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(V/N)'s Sicht
Als ich aufwache, merke ich dass ich mich im Krankenflügel des Hauptgebäudes befinde. Es ist dunkelste Nacht, ich kann nicht einmal mehr meine eigene Finger sehen. Doch da ich schon einige Male hier war weiß ich dass Hanji jedem Kranken eine Kerze auf den Nachttisch hinlegt, wenn die Person mal auf die Toilette oder so muss. Langsam taste ich meinen Weg zum kleinen Holzgestell, spüre dann die Wachsrolle und ein Streichholz. Mit einigen Anläufen zünde ich das dünne Holz an, lege es dann auf die Schnur der Kerze und blicke wie diese aufleuchtet.

Als erstes blicke ich im Raum umher. Erst jetzt merke ich dass es gar nicht Nacht ist. Hanji hat bloß die Fenster abgedeckt sodass ich ungestört schlafen kann.
Vorsichtig setze ich mich auf, spüre dass jeder einzelne Muskel meines Körpers schmerzhaft angespannt ist, lege meine nackten Füße auf das Holz und wiege langsam mein Gewicht auf diese.

Es tut gar nicht so weh. Eigentlich ist es sogar ganz in Ordnung. Ich habe nur etwas Kopfschmerzen und wie es scheint Muskelkater. Einige blauen Flecke und Blutergüsse kann ich wie es scheint auch noch hinzurechnen, doch sonst fühle ich mich nicht so schlecht. Langsam gehe ich zu den Fenstern und ziehe die schweren Vorhänge zur Seite damit ich das lieblich warme Sonnenlicht auf meiner Haut spüren kann.

Es ist so angenehm. Dass ich schon wieder hier im Krankenflügel sitze ärgert mich. Wieso ist mein Körper so gebrechlich? Oder bin ich auch geistlich zerbrechlich? Das wäre ja noch schlimmer. Aber diesen Kampf habe ich noch lange nicht aufgegeben. Und das werde ich auch so schnell nicht tuen.

Ich habe keine Lust hier zu bleiben. Ich möchte wieder zu meinen Freunden. Doch... wollen sie eigentlich mich? Immerhin bin ich ein Monster.

Dennoch sind sie meine Freunde.

Ich gehe bis zur Tür, lege meine Hand kurz zögernd auf das Messing der Klinke, drücke sie dann runter. Der Gang ist mir noch nie so lang erschienen. Als würde er kein Ende nehmen. Hin und wieder laufe ich einigen Soldaten entgegen. Alle habe diesen Blick drauf wenn sie mich erhaschen.

Als würden sie mir nicht trauen. Als würden sie nichts mit mir zu tun haben wollen.

Ich gehe immer schneller, treffe immer weitere Soldaten. Dieser Blick, er verfolgt mich. Beinahe laufe ich schon. Immer schneller, immer weitere blitzenden Augen.

Bis ich schließlich um eine Ecke sause, mich schweratmend gegen die Mauer lehnen und an ihr runterrutsche.

Ich bin ein Monster, denke ich, vergrabe meine Hände in meine Haare und lege meine Stirn auf meine Knie. Zwei, drei Tränen kann ich mir nicht verkneifen. Lange Zeit bleibe ich so, bis ich wieder meinem normalen Herzschlag lauschen kann. Es hat keinen Sinn. Ich werde einfach wieder zurückgehen.

Ganz langsam ziehe ich mich an der Wand entlang und verzerre dabei das Gesicht vor Schmerzen. Schmerzen, die jetzt viel intensiver zu sein scheinen. Sehr viel intensiver.

Keuchend und quietschend stehe ich auf, halte mich jedoch an der Mauer fest um nicht zu fallen. Langsam schlurfe ich an der Mauer entlang bis zur Krankenstation. Meine Knie sind auf einmal so zittrig.

Nach viel zu langer Zeit stehe ich endlich wieder in diesem erstickenden Raum, lasse meinen Blick kurz über den Raum streifen. Dabei fällt mir auf dass dort noch eine andere Person ist. Lag sie auch schon vorher hier? Ich kneife meine Augen zusammen, kann das Gesicht der Person dennoch nicht erkennen. Auf Zehenspitzen schleiche ich zu dieser Person, denn sie scheint zu schlafen.

"Eren...", flüstere ich lächelnd.

"(V/N)...", antwortet er. Ihm scheint es gut zu gehen. Nur ein Verband schmückt seinen Kopf. Wahrscheinlich noch wegen der Gehirnerschütterung.

"Wie geht es dir?", frage ich ihn.

"Eigentlich gut. Doch Hanji will mir nicht glauben also sitze ich hier fest.", schmollt er.

Ich lächele traurig.

"Hast du geweint?"

Eren nimmt meine Hand und schaut mein Gesicht genau an.

Unsicher wische ich mir nochmal über die Augen.

"Ja...", hauche ich.

"Warum?"

Ich möchte ihm alles sagen. Ihm vertrauen können. Und genau das werde ich jetzt tun.

"Eren, wie schaffst du es? Wie kann man darüber hinwegsehen ein Monster zu sein? Wie kann man das ignorieren?"

"Was meinst du?"

Eren hat ja noch keine Ahnung. Er weiß noch nicht von meinen Kräften.

"Ist egal. Halte mich einfach fest.", schluchze ich, lege mich auf das Bett in seinen Armen, presse mein Gesicht in seine Brust und weine.

Zögernd legt Eren seine Arme um mich und versucht mich zu beruhigen.

"Shh... shh..."

Er küsst mich auf den Scheitel.

"Man kann es nicht ignorieren. Dennoch hat man Freunde zu denen man aufblicken kann. Sie lassen einen alles vergessen. So kann man das überleben."

Ich nicke schluchzend.
Eren streicht mir ganz vorsichtig über die Haare und über den Rücken.

"Geht es dir gut?", fragt er nach einer Weile nachdem ich mich beruhigt habe.

"Ja. Irgendwie schon."

Eren lächelt.

"Lass dich nicht von ihnen unterkriegen. Halte den Kopf immer hoch, denn sonst lässt du dich brechen. Du bist besser als das. Vergiss das niemals."

Ich nicke. Eren schafft es jedes Mal mich zu trösten. Mich wieder glücklich zu machen. Bei ihm fühle ich mich einfach gut aufgenommen und geborgen. Ein schönes Gefühl.

Und doch weiß ich dass mir meine seltsamen Titanenkräfte noch viel abverlangen werden. Denn nicht jeder wird einfachso darüber hinwegsehen.

Ich hoffe nur dass ich all das was noch kommen wird aushalten kann.

Coming Home // Levi x Reader x ErenWhere stories live. Discover now