Coming Home // Levi x Reader x Eren

• 51 •

"Kann ich mit dir reden?"

Ich nicke.

Langsam schlurft er mit gesenktem Blick zu mir.
Ich bin im Moment so aufgewühlt und habe soviel geweint dass meine Augen geschwollen und rot sind. Meine Nasenspitze ist auch rot und mein Blick scheint dem einer Leiche ähnlich. Vorsichtig setze ich mich auf während Levi sich auf das Bett setzt.

Eine unendlich lange Schweigeminute vergeht in der wir beide keinen Ton von uns geben.

"Levi... ich...", versuche ich anzufangen.

"Eren hat mit mir gesprochen. Er hat es mir erklärt. Es ist alles in Ordnung.", sagt er schließlich schwach.

Ungläubig starre ich mit heruntergeklappten Kinnlade auf ihn.

"Eren... hat mit dir gesprochen...?", wiederhole ich verwirrt.

Endlich richtet Levi wieder seinen Blick auf mich.

"Du hast geweint...", sagt er schwach.

"Aber natürlich habe ich geweint, Levi. Ich hatte Angst dass ich dich nun für alle Zeit verloren hätte.", schniefe ich.

"Hmm...", murmelt er traurig.

"Verzeihst du mir, Levi? Es ist das Einzige was ich will..."

Wieder diese angespannte Minute.

"Ich liebe dich... Ich brauche dich...", füge ich schwach hinzu.

Levis Haare fallen ihm ins Gesicht während er einen Punkt vor sich auf den Fußboden fixiert. Langsam wehen die Haare unter seinem Atem hin und her.

"Bitte...", hauche ich tränenerfüllt.

"Ich... ich denke dass wir eine kurze Pause einlegen sollten. Es scheint so als ob da irgendetwas zwischen Eren und dir läuft. Immerhin liebt er dich. Ich muss mir sicher sein dass ich da nicht in irgendeinem blöden Spiel hineingezogen werde.
Bevor wir wieder zusammensein können muss ich mir sicher sein dass ich der Einzige in deinem Leben bin. Bitte verstehe das... Aber ich will nicht ständig Angst haben mein Herz gebrochen zu bekommen.

Versteh mich nicht falsch. Ich liebe dich mehr als alles andere auf der Welt. Du bist das Wichtigste, selbst alle Leben würde ich wenn ich die Wahl hätte unter deinem Glück stellen.
Aber ich denke dass du diese Zeit benötigst, um herauszufinden, was du wirklich für uns beide empfindest. Ich werde immer für dich da sein. Immer. Immerhin bin ich dein 'großer Bruder', und das werde ich auch immer bleiben, versprochen. Aber wenn es nur das ist, dann sage es mir bitte.

Ich will nur dass du glücklich bist."

"Aber... Levi..."

Dann steht er einfach auf. Ohne ein weiteres Wort zu sagen. Er geht zur Tür, legt seine Hand auf das Messing der Klinke, zögert dann kurz. Doch bevor er noch etwas sagen kann drückt er diese runter und lässt mich allein.

Er lässt mich allein.

Zeitsprung

Nie in meinem Leben hätte ich gedacht dass man so allein sein kann. Obwohl ich Jahre lang ohne eine weitere Menschensseele verbracht habe und jetzt von rennenden und gut gelaunten Soldaten förmlich umzingelt bin fühle ich mich verlassener denn je.

Und nun sitze ich wieder hier. Allein, unter dem Baum, und denke nach. Denken kann man das nicht nennen. Es sind einfach wiederholte Versuche nicht zu weinen.

Eren möchte Levi und mir nicht dazwischen funken, weshalb er mir aus dem Weg geht.

Levi möchte eine Entscheidung, weshalb er mir aus dem Weg geht.

Und obwohl sie mit ihren Entscheidungen nur das Beste für mich wollen haben sie beide mich in ein tiefes, schwarzes Loch geworfen und jegliche Möglichkeit daraus zu klettern gesperrt.

Beide haben mich verlassen.

Vielleicht, denke ich, wäre es besser gewesen wenn ich damals einfach gestorben wäre. Verschwunden und nie wieder zurück. Es scheint jetzt irgendwie wie ein schöner Abschluss.

Ein dramatisches Ende, doch die Liebe hätte mich in Erinnerung gehalten.

Jetzt weiß ich nicht einmal mehr ob es das noch gibt. Liebe. Wie aus einer Märchengeschichte für Kinder.

Levi möchte eine Entscheidung. Warum kann er nicht begreifen dass ich das nicht kann? Entscheide ich mich für ihn, dann wird Eren wahrscheinlich komplett aus meinem Leben weichen, da er Angst hat wieder außer Kontrolle zu raten.

Wenn ich mich für Eren entscheide, dann wird es Levi brechen. Am Liebsten würde ich mich gar nicht entscheiden wollen.

Beide fallen zu lassen scheint mir dann aber auch nicht richtig.

Ich kann mich aber auch nicht für beide entscheiden.

"Hey, alles in Ordnung?"

Erschrocken drehe ich mich um, erkenne dann dass Jean dort steht.

"Ich habe mitbekommen was passiert ist und habe mir Sorgen um dich gemacht."

Traurig lächelnd zeige ich neben mich sodass er sich setzen kann.

Jean lehnt sich gegen den Stamm, seufzt dann.

"Was hast du denn mitbekommen?", frage ich schniefend.

"Naja...
Ich habe mitbekommen dass Eren dich geküsst hat, dass der Corporal euch erwischt hat. Eren hat dem Corporal alles erzählt. Man, ich habe noch nie gesehen wie so ein kleiner Kerl einen so langen Kerl verdroschen kann. Hat ihn richtig in den Schwitzkasten genommen. Naja, ist dann aber noch gut weggekommen. Der Corporal hat ihm allerdings 'ne Rippe gebrochen. Dann ist er einfach verschwunden. Und als er wiederkam hat er geheult erzählen sich einige. Ist aber nur so ein Gerücht.

Es muss schwer für dich sein. Der Kleine hat dich wahrscheinlich vor die Wahl gestellt. Würde ich ihm zutrauen..."

"Levi hat Eren verprügelt?"

"Aber sowas von! Man hatte fast Angst um sein Leben. Der Corporal war wie ein wildes Tier..."

Ich lächele schwach.

"Du hast den Nagel auf den Kopf getroffen, Jean. Ich muss mich entscheiden."

Jean klopft mir auf den Rücken.

"Das klappt schon. Die Beiden sind halt etwas... naja... sagen wir mal so: von der speziellen Sorte. Gib ihnen etwas Zeit dann haben sie sich schon wieder beruhigt. Mach dich jetzt nicht damit kaputt."

Ich lächele ein weiteres Mal.

"Danke Jean. Das bedeutet mir viel..."

Er lächelt auch.

"Na siehst du. Es wird alles gut. Und jetzt steh auf. Abendessen und so."

Ich winke ab.

"Lass mich noch ein Weilchen hier. Ich muss noch etwas Überlegen..."

"Na gut. Aber bleib nicht zu lang hier draußen.
Ich bring dir später eine Decke raus. Bis gleich."

"Bis gleich.", antworte ich, schaue Jean dann hinterher wie er verschwindet.

Irgendwie hat es Jean geschafft meine innere Klarheit wieder zu finden.

Denn als er ging habe ich meine Entscheidung getroffen.