♕ 8 • Der Tod naht ♛

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Taehyung

Mit jeder Sekunde länger in der freien Sonne wird mir schlechter, aber ich bleibe dennoch an Ort und stelle stehen während die Bediensteten die letzten Kisten mit meinen Sachen verstauen.

Man hat sich den wohl schlechtesten Tag für meine Abreise ausgesucht, die Sonne scheint heute besonders hell, die Temperaturen waren im ganzen Jahr noch nicht so hoch. Es ist, als würde selbst sie mich verspotten, weil sie weiß was auf mich zukommen wird. 

Heute Morgen wurde ich früh geweckt, wenn man das überhaupt so sagen kann, geschlafen habe ich nämlich kaum. Ständig spukte mir der Gedanke über die heutige Abreise im Kopf herum. Immer wieder schossen Bilder vom Süden hoch, so wie ich ihn mir vorstelle, nach all den Erzählungen von den verschiedensten Leuten und egal wie sehr ich versucht habe mir selber Mut zuzureden, es hat einfach nicht geklappt. Es ist, als würde man jemandem versuchen die Hölle gut zu reden. 

Mir wurden die Haare frisiert, von dem Bediensteten, der wohl am meisten Angst vor mir hat. Ich kenne seinen Namen nicht, jedes mal wenn ich ihn danach gefragt habe und er mir antwortete, zitterte seine Stimme so sehr, dass ich lediglich die ersten beiden Buchstaben verstanden habe, nämlich Al. Es hat eine ganze Weile gebraucht bis er mit meiner Frisur fertig war, kein Wunder, denn die ersten Stunden hat er die Strähnen meines Haares angefasst als wären sie aus Feuer und er würde sich daran verbrennen. 

Für das Ankleiden wurde mir dann jemand anderes zur Seite gestellt, jemand der seine Furcht mir gegenüber nicht so offensichtlich zeigt. Seine Hände zitterten nicht, er sprach zwar nicht mit mir, aber er erledigte seine Arbeit gut. Das einzige, was mich wissen ließ wie sehr er mich doch fürchtete, waren seine Augen, deren Blick nur ein einziges mal auf meinen traf und den er daraufhin auch sofort wieder senkte. 

Menschen sind faszinierende Wesen, sie fürchten sich vor den kleinsten Dingen, die ihnen gefährlich werden könnten ohne die Möglichkeit in Erwägung zu ziehen, dass von ihnen vielleicht überhaupt keine Gefahr auszugehen droht. Noch komischer allerdings ist die Tatsache, dass man mich so zurecht macht, obwohl mir jetzt eine Wochenlange Reise bevorsteht. Wenn ich Skravis erreiche, wird von dieser Frisur überhaupt nichts mehr zu sehen sein und die Kleidung werde ich bereits wieder gewechselt haben. 

Letztendlich bringt es allerdings nichts sich deswegen Gedanken zu machen, das was ich denke und das was ich will spielt in dieser Welt sowieso keine Rolle. Meiner Existenz als verlorenes Kind habe ich nicht nur die Ausgrenzung in meinem eigenen Land zu verdanken, sondern jetzt auch die Abschiebung in ein anderes, mir verfeindetes. 

Ich schaue noch ein letztes mal zu dem Fenster im Ostflügel, das zu dem Gemach meines Vaters gehört. In den vielen Minuten, die ich hier bereits in der freien Sonne stehe, habe ich immer wieder einen Blick dorthin geworfen um zu sehen, ob er doch vielleicht noch auftauchen würde. Meine Wut ist nach wie vor da und mit ihr auch die Enttäuschung, aber ich habe trotzdem gehofft das er kommen würde um mich noch einmal zu sehen, bevor ich Abreise. Ich hatte gehofft mich von ihm verabschieden zu dürfen, aber er scheint es wohl nicht für wichtig erachtet zu haben. 

Vielleicht glaubt er, im Gegensatz zu mir, dass dieses Bündnis tatsächlich von Ernsthaftigkeit ist und es sich nicht um irgendeine Falle handelt. Vielleicht glaubt er tatsächlich, dass heute nicht der letzte Tag ist an dem wir uns sehen, aber selbst dann, selbst wenn es nur ein Abschied für einige wenige Tage und nicht für ganze Monate, vielleicht sogar für immer, wäre, so hätte ein kleines winken oder eine kleine Umarmung gereicht um mir Mut zu schenken. Aber dazu kommt es wohl nicht mehr. 

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