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(V/N)'s Sicht
In diesem Moment brach für mich eine Welt zusammen. Ich kann nicht mehr leugnen dass ich für Eren Gefühle entwickelt habe, und trotzdem weiß ich noch nicht genau was für welche.

Aber dass Levi gesehen hat wie Eren mich küsst ist unverzeihlich. Ich war nicht darauf vorbereitet gewesen, ich bin noch nicht soweit. Und nun konnte Eren seine Gefühle für einen Augenblick nicht bändigen, was zu einer Katastrophe führen kann. Aber wieso habe ich mich nicht gewehrt? Wieso habe ich zugelassen dass so etwas passiert?

Ich bin durch und durch durcheinander. Doch als ich in Levis weit aufgerissene Augen blicke, da spüre ich seinen Schmerz, Entäuschung, Trauer, Wut. Ich spüre dass er bis zum tiefsten Punkt seines Herzens verletzt ist und ich spüre seine Verwundbarkeit.

Niemals wollte ich es so weit kommen lassen. Ich habe mir geschworen niemanden zu verletzen, egal ob physisch oder psychisch.

Schlussendlich habe ich die wichtigste Person verletzt, die ich in meinem Leben habe. Die Person, die mir seit ich da bin immer nur Sachen geschenkt hat, ohne auch nur irgendetwas im Gegenzug zu erwarten. Er hat so viel für mich geopfert und so viel für mich eingesteckt, und nun habe ich ihm ein Messer in den Rücken gejagt.

"L-le-evi-i...", sage ich zittrig, "Es i-ist ni-icht so-o wie e-es au-aussieht."

"Wie konntest du nur?", flüstert er verletzt.

"H-heichou. Bitte verzeihen Sie. Es ist meine Schuld. Ich habe sie geküsst.", gibt Eren kleinlaut von sich. Ich bin dankbar dass er es so offen zugibt. Doch nun habe ich Angst. Denn wenn Levi sich bis einmal nicht unter Kontrolle hat, dann ist alles vorbei.

Tränen beginnen mir die Wangen runterzulaufen. Tränen der Verzweiflung und des Schmerzes.

Mit weit aufgerissenen Augen starre ich Levi entgegen. Sein Blick ist gesunken, sodass ich nicht erkennen kann was in ihm vorgeht. Er wird nun auf Eren losgehen, da bin ich mir sicher.

Doch es kommt noch schlimmer.

Levi schweigt. Er bewegt sich nicht. Er scheint nicht mal mehr zu atmen. Man könnte nun eine weiche Feder in dem Raum fallen hören, so gespenstisch und angespannt ist der Moment. Die Atmosphäre scheint messerscharf zu sein, sodass man Angst bekommt sich an diese zu schneiden.

"Nein...", flüstert Levi, dreht sich um und verschwindet langsam aus der Tür. In diesem Moment kann ich wirklich meinem zersprungenen Herzen zuhören. Das Klirren das meine Brust schmerzen lässt.

Immer mehr Tränen fließen meine Wangen runter.

"Levi... komm zurück...", quietsche ich leise. Doch sein Schatten erscheint nicht mehr.

"Levi...", krächze ich ein weiteres Mal.

Wieder keine Reaktion.

Am Boden zerstört springe ich vom Bett auf und laufe auf den Gang. Doch dort ist niemand mehr zu sehen. Als existiere hier keine einzige weitere Seele.

Langsam gehe ich den Gang runter. Meine Schritte beschleunigen sich immer weiter, bis ich schließlich renne. Dabei schießt mir immer wieder Levis Gesicht in den Kopf.

Levi... Levi..., denke ich ständig.

Ich rase mit all meinen Kräften um eine Ecke, knalle aber volle Kanne gegen jemanden. Erschrocken schaue ich hoch und blicke in Gunthers Augen.

"Hey, (V/N). Was ist los?"

Meine Knie sind so schwach dass ich einfach zu Boden sinke, meine Hände auf meine Augen gedrückt die nun unaufhörlich diese salzige Flüßigkeit rauströmen lassen.

Ganz außer Puste sinke ich mit meiner Stirn auf Gunthers Schuhe und schluchze erbarmungslos.

"Levi... Levi...", sage ich immer wieder.

Gunther kniet sich vor mich hin und legt seine Hand auf meinen Rücken.

"Beruhige dich, (V/N). Du bist wahrscheinlich noch etwas aufgeregt von all den Medikamenten die dir Hanji gegeben hat. Komm. Ich bring dich wieder zur Krankenstation."

Sanft hilft mir Gunther hoch und stützt mich vorsichtig zurück in den Saal. Doch Beruhigen werde ich mich so schnell noch nicht.

Ich will zu ihm. Mein Geist sowie mein Herz scheinen zu ihm rennen zu wollen, sich zu entschuldigen, sich in seine Arme zu schmeißen auch wenn er mir nicht verzeihen wird.

Doch dieses Mal scheint es nicht mein Verstand zu sein der mich von meinen undurchdachten Handlungen bremsen will, sondern mein Körper. Egal wie viel Kraft ich aufbringe, ich schaffe es nicht mehr mich aufzurappeln, zu gehen oder sogar zu kriechen. Es geht nicht. Als würde ich tief im Innern wissen dass es sowieso keinen Sinn mehr hat.

All diese Frust und diesen Schmerz lassen mich mein Kissen greifen, den ich dann mit all meiner restlichen Kraft gegen mein Gesicht drücke und schreie. Warum tut es so weh? Wieso muss ich es immer sein? Diejenige, von der die ganze Welt nur nimmt. Es scheint so zu sein als würde mir seit meiner Geburt nur alles weggenommen werden.

Meine Mutter, mein Vater, meine Freiheit, mein Glück, meine Familie, meine Freunde, mein Leben, meine Liebe, meine Seele, meine Menschlichkeit, mein Freiraum, und nun auch mein Levi.

Alles Ordinäre scheint gewichen zu sein. Dabei will ich doch jeden Morgen nur in einem Haus am See aufwachen, die Sonne die mich kitzelnd aufweckt, die Liebe meines Lebens die ich lachend und küssend aufwecke während wir uns auf den Tag vorbereiten um am Abend gemeinsam im Arm zu liegen und dem Zirpen der Grillen zu lauschen.

Aber die Realität scheint kalt und düster, das Schicksal scheint nur eine trostlose, unechte Geschichte zu sein die uns allen vormacht dass irgendo auf der Welt mehr ist.

Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie so sehr geweint. Es scheint als ob mein Körper vor Traurigkeit zu zittern und zu beben scheint. Ich schaffe es nicht einmal mehr mit meinen Lippen die vier Buchstaben zu bilden, das Wort zu flüstern, den Namen zu rufen, der mich gleichermaßen aufmuntert und zu Boden schlägt.
Levi.

Sicherlich habe ich die ganze Nacht durchgeweint. Denn mit den ersten Sonnenstrahlen scheinen meine Tränen ganz langsam zu trocknen. Nicht weil ich mich beruhigt habe. Ich habe einfach keine Kraft mehr zu weinen. Ruhig versuche ich die Scherben meines Herzens wieder aufzukehren und sie zusammenzukleistern, doch es tut im Moment noch zu weh. Als hätte ich Angst mich an diesen Kristallen ein weiteres Mal zu schneiden.

Kraftlos starre ich vor mich auf das Gestell des Bettes in dem ich liege.

Hinten sehe ich plötzlich wie eine Tür aufgeht, versuche meine von Tränen dicken Augen auf das Gesicht der Person zu fokussieren.

"(V/N)...", haucht Levi.

Coming Home // Levi x Reader x ErenWhere stories live. Discover now