♕36 • Flügelschlag♛

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Taehyung

Ich spüre wie sich Baekhyuns ganzer Körper versteift und sein Griff um meine Hand fester wird als die Tür aufgerissen wird. Es tut nicht weh, ich glaube das er mir nicht einmal ausversehen weh tun könnte, aber ich spüre die Vorsicht, die ihn plötzlich beherrscht und das Misstrauen gegenüber jedem in meiner Nähe, selbst den Wachen, die vor meiner Tür stehen. Er bleibt vor mir in der Hocke sitzen, rührt sich kein Stück, hat nicht einmal die Hand an den Knauf seines Schwertes geführt, aber ich habe gesehen was er kann. Wenn er wollte könnte er einem Mann in weniger als einer Sekunde die Kehle durch schneiden.

Wir beide sehen Jungkook, der aufgewühlt ins Zimmer gestolpert kommt, verwirrt an. Seine Haare kleben an dem Schweiß in seinem Gesicht, seine Augen sind rot und sie glänzen als würden die Tränen nur auf den Befehl warten sie verlassen zu dürfen. Seine Brust hebt und senkt sich deutlich, es scheint als würde er nicht genug Luft bekommen um seine Lungen zu füllen, aber in dem Moment, als sein Blick auf meinen trifft, scheint das alles nur noch wie eine Nebensache. Viel zu deutlich sieht man ihm die Erleichterung an wo eben noch pure Verzweiflung inne wohnte.

Baekhyun wendet den Blick nicht vom Prinzen ab, er beobachtet jede noch so kleine Bewegung und er macht sich nicht einmal die Mühe aufzustehen und sich vor ihm zu verbeugen, stattdessen sieht er ihn nur an, mit einem Blick, den nicht einmal ich richtig deuten kann, aber Jungkook scheint den Verstoß gegen das Protokoll entweder nicht zu bemerken oder ihn gekonnt zu ignorieren.

"Taehyung...", haucht Jungkook meinen Namen als könnte er nicht wirklich fassen das ich hier vor ihm sitze. Er macht einen großen Schritt auf mich zu bevor er abrupt stehen bleibt und Baekhyun ansieht, der keine Anstalten macht sich zu rühren. Er sitzt da, meine Hand nach wie vor in seiner und der Blick bedrohlich, wie eine Löwenmutter, die ihr Kind beschützt und wenn diese Situatuion gerade nicht so Ernst wäre, würde ich lachen, aber Baekhyun scheint sich nicht dem Verbrechen bewusst zu sein, das er hier begeht. Er ist ein Skravischer Soldat, der sich seinem Land, seinem König und damit auch dessen Kindern verpflichtet hat. Die Tatsache, dass er mir die Treue geschworen hat ist ein Geheimnis, das wir hüten müssen, aber was nicht lange ein Geheimnis bleiben wird wenn er sich so benimmt.

Ich umschließe sein Handgelenk mit meiner Hand und schiebe es sanft beiseite um seine Aufmerksamkeit auf mich zu lenken. "Du kannst ruhig gehen, Baekhyun", sage ich und nicke ihm überzeugt zu. Ich bin mir sicher, dass sogar Jungkook ihm ansieht wie ungern er es tut, denn er sieht mich nur zweifelnd an, die Augenbrauen hoch gezogen und die Ohren fast schon sichtbar gespitzt. Er erinnert mich ein bisschen an den Hund, den Sungjae als Kind zum Geburtstag geschenkt bekommen und der Treu bis zu seinem Tod vor etwas mehr als einem Jahr an seiner Seite gelebt hat.

Die Erinnerungen an diesen Tag sind noch genau so frisch wie die an den gestrigen. Ich erinnere mich noch daran, wie sehr Sungjae sich gefreut und wie sehr das Gesicht meiner Mutter sich bei diesem Anblick erhellt hat, aber noch viel mehr erinnere mich an das stechen in der Brust bei dem Anblick von Sungjae mit dem Hund, nicht etwa, weil ich auch ein Haustier wollte, es war schlicht und ergreifend die Tatsache, dass er jemanden hatte, auf den er sich verlassen konnte, jemanden, der Loyaler ihm gegenüber war als sonst ein anderer und der ihn sogar mit seinem eigenen Leben beschützte.

Es war, weil ich auch so jemanden in meinem Leben wollte, einen Freund, der mir mehr bedeutet als meine eigenes Leben und für den ich sogar einen Krieg anfangen würde.

Baekhyun ist zwar kein Freund, für ihn bin ich sogar so etwas ähnliches wie für den König, eine Waffe, die für den Widerstand kämpfen soll um das zu vollenden, was sein Bruder angefangen hat. Aber alleine zu sehen, wie er Jungkook betrachtet, seinen zukünftigen König, als wäre er eine Bedrohung, lässt mich fast auflachen. Ich kann nicht verstehen, warum er ausgerechnet mich beschützt und das, was er in der Stadt für mich getan hat war bereits mehr als ich jemals von einem Menschen erwartet habe, aber das er selbst hier Vorsichtig ist überrascht selbst mich.

Begin |Vkook|Where stories live. Discover now