♕66 • Des Monsters Seele ♛

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Taehyung

Schützend hebe ich eine Hand vor das Gesicht um die Äste abzuwehren während ich mich mit der anderen Hand an den Zügeln ziehe um das Pferd zum stehen zu bringen, aber es gehorcht nicht. Von der Angst gepackt läuft es immer tiefer in den Wald ohne darauf zu achten wohin.

"Bleib stehen!", schreie ich, als könnte es meine Worte verstehen, aber es gehorcht auch weiterhin nicht. Ich spüre wie mit jedem Meter, den wir Jungkook hinter uns lassen, die Angst wächst. Ich sah die Male auf ihren Armen, einige von ihnen hatten sie, einige nicht, aber es scheint sich bei denen mit den Malen um Hexen zu handeln. Dunkle Hexen.

Sie wussten, dass er der Kronprinz ist, der Sohn eines Mannes, der dafür gesorgt hat, dass diese Hexen ihr Leben auf der Flucht verbringen müssen. Als die Götter die Menschen schufen und der große Krieg vor dem Nichts begann, wurden auch viele von uns getötet. Marsex schwor den Menschen, dass sie für jeden tropfen Blut, das sie von seinem Volk vergossen, mit einem Meer von ihrem bezahlen würden. Er war überzeugt davon, dass der einzige Preis den man für Blut zahlen kann, nur Blut sein kann.

Blut für mein Blut.

Ich weiß noch, wie sehr mich diese Worte im Vydischen faszinierten. Ilkvid hatte viele Könige vor Marsex. Einige von ihnen wurden zu großen Persönlichkeiten, zu Helden, zu legenden und einige andere verloren ihren Verstand an den Thron und blieben der Nachwelt für ihre Grausamkeiten in Erinnerung, oder wurden vergessen. Immer wieder habe ich mich gefragt, was die, die wahre Größe gezeigt haben von denen unterschieden hat, die sich dem Wahnsinn hin gaben.

Gerechtigkeit ist ein Begriff ohne klare Bedeutung. Wenn jemand getötet wird, sollte die Gerechtigkeit dann im Gegenzug nicht auch den Tod fordern? Diesen Gedanken muss Marsex gehabt haben, als er die Worte sprach, die niemals vergessen werden sollten. Aber Jungkook ist nicht der, der diesen Preis zahlen sollte.

Ich beiße die Zähne zusammen und lehne mich nach hinten um mein ganzes Gewicht zu nutzen als ich erneut an den Zügeln ziehe. Genau wie zuvor hat es keine andere Wahl als sich von mir mit reißen zu lassen, aber es versucht mich nur von seinem Rücken zu werfen, statt umzukehren, wie ich es eigentlich möchte.

"Hör auf!", schreie ich und versuche es wieder zu beruhigen, aber es stellt sich immer wieder auf die hinteren Hufen und versucht mich abzuschütteln. Ich kralle mich an der Mähne fest und kneife die Augen zusammen um das kribbeln in meinen Händen zu unterdrücken als ich ein scharfes Geräusch höre, kurz bevor das Pferd auf schnaubt und zur Seite fällt.

Ich reiße die Augen auf, versuche erfolglos irgendwo Halt zu finden, aber ich sehe nur den Speer, der durch seine Mitte ragt, bevor ich mit dem Kopf auf dem Boden aufpralle. Sofort schließe ich wieder die Augen und ziehe scharf die Luft ein als ein stechender Schmerz durch meinen Kopf schießt.

Klitzekleine Punkte in den verschiedensten Farben tanzen in der Dunkelheit umher, mein Körper weigert sich, sich zu bewegen. Ich spüre den Wind auf meiner Haut und für einen kurzen Moment erwarte ich, mich auf dem Pfad wieder zu finden. Ich bleibe liegen, warte darauf, dass der Schmerz verschwindet und der Junge vor mir auftaucht, aber es geschieht nichts.

Sofort reiße ich die Augen auf als mein Verstand wieder einsetzt. Ich ziehe scharf die Luft ein und setze mich viel zu schnell auf. Erneut fangen die bunten Punkte an vor meinen Augen zu tanzen und noch ehe ich den Blick heben kann, spüre und sehe ich die scharfe Klinge eines Schwertes vor meinem Gesicht in der Luft herum schweben.

Langsam lasse ich meinen Blick nach oben gleiten, über die lange und offensichtlich erst vor kurzem geschärfte Klinge, hinauf zu der Hand, die das Schwert sicher und ohne das kleinste zittern führt, bis zu dem Gesicht mit den kalten, vollkommen ausdruckslosen Augen.

Begin |Vkook|Where stories live. Discover now