg.

Meine Tränen trocknen im Wind.
Gänsehaut zieht sich über meinen Körper während ich immer weiter laufe. Von weitem sehe ich das helle Haus. Große Fenster und eine große Eingangstür zieren es. Ich sprinte zur Tür und klingele.
Bitte sei zu Hause. Bitte mach auf.

Nachdem ich noch zweimal geläutet habe, öffnet sich die Tür.
"Tyler? Was machst du denn hier?" fragt sie und reibt sich die Augen.
"Du weißt nicht wie froh ich bin dass du da bist Estelle!" sage ich und will sie umarmen, aber sie hält meine Hände fest. Ihr Griff ist fester als ich von ihr gedacht hätte.
"Oh mein Gott. Ist das deins?! Geht es dir gut?" Sie sieht mich besorgt an.
Was meint sie?
Dann sehe ich auf meine Hände auf denen Blut klebt. Coreys Blut. Durch die Dunkelheit, habe ich es garnicht bemerkt.
Unwillkürlich schüttele ich den Kopf.
Jetzt zieht mich Estelle ins Haus und sieht mir tief in die Augen.
"Was. Ist. Passiert?" fragt sie mich als wäre ich ein Psycho. Den Blick wendet sie nicht von mir ab. Ich merke wie mir wieder Tränen in die Augen steigen.
"I-ich..habe Corey zusammengeschlagen." stottere ich und lasse mich auf den Boden sinken, aber Estelle stellt mich wieder auf. Meinen Blick senke ich auf den Boden.
"Du hast was?"
Ich kann einfach nicht mehr. Die ganze Wut und das Leid hat sich in mir aufgestaut.
"Ich habe meinen besten Freund zusammengeschlagen weil er meinem Vater erzählt hat dass ich schwul bin!" platzt es aus mir heraus.
Estelles Blick verrät mir dass sie Angst hat. Sie ist zurückgewichen und hat Abstand zwischen uns gebracht.
Nicht sie auch noch. Ich kann sie nicht auch noch verlieren.

"Es tut mir leid!" sage ich. Tränen fließen über meine Wangen und tropfen auf den Boden.
Kurz darauf nimmt mich Estelle in den Arm. Diese Reaktion habe ich nicht erwartet. Gerade erzähle ich ihr dass ich schwul bin und dass ich meinen besten Freund verprügelt habe, und sie bleibt bei mir. Umarmt mich. Ist für mich da.
Ihre Wärme tut so verdammt gut.
Ich vergrabe meinen Kopf in ihrem Hals und flüstere: "Es tut mir leid Corey."

RiptideWhere stories live. Discover now