♕55 • Steinerner Weg ♛

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Taehyung

Verwirrt sehe ich, wie Joohyun sich aus dem Griff meines Bruders befreit und die Tanzfläche verlässt. Er sieht ihr eine Weile hinterher, mit einer Mischung aus Verwirrung und Faszination, einen Ausdruck, den ich bei meinem Bruder noch nie gesehen habe. Er fasst sich allerdings schnell, senkt kurz den Kopf und sieht mich direkt an, als er ihn wieder hebt.

Er hat die Hände hinter seinem Rücken verschränkt, während er auf mich zu kommt. Mit jedem Schritt wird sein Duft intensiver, der teure Moschus, den er sich immer aus Curnasir nach Illiora liefern lässt. Ich fange an die Schweißperlen auf seiner Stirn und der Nase zu erkennen. Aus irgendeinem Grund ist es nicht die Angst, die mich in dem Moment packt, als er sich neben mich stellt, sondern pure Gleichgültigkeit.

Ich bemerke so viel bekanntes an ihm, so vieles was mich an Illiora erinnert. Für einen kurzen Moment vergesse ich, dass das Sungjae ist und verliere mich erneut in Erinnerungen. In Düften, Geräuschen und Abläufen die mir bekannt sind, ohne Überraschungen und Erinnerungen in denen ich nicht in Intrigen und Verrat verwickelt war.

"Eine faszinierende Frau, die dir aufgezwungen wurde", sagt er und sieht in die Richtung in die sie verschwunden ist.

"Sie wurde mir nicht aufgezwungen. Trotz allem hatte ich die Wahl und ich habe sie gewählt." Ich starre gerade aus, ignoriere den Blick, mit dem er mich ansieht, als wäre ich ein Idiot. Aber es stimmt, ich konnte wählen zwischen der Freiheit mit Jungkook oder dem Frieden mit Joohyun und ich habe mich entschieden.

Sungjae wischt sich den Schweiß aus dem Gesicht und schnalzt mit der Zunge. "Du bist doch wirklich ein Idiot. Vater wusste, dass du den Frieden über alles stellst, selbst über dich selbst. Er hat dich manipuliert, von Anfang an."

„Was willst du von mir?", frage ich und drehe mich zu ihm. „Redest du von den Armreifen, durch die Vater mich opfern wollte um den Kronprinzen zu töten?"

Sungjae sieht mich einen Moment verwirrt an. Er runzelt die Stirn und mustert mich, als könnte er darin nach der Antwort auf die Frage finden, die ihm ins Gesicht geschrieben steht. „Was? Dachtest du, du könntest kommen und mich mit Dingen quälen, die ich bereits weiß?" Ich schüttle den Kopf und sehe ihn weiterhin ohne jegliche Regung im Gesicht an. „Ich weiß von Vaters Verrat, also worauf wartest du? Warum erzählst du es nicht dem König und beginnst von neuem einen Krieg?"

Er schmunzelt und öffnet den Mund um etwas zu sagen, aber ich drehe mich einfach um und bahne mir einen Weg zwischen den Leuten vorbei zur Terrasse. Mir wird plötzlich schwindelig, meine Beine zittern und meine Hände kribbeln. Meine Sicht verschwimmt vor mir und ich kralle mich an das Geländer in der Ecke, als ich sie endlich erreiche.

Erleichtert atme ich die frische Luft ein und schließe für einen Moment die Augen. Ich lehne mich mit dem Rücken an das Geländer und stütze mich mit beiden Händen ab während ich dem sanften Wind der Nacht lausche. Plötzlich wird es vollkommen ruhig um mich, mein Gesicht entspannt sich und mein ganzer Körper ebenso. Das zittern verschwindet und auch das kribbeln in meinen Händen ist nicht länger hektisch, sondern zart und angenehm.

Ich versinke vollkommen in dem hier, blende die Musik aus dem inneren des Raumes aus und vergesse, wie schlecht es mir eben noch ging. Vor meinem inneren Auge sehe ich, wie sich ein Bild aus den wirren Farben bildet, die ich sehe. Zuerst sind es nur grüne Farbe, die sich zu einer Wiese bilden, bis vor mir unter meinen Füßen ein Weg aus Stein erscheint, der scheinbar ins endlose führt.

Vor mir ist nichts, überall Steine, Wiese und Bäume links und rechts die den Weg weisen. Ich drehe mich um, aber da ist nur dasselbe, nichts weiter in Sicht, ein Weg, der auf den ersten Blick nirgendwo hin führt. Ich mache einen Schritt nach vorne, spüre wie leicht meine Schritte sich anfühlen, als könnte ich fliegen. Vielleicht liegt es daran, dass das hier Einbildung ist, vielleicht dem Alkohol geschuldet und obwohl ich weiß, dass ich nicht wirklich hier bin, gehe ich weiter gerade aus.

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