11.Tyler

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Wir sind mit meinem Auto hergefahren. Ein kleiner silberner Mercedes, den mir mein Vater gekauft hat, da er es besser fand, dass ich selbst von A nach B komme, damit er oder Mum mich nicht immer fahren mussten.

Das Restaurant, dass Estelle ausgesucht hat, ist nicht besonders groß und auch nicht nobel.
Der afrikanische Stil lässt es ziemlich gemütlich wirken, eher so, als wäre es ein Café.
Wir suchen uns einen Tisch am Fenster. Ich helfe Estelle mit dem Stuhl und lasse mich dann neben ihr nieder. Ja ich war ein Gentleman, so wurde ich von meinen Eltern erzogen.
Corey lässt sich auf den Stuhl vor mir fallen, während Hanna darauf wartet, dass er ihr beim hinsetzen hilft, was er aber nicht tut. Stattdessen sieht er mich an und beachtet sie garnicht. Als sich unsere Blicke treffen, sieht er weg.

"Hier!" Estelle gibt jeden eine Karte, sobald sich Hanna mit enttäuschtem Blick hingesetzt hat.

"Guten Tag. Wissen sie schon was sie bestellen möchten?" fragt uns die Kellnerin, die an unseren Tisch kommt. Sie ist ziemlich jung und ich bemerke wie Corey sie von oben bis unten mustert. Der Kellnerin gefällt das und lächelt ihn verführerisch an.

Hanna gefällt es hingegen nicht.
"Vier mal Cola und Spaghetti!" platzt sie heraus und rückt näher zu Corey und legt ihre Hand auf seinen Arm.
"Gerne!" Die Kellnerin versteht die besitzanzeigende Geste und wendet den Blick ab. Sie notiert alles auf ihrem Notizblock und geht dann wieder.

Kurz sitzen wir alle schweigend da. Diese ganze Situation ist mir irgendwie unangenehm. Estelle an meiner Seite, für die ich eigentlich nichts empfinde. Corey und Hanna, dessen Beziehung ich nicht wirklich kenne oder deuten kann, sitzen uns gegenüber. Wenn ich eins weiß, dann dass wir hier bestimmt keine Clique werden und auch nie auf Doppeldates gehen werden. Naja, bis auf jetzt.

"Also..seit ihr zwei ein Paar?" Hanna deutet mit dem Finger zwischen mir und Estelle hin und her.
Ich drehe mich zu Estelle und sie lächelt mich an und nimmt meine Hand die auf dem Tisch liegt.
"Ja." antwortet sie. Ja? Sind wir das?
Ich kann mich nicht dran erinnern, dass ich sie je gefragt habe oder sie mich. Oder war das selbstverständlich nach dem Kuss?

Corey starrt mich wütend mit zusammengezogenen Augenbrauen an.
Er war nie von der Idee begeistert und hat mir immer wieder gesagt, dass ich mit der Wahrheit rausrücken soll.

Estelle lehnt sich nun in ihrem Stuhl zurück und Corey legt seinen Arm um ihre Schultern. Er will mich provozieren, aber darauf lasse ich mich nicht ein.
"Ich geh mal auf die Toilette." sagte ich und stand auf. Ich brauche kurz einen Moment für mich und ich muss auch wirklich pinkeln.

Ich stoße die Tür auf stelle mich ans Pissbecken.
Bin ich jetzt wirklich mit Estelle zusammen? Scheiße.
Das war nicht geplant, also eigentlich habe ich garnichts wirklich geplant. Vorraus gedacht habe ich damals auch nicht. Dass sie vielleicht mehr für mich empfinden könnte und mehr von mir will.
In dem Moment schien es mir richtig, da niemand erfahren würde, dass ich schwul bin. Wie egoistisch ich doch bin.

Als ich fertig bin, packe ich meinen Schwanz wieder ein, mache die Hose zu und drücke die Spülung.
Im selben Moment klatscht jemand seine Hand, direkt neben meinem Kopf vorbei, an die Wand. Oh Gott.

"Was soll das?" knurrt eine mir bekannte Stimme hinter mir.
Langsam drehe ich mich zu Corey um, der sich noch immer neben meinem Kopf an der Wand abstützt. Sein muskulöser Arm ist meinem Gesicht so nahe, dass ich förmlich seinen rasenden Puls hören kann.

"Was soll was?" fauche ich zurück.
Sein Blick verrät mir nichts Gutes.
"Der Scheiß mit Estelle!"
Corey kommt mir gefährlich nahe und ich trete zurück, jedoch stoße ich nach einem kleinen Schritt an das Becken. Das bemerkt er und kommt noch näher, so dass ich hart schlucken muss.
Mein Blick heftet sich auf seinen Mund. Seine Lippen sind leicht geöffnet und ich kann seinen Atem spüren. Seinen heißen, unruhigen Atem.

Wir sind hier auf irgendeiner Männertoilette, ich habe seit ein paar Minuten eine feste Freundin, Corey schreit mich an und das einzige an das ich denken kann sind seine Lippen. Die Lippen die ich geküsst habe. Die sich so weich und warm anfühlten.

Corey geht etwas zurück. "Jetzt sag schon!"
Seine raue Stimme bringt mich zurück in die Realität.
"Wir sind nicht zusammen!" Mit der Hand fahre ich mir durch die Haare.
"Keine Ahnung wieso sie das behauptet, mann!"
Corey nimmt seine Hand runter und ich gehe an ihm vorbei und wasche meine Hände, ohne ihm eines Blickes zu würdigen.

Dann spüre ich seine Hand auf meinem Rücken. Sofort breitet sich das Prickeln auf meiner Haut aus.
"Hey, hör zu. Ich weiß es fällt dir nicht leicht, aber du musst die Wahrheit sagen. Du kannst nicht immer weiterlügen und ihr etwas vorspielen.
Du kannst dir nicht weiter etwas vorspielen!" Im Spiegel sieht er mich mitleidend an. Er hat ja recht und ich würde es gern, aber es geht nicht.

"Woher willst du wissen dass ich lüge? Vielleicht spiele ich ihr ja garnichts vor und mir auch nicht!" brülle ich zurück. Dann schlage ich seine Hand von meinem Rücken und gehe raus. Ich weiß schon selbst was ich da tue.

RiptideWhere stories live. Discover now