56. Corey

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Dieses verdammte Miststück! Sie hat ernsthaft bei meinem Handy die letzten Nachrichten an Tyler gelöscht. So als ob nie was gewesen wäre. Was habe ich der denn getan dass sie mich so hasst?

Ich laufe das ganze Schulgebäude ab um Estelle zu finden. Zum Glück ist sie noch da und auch allein. Ohne ihre Freunde und Hanna, die jetzt anscheinend ihre Beste Freundin ist.
Schnell gehe ich auf sie zu, packe sie am Arm ohne ihr wehzutun und ziehe sie in die leere Klasse. Ich will nicht riskieren dass das jemand mitbekommt oder Hanna vorbeikommt und sie wieder abblockt.

"Lass mich los!" schreit sie als die Tür hinter uns ins Schloss fällt und ich gehe ihrem Befehl nach.
"Was zur Hölle soll das Foto?!" Estelle weicht zurück, da ich ziemlich laut bin. "Wieso schickst du das Tyler?"

Estelles Augen sind weit aufgerissen und sie öffnet den Mund, schließt ihn dann aber wieder. Ihr Blick ändert sich langsam von erschrocken zu traurig. Ihre Augen glänzen. Weint sie?
Gott verdammt! Muss immer jeder wegen mir heulen?

"Rede ich vielleicht spanisch?" Erwidere ich etwas sanfter. Immerhin will ich kein Aufsehen erregen.

Estelle lehnt sich an den Lehrertisch und starrt vor sich auf den Boden. Ihre langen Haare fallen ihr über die Schultern und verdecken ihr Gesicht, sodass ich es nicht sehen kann.

Ich will sie gerade nochmal fragen, als sie anfängt zu schluchzen.
Ich hätte einen Oscar verdient. Für am meisten Leute zum heulen bringen.

"Wir haben nicht miteinander geschlafen." Höre ich aus ihrem geschluchze heraus. Sofort weicht der Druck aus meiner Brust.

"Wir haben nicht..?" frage ich nochmal nach und trete näher an Estelle, die sich die Hand vor den Mund hält.

Sie schütttelt heftig den Kopf.
Gott sei dank! Gerade könnte ich die ganze Welt umarmen, aber es würde mir schon reichen Tyler in die Arme zu nehmen.

"Was ist passiert?" Ich bin zurückgetreten und lehne mich gegen die Wand. Meinen Blick scharf auf Estelle gerichtet. Jetzt sieht sie endlich auf. Ihre Wangen sind gerötet und nass.

"Es war Hannas Idee. Sie meinte sie selbst komme nicht mehr an dich ran, also hat sie mich vorgeschoben. Sie wollte Rache, da Tyler ihr dich weggenommen hat. Die Nachhilfesache kam ihr da ziemlich gelegen."

Das hätte ich mir doch denken können.
Hanna ist eifersüchtig und Tyler muss dafür büßen? Sie ist so krank!

Es stehen jedoch immernoch einige Fragen offen. "Wieso kann ich mich an nichts erinnern?"
Estelle wischt sich mit dem Handrücken über das Gesicht und verschmiert dabei ihre Wimperntusche.

"Für dich sollte es so aussehen, als ob du viel gesoffen hättest, deswegen habe ich den Vodka mitgenommen. Dann habe ich Tropfen, die mir Hanna gegeben hat, in dein Glas gegeben. Nach zehn Minuten bist du dann völlig weggewesen. Ich musste dich nurmehr ausziehen und das Foto schießen. Dann bin ich gegangen." Sie bricht wieder in Tränen aus und es tut mir irgendwie weh, sie so zu sehen.

"Eine Frage bleibt mir noch." Ich versuche mich nicht weich kriegen zu lassen. Egal wie viel sie heult. Wegen ihr glaubt Tyler ich habe ihn betrogen.
"Wieso hast du das getan?"

Für einen kurzen Moment hört sie auf zu weinen und atmet tief ein.
"Hanna hat mich erpresst." Estelle holt sich ein Taschentuch aus der Hosentasche und tupft sich ihre Augen ab. "Sie hat gesagt, wenn ich das nicht tue, erzählt sie meinen Eltern, dass ich etwas mit meinem Tanzlehrer habe."

Jetzt tut sie mir irgendwie leid. Sie muss für ihre Eltern genauso perfekt sein wie Tyler es musste.
"Es tut mir leid." flüstert sie und will zur Tür gehen.

"Kannst du Tyler bitte die Wahrheit sagen? Mir wird er nicht glauben." frage ich sie und lege meine Hand auf ihren Arm. Sie verspricht mir ihn anzurufen und ich bedanke mich für ihre Ehrlichkeit. Obwohl es etwas gedauert hat, aber schließlich weiß ich ja am besten wie Hanna drauf ist.

Sofort begebe ich mich nach dieser freudigen Nachricht zu Tyler. Es macht mich total fertig, zu wissen, dass er geglaubt hat ich betrüge ihn. Sowas hat er nicht verdient.

Am Haus angekommen klingele ich und es dauert eine Weile bis Tylers Mum die Tür öffnet. Ihre Augen zeichnen dunkle Ringe und ihr Gesicht hat an Farbe verloren.
Sie wirkt..erschöpft? Müde?

"Hallo Mrs. Allister! Geht es ihnen gut?" frage ich sie vorsichtig und sie schüttelt den Kopf und bedeutet mir einzutreten. Als ich im Flur stehe drehe ich mich zu ihr um.

"Mein M-Mann e-er wurde angefahren." Sie sieht mich mit einem undeutbarem Blick an und flüstert etwas undeutbar, trotzdem bin ich mir sicher was ich gehört habe. "Tylers Vater ist tot."

Dieser Satz und ihr Nicken zur Treppe reichen aus, um hochzustürmen.
Nein. Nicht schon wieder.
Der Druck in meiner Brust verstärkt sich, je näher ich Tylers Zimmertür komme.
Ich fürchte mich davor, was oder besser gesagt wie ich Tyler hinter der Tür vorfinde.
Diese verdammte Lüge hat ihn doch schon so sehr verletzt.
Der Tod seines Vaters wird ihn zerbrechen.

RiptideWhere stories live. Discover now