45. Tyler

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"Was ist das jetzt zwischen uns?" frage ich Corey während ich mit meinem Finger Kreise auf seine Brust male.
Er sieht auf mich herab und drückt mich dann fester an sich.
"Also ich meine sind wir jetzt.." fahre ich fort. Keine Ahnung wie man sich in so einer Situation verhält.

"Zusammen?" beendet Corey den Satz für mich. Zusammen. Er denkt das gleiche wie ich. Ein Glück. Ich nicke.

"Wenn du das willst, dann.." Coreys Stimme ist so sanft.

"Ja." unterbreche ich ihn. "Ich will."
Er hebt meinen Kopf mit seinen Fingern an und küsst mich. Es ist ein sanfter Kuss ohne Zunge. Mit seiner Hand fährt er in meine Haare.
Plötzlich aber werden wir gestört. Wir hören ein Geräusch im Haus.

Corey lässt von mir ab. "Ist deine Mum schon zu Hause?"

Ich schüttle den Kopf. "Sie müsste normalerweise noch bei der Arbeit sein, aber vielleicht hat sie ja früher Schluss." Das kommt immer wieder mal vor. Manchmal fällt ein Meeting aus oder die Arbeit ist alle erledigt.

"Ich seh mal nach. Warte hier." sage ich zu Corey während ich mir meine Boxershorts anziehe.

Dann tapse ich auf den Flur hinaus. Ja jemand ist im Haus. Derjenige kommt gerade die Treppe hoch, die Schritte sind ziemlich dumpf. Meine Mutter würde bestimmt klackernde Geräusche mit ihren hohen Schuhen machen.

Aus Sicherheit schnappe ich mir den Kerzenständer von der Kommode. Ein Erbstück meiner Großmutter. Im Notfall muss er leider dran glauben.

Die Person ist nun oben und kommt um die Ecke und ich kann meinen Augen nicht trauen.
Mein verdammter Vater steht plötzlich vor mir. In Anzug, wie eigentlich immer, aber seine Haare wirken ungewaschen und seine Krawatte sitzt schief.

"Was zum Teufel machst du hier?" frage ich ihn laut und stelle Omas Erbstück wieder an seinen Platz.

"Ich hole meine restlichen Sachen." lallt er. Gesoffen hat er auch noch. Toll. "aber die bessere Frage ist wohl was du hier machst!" schreit er fast. Das geht ihn einen Scheißdreck an. Er soll sich verpissen.

"Tyler was ist los?" Corey tritt nur in Jogginghose aus meinem Zimmer und hält inne, als er meinen Vater erblickt.

Mein Vater blickt zwischen uns hin und her. Einmal zu mir, dann wieder zu Corey. Immer wieder. Dann bildet sich ein dreckiges Grinsen auf seinem Gesicht. Natürlich kann er eins und eins zusammenzählen.

"Ihr zwei? Ist das euer Ernst?" Der angewiederte Ton in seiner Stimme versetzt mir einen Stich.
Mein Vater kommt immer näher und sieht Corey dabei verachtend an.
"Du! Du hast meinen Sohn zu soetwas gemacht. Wegen dir lässt er sich ficken, obwohl er ein Kerl ist!"
Coreys Hände ballen sich zu Fäusten, dennoch bleibt er ziemlich ruhig.

"Ich habe ihren Sohn nicht zu soetwas gemacht. Im Gegensatz zu Ihnen bin ich wenigstens für ihn da, aber das ist sowieso besser so, denn wenn sie für ihn da gewesen wären, wäre er bestimmt soetwas wie sie geworden." kontert Corey laut und greift nach meiner Hand.
Wow. Also ich hätte mich nie getraut meinem Vater soetwas zu sagen.

Dad sieht auf unsere verschlungenen Hände und ich merke wie sein Kopf rot wird. Seine Hände ballen sich zu Fäusten und langsam bekomme ich Angst von meinem Vater. Wieder einmal.

Bevor ich Corey zurückziehen kann, schlägt mein Vater bereits seine Faust in Coreys Gesicht. Er fällt. Sein Kopf landet an der Kante der Kommode.
Oh mein Gott.
Corey bleibt liegen und rührt sich nicht. Nein. Nein. nein.

"Spinnst du?!" brülle ich meinen Vater an, der erschrocken dreinblickt. "Hau ab und komm nie wieder!"

Schnell beuge ich mich hinunter zu Corey. Ich drehe seinen Kopf zu mir und greife in etwas nasses, warmes. Blut. Verdammte Scheiße! Corey blutet am Hinterkopf.

Seine Augen sind noch leicht geöffnet aber sie flackern bereits.
"Corey sieh mich an! Nicht einschlafen. Bleib da. Bitte!" sage ich panisch zu ihm und Tränen schießen mir in die Augen. Sofort hole ich mein Handy und rufe den Notarzt. Da ich zu schluchzen beginne, habe ich mühe, meine Daten verständlich weiterzugeben. Letzten Endes versteht die Dame trotzdem alles und versichert mir, dass der Notarzt in drei Minuten da sein würde.

Als ich wieder bei Corey bin, ist mein Vater gottseidank abgehauen.
Aus dem Zimmer habe ich mein Shirt mitgenommen und presse dieses nun auf die blutende Wunde an Coreys Kopf, so wie es mir die nette Dame an der anderen Leitung erklärt hat.

"Corey! Bitte bleib bei mir! Bitte! Alles wird gut!" Ich versuche ihn wach zu halten, aber vergebens. Seine Augen fallen zu. Tränen strömen mir über die Wangen. Wo bleibt denn der Notarzt?

Dann höre ich den Rettungswagen, stürme nach unten und öffne die Tür.
Die Sanitäter laufen sofort mit mir nach oben. Ich stelle mich daneben hin und zittere. Er liegt so leblos da und das nur wegen meinem Vater. Wegen mir.

"Hey. Kannst du mir erzählen was passiert ist?" fragt mich dann ein Sanitäter mit sanfter Stimme. Er nimmt meine zitternden Hände und dreht sie um. "Bist du ebenfalls verletzt?"

"Nein. Das ist sein Blut. Ich wollte das Blut stoppen." wieder schluchze ich, sodass ich fast nicht weiterreden kann. "Mein Vater ist ausgerastet und hat ihn ins Gesicht geschlagen. Corey ist deswegen an die Kante der Kommode gefallen."

Der Mann legt seine Hand auf meinen Rücken. "Alles wird gut. Er ist soweit stabil. Vermutlich wird er eine Operation brauchen, aber es ist nichts ernstes. "

Puh. Das beruhigt mich ein bisschen.

"Ist er dein Bruder?" fragt mich der Rettungssanitäter.

Kopfschüttelnd antworte ich: "Nein, mein Freund."
Nie im Leben hätte ich gedacht dass ich Corey einmal als meinen Freund bezeichnen würde.

"Kannst du seine Familie verständigen?
Du kannst auch mit uns mitfahren wenn du willst."

Wieder nicke ich und gehe schnell ins Zimmer. Ich ziehe mir eine schwarze Weste über und eine Hose. Die ganze Zeit hatte ich nur meine Boxer an, aber das ist mir im Moment sowas von egal.  Anschließend schlüpfe ich in meine Turnschuhe und rufe auf dem Weg nach unten Coreys Dad an.

Die Sanitäter sind gerade dabei Corey in den Wagen zu schieben.
Mich lassen sie ebenfalls hinten einsteigen. Die ganze Fahrt über, halte ich seine Hand.
Ich hoffe er kann es spüren.
Ich liebe dich.

RiptideWhere stories live. Discover now