35. Tyler

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Viel Glück. Ja das kann ich gebrauchen. Ich weiß überhaupt nicht wie ich auf meine Mutter reagieren soll. Natürlich würde ich mich freuen wenn sie sich entschuldigt, aber ob ich ihr verzeihen kann, dass sie mitangesehen hat, wie mein Vater mich rauswirft, weiß ich nicht.

Nach einer Weile komme ich am Bailey's an. Vor der Tür parken nur ein paar Autos und auch das von meiner Mutter. Schwer schluckend gehe ich rein.

Beim Eintreten schlägt mir ein guter Brotgeruch entgegen und ich hole tief Luft. Dann lasse ich meinen Blick umherschweifen. Ein Mann in Anzug sitzt allein am Fenster und starrt die ganze Zeit auf seinen Laptop. An einem anderen Tisch, sitzt eine Frau mit ihrem - ich schätze Mann- und zwei Kindern. Das kleinere kleckert mit dem Kakao auf den Tisch, was seine Mutter nicht so toll findet.

Dann geht mein Blick in eine Sitznische wo ich die streng zurückgebundenen, blonden Haare meiner Mutter entdecke. Langsam gehe ich auf sie zu.

"Oh Tyler! Ich bin so froh dich zu sehen!" Meine Mutter steht auf und umarmt mich. Es tut so gut wieder bei ihr zu sein und ihren Duft einzuatmen.

"Ja ich bin auch froh dich zu sehen." ein Lächeln kommt mir über die Lippen, dann setze ich mich gegenüber von ihr auf den Stuhl.
Eine Kellnerin kommt an unseren Tisch und wir bestellen das English-Breakfast für zwei.

Die Dame verlässt unseren Tisch mit einem Lächeln im Gesicht und meine Mutter sieht mich besorgt an. "Wie geht es dir?"

Ausser dass ich aus meinem Zuhause rausgeworfen wurde, nicht im Finale spielen konnte und ich mich in meinen besten Freund verknallt habe, alles super.
"Den Umständen entsprechend." Ohne eine Miene zu verziehen, sehe ich meiner Mutter in ihr trauriges Gesicht. So schmerzerfüllt habe ich ihre wunderschönen, blauen Augen noch nie gesehen.

"Es tut mir leid. Es tut mir so schrecklich leid." Sie hält sich die Hand an die Stirn und schüttelt den Kopf. "Ich wollte das nicht, aber dein Vater, er-er war so wütend."
Sie ist ziemlich aufgeregt, also nehme ich ihre Hand die auf dem Tisch liegt.

Mit gerötetem Gesicht sieht sie mich an. "Hör zu, ich habe nichts gegen deine sexuelle Orientierung. Es ist mir egal wen du liebst. Ich will nur dass du glücklich bist. Du bist mein Sohn und ich akzeptiere dich so wie du bist."

Es tut so gut das zu hören. Sie akzeptiert mich. Sie liebt mich.
Jedoch wäre es noch schöner, wenn ich das selbe von meinem Vater hören würde.

Die nette Kellnerin kommt an den Tisch und bringt uns unser Essen.
Sie wünscht uns guten Appetit und verschwindet.
"Danke Mum. Das bedeutet mir so viel." sage ich und trinke einen Schluck von meinem Orangensaft und fange an zu essen.

"Willst du nicht wieder nach Hause kommen? Von Corey weiß ich dass du derzeit bei ihm wohnst." fragt sie plötzlich.

"Wie soll ich denn zurück? Dad hat mich rausgeworfen. Wieso sollte er so einen Schwanzlutscher-wie er es so schön ausgedrückt hat- wieder in sein Haus lassen?" Meine Stimme ist recht laut, aber ich bin momentan so wütend auf meinen Vater. Um mich zu beruhigen, schiebe ich mir ein Stück Bacon in den Mund.

Mit geweiteten Augen starrt mich meine Mutter an und beugt sich etwas nach vorne. "Hör auf sowas zu sagen. Du bist kein- du weißt schon was." Jetzt lehnt sie sich wieder etwas zurück und sieht sich um. Ein paar Leute starren uns an, aber das ist mir im Moment sowas von egal. Die Welt soll wissen dass ich meinen Vater hasse. Dass er ein Arschloch ist.

"Dein Vater ist ausgezogen." kommt sie nochmal zu Wort, während sie ihren Toast isst.
Wie mein Vater ist ausgezogen?
"Was?" Ich lege mein Besteck auf den Teller und stütze meinen Ellbogen auf den Tisch.

"Wir haben gestritten und er meinte wir bräuchten eine Auszeit. Jetzt ist er irgendwo in die Nähe der Stadt gezogen und hat mir das Haus überlassen. Keine Ahnung wie es weitergeht mit uns." Leichte Tränen steigen ihr in die Augen.

Er hat nicht nur mich, sondern auch meine Mutter verletzt. Sie liebt ihn und er verlässt sie. Arschloch.
Jetzt ist sie ganz allein in dem großen Haus und sie tut mir so leid.
Mit einer Serviette tupft sie sich ihre Tränen ab, ohne ihr Make-Up zu verschmieren.

"Das tut mir leid." flüstere ich."Aber ich kann ja wieder zurück kommen, jetzt wo Dad nicht mehr da ist."
Es hat mir gut bei Corey gefallen. Zu gut. Aber ich will seinem Vater nicht noch mehr abverlangen. Es wird Zeit für mich wieder nach Hause zu gehen.

"Du weißt nicht wie sehr mich das freuen würde!" Meine Mutter weint erneut, aber nicht vor Trauer, sondern vor Freude.
Wir essen zueende und plaudern noch ein wenig. So gegen elf Uhr breche ich auf, um meine Sachen von Corey zu holen.

RiptideWo Geschichten leben. Entdecke jetzt